Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war im Jahre 2011 verfassungsgemäß. Darüber hinaus ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags, soweit er nicht auf gewerbliche Einkünfte entfällt, ohne Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG zu ermitteln ist. Dies hat der BFH mit Urteil vom 14.11.2018 – II R 63/15 entschieden.
Sachverhalt:
Die Kläger erzielten im Jahre 2011 Einkünfte u.a. aus nichtselbständiger Arbeit und in geringem Umfange aus Gewerbebetrieb, für die Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag festgesetzt wurden. Sie begehrten, aus Gründen der Gleichbehandlung den Solidaritätszuschlag für ihre gesamten Einkünfte so zu berechnen, als handele es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In diesem Falle wäre nämlich Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet worden und der Solidaritätszuschlag wäre im Ergebnis geringer ausgefallen.
Entscheidung des BFH:
Der BFH hat die Erhebung des Solidaritätszuschlages im Jahre 2011 für verfassungsgemäß erachtet. In den Urteilen vom 21. Juli 2011 II R 50/09 (BFH/NV 2011, 1685) sowie vom 21. Juli 2011 II R 52/10 (BFHE 234, 250, BStBl II 2012, 43) hat der BFH ausgeführt, die Erhebung des Solidaritätszuschlags als Ergänzungsabgabe sei in den damaligen Streitjahren 2005 und 2007 verfassungsgemäß gewesen. Er hält hieran auch für das vorliegende Streitjahr 2011 fest. Die dortigen Erwägungen haben ihre Gültigkeit behalten.
Der BFH hat auch die geringere Belastung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb beim Solidaritätszuschlag mit Blick auf deren typische Gesamtbelastung durch Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer nicht beanstandet. Die Rechtfertigung liegt in der Gesamtschau von Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer. Sie hängt – entgegen der Rechtsauffassung der Kläger – allein davon ab, ob die partielle Überkompensation der Gewerbesteuer, die bei dieser Gesamtbetrachtung zu verzeichnen ist, ihrerseits den Geboten der Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit entsprechen.
Über die Wirkung des § 35 EStG auf den Solidaritätszuschlag kommt es zwar in einer bestimmten Hebesatzzone per Saldo zu einer Begünstigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die über die Belastung aus der Gewerbesteuer hinausgeht, und somit zu einer Überkompensation.
Die Überkompensation ist jedoch auf Hebesätze unter 400,9 % beschränkt. Der (geringfügigen) Gesamtentlastung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in dieser Hebesatzzone steht eine bei höheren Hebesätzen ganz erhebliche Mehrbelastung dieser Einkünfte gegenüber.
Gerade im Hinblick darauf, dass die Belastungsungleichheit nicht einseitig ist, sondern sich bei dem Grenzwert-Hebesatz von 400,9 % umkehrt, ist das Regelwerk mit dem Gebot der Folgerichtigkeit noch zu vereinbaren.
BFH-Urteil v. 14.11.2018 – II R 63/15 >>
Pressemitteilung Nr. 3/20 des BFH v. 23.1.2020 >>
Stand: 24.1.2020