Strafrechtliche Risiken der Corona-Hilfen und Beweisvorsorge
Unternehmen erhalten wegen der Corona-Pandemie verschiedenste Unterstützung zur Liquiditätssicherung. So werden die Hilfen an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft, z.B. einen kausalen Zusammenhang zwischen Corona-Pandemie und Liquiditätsengpass oder ein zum 31.12.2019 finanziell nicht in Schwierigkeiten geratenes Unternehmen. Es gilt also die Voraussetzungen genau zu beachten und keinesfalls einfach so eine der Hilfen zu beantragen oder in Anspruch zu nehmen, denn solches Verhalten kann verschiedenste Straftatbestände vom Betrug bis zur Steuerhinterziehung verwirklichen. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass diese Straftatbestände idR. erst in fünf Jahren verjähren. Die Strafverfolgungsbehörden haben also auch noch Jahre nach der jetzt akuten Krise die Möglichkeit, die Angaben des Betreffenden kritisch zu hinterfragen. Aus diesem Grunde kann nur dringend zur genauen Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen vor Antragstellung geraten werden. Ferner muss eine möglichst umfassende Beweisvorsorge stattfinden, damit das Vorliegen der Voraussetzungen möglichst bis zum Ende einer eventuell einschlägigen Strafverfolgungsverjährungsfrist dargelegt werden kann.
Die Bundes-Soforthilfe dient der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Über-brückung von akuten Liquiditätsengpässen in Folge der Corona-Krise, wenn der Antragsteller also deshalb in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist. Die bayerische Soforthilfe steht gewerblichen Unternehmen und Angehörigen Freier Berufe zu, die durch die Corona-Pandemie in eine damit unmittelbar zusammenhängende existenzgefährdende wirtschaftliche Schieflage aufgrund massiver Liquiditätseng-pässe geraten sind. Die Definition des Liquiditätsengpasses findet sich inzwischen auf http://www.stmwi.bayern.de/soforthilfe-corona. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen muss gegeben sein und alle insoweit hilfreichen Unterlagen und Informationen müssen zum Zwecke der Beweisvorsorge mindestens fünf Jahre aufbewahrt werden. Da dies die meisten der antragsberechtigten Unternehmer im Detail vor Schwierigkeiten stellen dürfte, muss der Steuerberater dabei helfen die Voraussetzungen zu prüfen und die nötige Beweisvorsorge fördern. Werden die Voraussetzungen vorschnell angenommen, bewusst unzutreffende Angaben gemacht oder hat der Antragsteller nicht ausreichende Beweisvorsorge bzgl. des Vorliegens der Voraussetzungen betrieben, läuft er Gefahr wegen Betruges iSd. § 263 StGB oder wegen Subventionsbetruges iSd. § 264 StGB strafrechtlich verfolgt zu werden.
Im Rahmen von steuerlichen Erleichterungen können nach dem BMF in diesem Jahr zudem fällige und fällig werdende Steuerzahlungen gestundet werden. Die Lohnsteuer ist hiervon jedoch ausdrücklich nicht erfasst. An die Bewilligungen sind zwar angeblich keine strengen Anforderungen zu stellen, soweit die Unternehmen „nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffen“ sind. Aber was heißt das? „Unmittelbar“ kann man wohl als kausalen Zusammenhang zwischen der Corona-Pandemie und dem Liquiditätsengpass deuten. Was unter „nicht unerheblich“ zu verstehen ist, dürfte sich am individuellen Betrieb orientieren. Damit ist der Rechtsanwender aber nicht unbedingt schlauer. Sind schon die Voraussetzungen nicht ganz klar, unter denen Steuervergünstigungen rechtmäßig beantragt werden können, erschwert das natürlich auch alle Bemühungen um eine sinnvolle Beweis-vorsorge. Das ist deshalb umso unerfreulicher, als ein Nichtvorliegen der doch recht unbestimmten Voraussetzungen als Steuerhinterziehung iSd. § 370 AO gewertet werden könnte, mit allen weiteren Konsequenzen eines möglichen großen Ausmaßes oder außerstrafrechtlicher Konsequenzen einer Verurteilung (zB. Verlust des Jagdscheins). Deshalb kann nur dringend dazu geraten werden, alle Informationen und Unterlagen zu sammeln und aufzubewahren, aus denen sich eine Beeinträchtigung des Geschäftsbetriebs (zB. krankheitsbedingte Ausfälle, Störung der Betriebsabläufe durch Homeoffice, etc.), ein Auftragsrückgang im Vergleich zu einem repräsentativen Zeitraum, schleppende Zahlungseingänge oder sogar Mitteilung über Zahlungsverweigerung oder steigende Kosten ergeben, die unmittelbare Folge der Corona-Krise sind.
