Gutscheine / Geldkarten: Nichtbeanstandungsregelung und Sozialversicherungsrecht

 

Die Abgrenzung zwischen Barlohn und Sachlohn ist insbesondere für die Anwendung der 44 EUR-Freigrenze (ab 2022: 50 EUR-Freigrenze)[1] bedeutsam. Denn nur für Sachzuwendungen kann die vorgenannte Freigrenze zur Anwendung kommen. Bereits mit Wirkung ab dem Jahr 2020 hat der Gesetzgeber legal definiert, wann Gutscheine und Geldkarten als Sachlohn einzuordnen sind. Hierzu bestimmen § 8 Abs. 1 Sätze 2 und 3 EStG Folgendes:

 

 „2Zu den Einnahmen in Geld gehören auch zweckgebundene Geldleistungen, nachträgliche Kostenerstattungen, Geldsurrogate und andere Vorteile, die auf einen Geldbetrag lauten.

3Satz 2 gilt nicht bei Gutscheinen und Geldkarten, die ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.“

 

Gutscheine und Geldkarten, die auf einen Geldbetrag lauten, können danach nur dann als Sachbezüge anerkannt werden, wenn diese

  • ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und
  • die Kriterien des 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (kurz: ZAG)

erfüllen.

 

Durch den Verweis auf das ZAG haben sich zahlreiche Anwendungsfragen z. B. bei Ausgabe von Gutscheinen ergeben. Um die noch offenen Fragen klären zu können, hat die Finanzverwaltung eine Nichtbeanstandungsregelung für die Jahre 2020 und 2021 beschlossen.[2] Es wird danach für die Einordnung der Gutscheine als Sachlohn nicht beanstandet, wenn Gutscheine und Geldkarten ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen, selbst wenn diese nicht die Kriterien des
§ 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen.

 

Praxishinweis

In der Diskussion war, ob auch die Sozialversicherungsträger diese Nichtbeanstandungsregelung der Finanzverwaltung mittragen und so (rückwirkend) für einen Gleichklang zwischen Steuer- und Sozialversicherungsrecht sorgen. Nachdem zunächst mit Hinweis auf das Rückwirkungsverbot die Nichtbeanstandungsregelung sozialversicherungsrechtlich nicht zur Anwendung kommen sollte, wurde mittlerweile beschlossen, dass die Sozialversicherung dem Steuerrecht folgt. Mit einer Verlautbarung der Sozialversicherungsträger ist nach Veröffentlichung eines BMF-Schreibens zu rechnen.

Durch die Nichtbeanstandungsregelung gewährt die Finanzverwaltung Zeit für die Umstellung der Gutscheine und Geldkarten; ab 2022 müssen diese auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG erfüllen. Mit einem BMF-Schreiben zu Auslegungsfragen ist in Kürze zu rechnen. Wir werden berichten.

 

 

[1] § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG

[2] FinMin Sachsen-Anhalt v. 26.2.2021 – 45-S 2334-331/4/13848/2021, NWB HAAAH-73135

 

Stand: 08.04.2021