Mit BMF-Schreiben vom 02.05.2019 hat sich die Finanzverwaltung zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes geäußert. Die Finanzverwaltung führt darin aus, dass entsprechende Zinsfestsetzungen vorläufig erfolgen und diese Vorläufigkeit auch zu Ungunsten des Mandanten gelten soll.
Im Ergebnis würde eine Senkung des Zinssatzes bei einer entsprechenden Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht dazu führen, dass die Steuerpflichtigen die erhaltenen Erstattungszinsen (anteilig) zurückzahlen müssen.
Beratungsansatz
Die in § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO vorgesehene Regelung zur Vorläufigkeit über die Frage der Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht kann nur Fälle betreffen, die im Nachhinein zugunsten des Steuerpflichtigen entschieden werden.
Die Systematik von § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO ist als Vereinfachungsregelung zur Vermeidung zahlreicher Rechtsbehelfe der Steuerpflichtigen zu sehen, falls eine Rechtsnorm Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist.
Allein von der Systematik der Vorläufigkeit kann diese in Bezug auf § 165 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 AO nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen gelten. Der Unternehmer hat auf den Wortlaut der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes zu vertrauen. Spätere Änderungen der Rechtsprechung können sich nicht zuungunsten einer bereits erfolgten Festsetzung auswirken. Dies ergibt sich bereits aus der Vorschrift des § 176 Absatz 2 der Abgabenordnung (sog. Vertrauensschutz).
Sollte eine spätere Änderung gemäß § 165 Absatz 2 AO erfolgen, so ist in diesem Zusammenhang wiederum § 176 Absatz 2 AO zu prüfen. Nach dem Wortlaut des § 176 AO darf keine Änderung zuun-gunsten des Steuerpflichtigen erfolgen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Nichtigkeit eines Gesetzes feststellt, auf dem die bisherige Steuerfestsetzung beruht, oder ein oberster Gerichtshof des Bundes eine Norm, auf der die bisherige Steuerfestsetzung beruht, nicht anwendet, weil er sie für verfassungswidrig hält (siehe auch Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 251. Liefe-rung 02.2019, § 165 AO, Rz. 46).
Feedback der Finanzverwaltung
Dem Vernehmen nach existiert innerhalb der Finanzverwaltung eine Verfügung, dass Einsprüche gegen die Nebenbestimmung der Vorläufigkeit erst einmal ruhen sollen.
Fazit
Der steuerliche Vertreter sollte sich kurz und knapp anhand der obigen Begründung gegen die Vorläufigkeit im Falle von Erstattungszinsen wehren.
Autor: Robert Hammerl LL.M. Steuerberater
Stand: 29.10.2019