Der GKV-Spitzenverband hat in der letzten Woche ferner allen gesetzlichen Krankenkassen empfohlen, die Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Monate März und April 2020 vorübergehend zu erleichtern. So sollen Unternehmen und Selbständige, die aufgrund der aktuellen Corona-Krise in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, kurzfristig entlastet werden. Voraussetzung ist, dass das Unternehmen ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten hat oder im Falle der sofortigen Einziehung der Beiträge in solche Schwierigkeiten geraten würde. Auch in diesem Zusammenhang muss also eine Kausalität zwi-schen den Auswirkungen der Corona-Krise auf den Betrieb und dem Liquiditätsengpass vorliegen und notfalls anhand konkreter Unterlagen in den kommenden Jahren beweisbar sein. Andernfalls läuft der Unternehmer Gefahr sich dem Vorwurf des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt iSd. § 266a StGB ausgesetzt zu sehen.
Mit dem Antrag auf Kurzarbeitergeld können Entgeltausfälle, die durch die Corona-Krise entstanden sind, in Teilen von der Agentur für Arbeit ausgeglichen werden. Aber auch hier sind die Voraussetzungen eng an die Corona-Krise gekoppelt. Daraus folgen auch insoweit umfangreiche Prüfungs-, Erkundigungs-, Informations- und Aufsichtspflichten für den Antragsteller. Unvollständige Zeiterfassungsdaten oder fragwürdige Angaben zum angeblichen Arbeitsausfall sind unbedingt zu vermeiden. Es ist demgegenüber zB. penibel zu dokumentieren, dass tatsächlich Arbeitsausfall stattfindet, eine vordringliche Kompensation durch Resturlaub oder den Abbau von Arbeitszeitkonten nicht möglich ist. Vorschnelle Anträge oder allzu ausgeprägte Großzügigkeit bei der Annahme des Vorliegens der Voraussetzungen können hingegen Strafverfahren wegen Verdachts des Betruges iSd. § 263 StGB oder des Subventionsbetruges iSd. § 264 StGB nach sich ziehen. Es wird von der BStBK als zulässig erachtet, wenn der Steuerberater die Be-rechnung von Kurzarbeitergeld sowie das bloße Ausfüllen des Antragsformulars für die Beantragung von Kurzarbeitergeld und die Abgabe der Meldung für den Mandanten übernimmt. Es muss aber beachtet werden, dass der Steuerberater keine Auskünfte zu arbeitsrechtlichen Fragestellungen geben darf, andernfalls ein Verstoß gegen das RDG vorläge.
Die mannigfaltigen Möglichkeiten Liquiditätsengpässe zu beheben und zu vermeiden bergen also auch erhebliche Risiken, selbst wenn die Voraussetzungen vorliegen, dies aber nicht dauerhaft und vollständig dokumentiert wird. Hier ist der Steuerberater berufen seinen Mandanten zur Beweisvorsorge anzuhalten, um das Problem zu begrenzen. Der Steuerberater kennt zudem als Fachmann die Zahlen und den Betrieb des Mandanten und kann deshalb helfen objektiv einzuschätzen, ob wirklich Liquiditätsprobleme aufgrund der Corona-Krise bestehen, oder ob die Gefahr besteht, unzutreffende oder unvollständige Angaben zu machen mit der möglichen Folge strafrechtlicher Konsequenzen.
Autor: RA/FAStR Daniel Dinkgraeve, LL.M./EMBA, und RA Maximilian Krämer, beide Dinkgraeve Rechtsanwälte PartG mbB, München
Stand: 06.04.2020