[vc_row el_class=”css_individuell_posts”][vc_column css=”.vc_custom_1453901736908{padding-right: 5% !important;padding-left: 5% !important;}”][vc_column_text]SFTCelle: Der wichtige Unterschied zwischen gemeinnützigkeitsrechtlichen und bilanziellen Rücklagen

 

Gemeinnützige Körperschaften müssen grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden, dürfen also die Mittel nicht anhäufen, um sie später zu verwenden. Eine Rücklagenbildung ist also – bis auf die gesetzlich definierten Ausnahmen – nicht erlaubt. Es gebe jedoch einen fulminanten Unterschied zwischen gemeinnützigkeitsrechtlichen und bilanziellen Rücklagen, der in der Praxis häufig unbekannt ist, betonte Steuerberater Dr. Martin Strahl von der Kölner Societät ckss in seinem Fachvortrag bei der SFT „Steuerfachtagung und Zukunftskongress Celle 2019“ mit insgesamt 400 Teilnehmern. Gemeinnützigkeitsrechtliche Rücklagen haben zunächst nichts zu tun mit Rücklagen im handelsrechtlich-bilanziellen Sinne (§ 272 Handelsgesetzbuch), wie die Gewinn- oder Kapitalrücklage. Gemeinnützigkeitsrechtliche Rücklagen müssen folglich auch nicht in der Bilanz ausgewiesen werden. Es genüge völlig, wenn sie beispielsweise in einer gewöhnlichen Excel-Tabelle nachgehalten werden. Dazu stehe es auch nicht im Widerspruch, dass kraft vieler in der Praxis verwendeten Statuten der gemeinnützigen Körperschaft die Bildung von Rücklagen verboten sei. Denn hier sind nach Strahl regelmäßig bilanzielle Rücklagen gemeint, nicht hingegen die gemeinnützigkeitsrechtlichen Rücklagen. Deren einziger Zweck ist es, Mittel aus dem zeitnahen Mittelverwendungsgebot heraus zu definieren.

Die Ausnahmen, nach denen Rücklagen und Vermögensbildung erlaubt sind, regelt § 62 Abgabenordnung abschließend. Wesentlich ist, so Strahl, dass gemeinnützige Körperschaften ihre Mittel ganz oder teilweise den dort genannten Rücklagen zuführen können. Allerdings habe jede einzelne Rücklage bestimmte Voraussetzungen. So dürfen die Mittel beispielsweise nach § 62 Absatz 1 Nr. 1 Abgabenordnung einer Rücklage zugeführt werden, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig zu erfüllen (Projektmittel- und Betriebsmittelrücklage). Das heißt, die Körperschaft kann Mittel in unbeschränkter Höhe in die Rücklage einstellen, soweit nachweisbar ist, dass die Mittel in dieser Höhe erforderlich für die Zweckverfolgung sind. Hauptanwendungsfälle sind etwa das Ansparen von Mittel zur Errichtung eines Gebäudes oder zur Anschaffung wesentlicher Wirtschaftsgüter.

Nicht zulässig dagegen ist die Verfolgung vermögensbildender Maßnahmen wie der Aufbau eines Kapitals zur Erzielung von Vermögenserträgen. Die Rücklagenbildung ist auf konkrete Vorhaben beschränkt, deren Durchführung bereits absehbar ist. Den Organen der Körperschaft müsse aber eine angemessene Überlegungsfrist eingeräumt werden, innerhalb der sie entscheiden, ob ein größeres Vorhaben in Angriff genommen werden soll oder nicht. Bereits in dieser Zeit solle (vorsorglich) mit der Bildung der Rücklage begonnen werden dürfen. Strahl rät hier, den Entscheidungsprozess zu dokumentieren. Das gelte vor allem für langfristige Mittelansammlungen, da die Finanzverwaltung verlange, dass die Durchführung des Vorhabens glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der Körperschaft in einem angemessenen Zeitraum möglich sein müsse.

Die gemeinnützige Körperschaft darf auch Mittel in eine Rücklage für Wiederbeschaffung einstellen. Den „Joker“ unter den Rücklagen stellt nach Strahl jedoch die so genannte freie Rücklage dar, da sie unabhängig von einer beabsichtigten konkreten Verwendung gebildet werden kann. Im Gegenzug für diese Freiheit in der Verwendung ist diese aber im Hinblick auf die jährlich zur Rücklagenbildung verwendbaren zeitnah zu verwendenden Mittel beschränkt. So dürfen pro Jahr höchstens ein Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens zehn Prozent der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel zur Bildung der Rücklage verwendet werden. Beachtenswert ist, dass die Möglichkeit eines Rücktrags in vergangene Jahre besteht, soweit in diesen der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage nicht vollständig ausgeschöpft wurde. Jedoch ist dieser Rücktrag nur in den zwei folgenden Jahren (ausgehend von dem Jahr der Nichtausschöpfung des Höchstbetrags) möglich. In der absoluten Höhe ist die freie Rücklage jedoch nicht begrenzt. Das heißt, der jährliche Höchstbetrag kann unendlich ausgeschöpft werden, ohne dass die gemeinnützige Körperschaft deren Bildung rechtfertigen oder nachweisen müsste, was sie mit den in die Rücklage eingestellten Mitteln zu tun beabsichtigt.

 

 

Stand: 9.10.2019