BFH bestätigt steuerliche Deckelung auf handelsrechtlichen Rückstellungswert

 

Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilmoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze. Dies hat der BFH in seiner Entscheidung vom 20.11.2019 – XI R 46/17 bestätigt.

Sachverhalt:

Eine GmbH bildete in Handels- und Steuerbilanz Rückstellungen für Verpflichtungen zur Rekultivierung von Abbaugrundstücken. Zum 31.12.2010 wurde handelsbilanziell eine Ansammlungsrückstellung i.H.v. 295.870 € erfasst, bei deren Ermittlung geschätzte Kostensteigerungen bis zum Erfüllungszeitpunkt einbezogen wurden. Der ermittelte Erfüllungsbetrag wurde mit einem Zinssatz von 4,49 % abgezinst. In der Steuerbilanz erfolgte die Ermittlung der Rückstellung ohne künftige Kostensteigerungen und der Verpflichtungsbetrag wurde nicht abgezinst, so dass 348.105 € angesetzt wurden.

Das FA kürzte die steuerbilanzielle Rückstellung mir Hinweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG auf den niedrigeren Handelsbilanzwert, weil ansonsten steuerrechtlich ein höherer Rückstellungsbetrag als in der Handelsbilanz ausgewiesen werde. Sowohl der Einspruch als auch die Klage vor dem FG Rheinland-Pfalz blieben ohne Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, dass der handelsrechtlich anzusetzende Wert nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für die Steuerbilanz als Obergrenze zu beachten sei.

Entscheidung des BFH:

Grundsätzlich werden Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz unter Berücksichtigung der handelsrechtlichen Vorgaben bewertet, sofern diesem Vorgehen nicht steuerrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

Die Einleitungsformulierung „höchstens insbesondere“ des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG bedeutet keine Durchbrechung der Maßgeblichkeit und führt dazu, dass die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG ergebenden Rückstellungswerte den zulässigen Ansatz nach der Handelsbilanz nicht überschreiten dürfen.

Bei der Auslegung der Formulierung ist auf den objektiven Willen des Gesetzgebers abzustellen. Mit dem Wortzusatz „insbesondere“ hat der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es noch weitere Obergrenzen gibt. Auch aus der Begründung zum Gesetzentwurf ergibt sich, dass ein niedrigerer handelsbilanzieller Wert als der steuerrechtliche Wert zugrunde zu legen ist.

Da der Gesetzgeber keine anderweitigen Anpassungen vorgenommen hat, ist trotz der intendierten Steuerneutralität des handelsrechtlichen Reformteils auch nach dem BilMoG ein Fortgelten der formellen Maßgeblichkeit zu bejahen.

Das Auslegungsergebnis führt nicht nach Art. 3 Abs. 1 GG zu einer verfassungswidrigen Besteuerung. Denn auch eine Berücksichtigung handelsrechtlicher Bewertungsansätze im Rahmen der Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG führt im Vergleich zu § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung

 

BFH-Urteil v. 20.11.2019 – XI R 46/17 >>

 

 

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Stand: 21.2.2020