BMF: Gewährung von Zusatzleistungen und Zulässigkeit von Gehaltsumwandlungen

 

Die Finanzverwaltung hat auf jüngere Rechtsprechung und Gesetzgebungsvorhaben im Zusammenhang mit Zusatzleistungen und Gehaltsumwandlungen reagiert und stellt klar, wann vom Tatbestand „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ auszugehen ist.

 

Der BFH hat mit Urteilen vom 1.8.2019 – VI R 32/18, VI R 21/17 und VI R 40/17 – seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, nach der nur freiwillige Arbeitgeber­leistungen, also Leistungen, die der Arbeitgeber arbeitsrechtlich nicht schuldet, zusätzlich in diesem Sinne erbracht werden konnten.

 

Nunmehr verneint der BFH, dass bestimmte Steuervergünstigungen für Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung (je nach arbeitsvertraglicher Ausgestaltung) durch die Zusätzlichkeitsvoraussetzung ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei nur, dass der ver­wendungsfreie Arbeitslohn zugunsten verwendungs-oder zweckgebundener Leistungen des Arbeitgebers arbeitsrechtlich wirksam herabgesetzt wird (Lohnformwechsel). Ansonsten liege eine begünstigungsschädliche Anrechnung oder Verrechnung vor (BFH-Urteil vom 1. August 2019 – VI R 32/18 – Rdnr. 30).

Tarifgebundener verwendungsfreier Arbeitslohn kann somit nicht zugunsten bestimmter anderer steuerbegünstigter verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen herabgesetzt oder zugunsten dieser umgewandelt werden, da der tarifliche Arbeitslohn nach Wegfall der steuerbegünstigten Leistungen wiederauflebt.

Der Gesetzgeber hat regelmäßig auf die Formulierung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ zurückgegriffen, wenn Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung explizit von der Steuerbegünstigung ausgeschlossen werden sollten; so zuletzt noch in der Einzelbegründung zu § 8 Absatz 2 Satz 11 zweiter Halbsatz EStG (Gesetz zur weiteren Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften – Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drs. 19/14909 Seite 44), wo es beispielsweise heißt: „Die Ergänzung des § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG soll sicherstellen, dass Gutscheine und Geldkarten nur dann unter die 44-Euro-Freigrenze fallen, wenn sie vom Arbeitgeber zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Der steuer­liche Vorteil soll damit insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden.“

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher zu der Tatbestands­voraussetzung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ im Vorgriff auf eine ent­sprechende Gesetzesänderung abweichend von der neuen BFH-Rechtsprechung und über den Einzelfall hinaus zur Gewährleistung der Kontinuität der Rechtsanwendung weiterhin Folgendes:

Im Sinne des Einkommensteuergesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht

wird. Dies gilt im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unabhängig davon, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist.

Es sind somit im gesamten Lohn-und Einkommensteuerrecht nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt.

 

BMF-Schreiben v. 5.2.2020 – IV C 5 -S 2334/19/10017 :002 >>

 

Hinweis: Der Gesetzentwurf zur Einführung einer Grundrente enthält auch den Entwurf eines neuen § 8 Abs. 4 EStG-E, der o.g. Auffassung wie folgt gesetzlich regeln soll:

„(4) Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

  1. der Wert der Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt oder
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird.“

 

Die Finanzverwaltung hat also nun bereits im Vorgriff zum weiteren Gesetzgebungsverfahren reagiert.

 

Referentenentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Einführung der Grundrente >>

 

 

Stand: 6.2.2020