Steuerfreie Wohnungsüberlassung (§ 8 Abs. 2 Satz 12 EStG)

 

Der Ansatz eines Sachbezugs für eine dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zu eigenen Wohnzwecken überlassene Wohnung unterbleibt, soweit das vom Arbeitnehmer gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 EUR je Quadratmeter ohne umlagefähige Kosten im Sinne der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten beträgt.[1]

Mit der Einführung dieses Bewertungsabschlags durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019[2] verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, gerade dem in hochpreisigen Ballungsgebieten bestehenden Bedarf an bezahlbarem Wohnraum nachzukommen und gleichzeitig die soziale Fürsorge des Arbeitgebers zu unterstützen, seinen Arbeitnehmern entsprechenden Wohnraum anzubieten sowie bei der Bewertung von Mietvorteilen mögliche Steuerbelastungen bei niedrigen Bestandsmieten abzumildern.

 

Praxishinweis

Der Bewertungsabschlag kann auch zur Lohnoptimierung bzw. zur Mittarbeitergewinnung[3] genutzt werden.

§ 8 Abs. 2 Satz 12 EStG setzt keine Arbeitgeberzusatzleistung voraus, so dass auch eine Entgeltumwandlung möglich ist.

§ 8 Abs. 2 Satz 12 EStG ist bei Überlassungen durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer anzuwenden. Der Arbeitnehmerbegriff ist nach Maßgabe des Einkommensteuerrechts zu definieren, so dass der Bewertungsabschlag auch bei Wohnungsüberlassungen an einen (beherrschenden) Gesellschafter/Geschäftsführer anwendbar ist. Allerdings muss die Überlassung betrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst sein, weil in letztgenanntem Fall eine vgA vorliegt. Zur Abgrenzung hat die FinVerw. bislang nicht Stellung genommen.

Das JStG 2020 weitet die seit 2020 geltende Regelung aus. Der Bewertungsabschlag i.H.v. 1/3 der ortsüblichen Miete kommt nunmehr auch dann zur Anwendung, wenn die Wohnung

  • auf Veranlassung des Arbeitgebers von einem verbundenen Unternehmen[4] (Konzernklausel) oder
  • bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Arbeitgeber auf dessen Veranlassung von einem entsprechend verbundenen Unternehmen

überlassen wird. Die Änderung gilt rückwirkend ab 2020.[5]

Ob das verbundene Unternehmen im Inland oder im Ausland ansässig ist, ist unerheblich. Unmaßgeblich ist auch, ob das verbundene Unternehmen Bauherr, Käufer oder Mieter der an den Arbeitnehmer überlassenen Wohnung ist.

 

Praxishinweis

Zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer wird im Falle der Wohnungsüberlassung ein vergünstigter geldwerter Vorteil unter Berücksichtigung des Bewertungsabschlags erfasst. Gleichwohl kann der Arbeitgeber bzw. das verbundene Unternehmen den Mietaufwand oder die damit im Zusammenhang stehenden Kosten vollumfänglich als Betriebsausgaben geltend machen.

Ist der Arbeitgeber oder das verbundene Unternehmen Bauherr oder Käufer des Objekts, kann sich eine Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG ergeben.[6] Hierzu dürfen insbesondere die Anschaffungs- oder Herstellungskosten 3.000 EUR je Quadratmeter Wohnfläche nicht übersteigen. Wird vom Arbeitnehmer eine Miete unterhalb der 2/3-Grenze gezahlt, löst dies einen steuerpflichtigen geldwerten Vorteil aus. Die Problematik der Kostenaufteilung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG stellt sich demgemäß nicht.

Erfolgt die verbilligte Überlassung durch das verbundene Unternehmen, hat der lohnsteuerliche Arbeitgeber gleichwohl die lohnsteuerlichen Folgen hieraus zu ziehen. Nach § 38 Abs. 1 S. 3 EStG unterliegt der Lohnsteuer auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten gewährte Arbeitslohn (Arbeitslohn von dritter Seite), wenn der Arbeitgeber hiervon etwas weiß oder er dies hätte erkennen können. Dies wird vom Gesetzgeber insbesondere angenommen, wenn der Arbeitgeber und der Dritte verbundene Unternehmen i.S.d. § 15 AktG sind.[7]

Die Steuerfreiheit erstreckt sich auf die Überlassung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken. Für die Bewertung einer Unterkunft, die keine Wohnung ist, ist der amtliche Sachbezugswert nach der SvEV ohne Berücksichtigung des Bewertungsabschlags maßgebend.

 

Praxishinweis

Der Ansatz eines steuerpflichtigen geldwerten Vorteils scheidet aus, falls eine andere Befreiungsvorschrift zur Anwendung kommt. So bleibt z. B. die Gestellung einer Wohnung bzw. einer Unterkunft i.R. einer Auswärtstätigkeit steuerfrei.[8]

Der Bewertungsabschlag von 1/3 der ortsüblichen Miete soll wie ein Freibetrag wirken und gilt selbst dann, wenn der Mitarbeiter ein Entgelt von weniger als 2/3 der ortsüblichen Miete leistet.

 

Praxishinweis

Durch das JStG 2020 hat der Gesetzgeber in § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG die bisherige
66 %-Grenze mit Wirkung ab 2021 auf 50 % reduziert. Sofern eine Vermietung zu mindestens 50 % der ortsüblichen Miete erfolgt, kann ein ungekürzter Werbungskostenabzug geltend gemacht werden. Der Gesetzgeber hat in § 8 Abs. 2 Satz 12 EStG allerdings den Abschlag von 1/3 nicht auf 1/2 in Anlehnung an die Änderung in § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG reduziert. Es bleibt zu hoffen, dass eine Anpassung in künftigen Gesetzgebungsverfahren vorgenommen wird.

Die Bewertung nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG ist eine eigene Bewertungsvorschrift, so dass die 44 EUR-Freigrenze[9] auf einen sich nach Berücksichtigung des Bewertungsabschlags ergebenden geldwerten Vorteil nicht zur Anwendung kommt.

Die besondere Bewertungsregelung nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG kann zugunsten der Rabatt-Freibetragsregelung[10] abgewählt werden. Der Bewertungsabschlag nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG kann jedoch nicht gleichzeitig in Anspruch genommen werden.

Erfolgt die Gestellung einer Wohnung im Inland im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, kommt der Bewertungsabschlag nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG ebenso zur Anwendung. Nur der verbleibende geldwerte Vorteil ist steuerpflichtig, sofern er die 1.000 EUR-Grenze übersteigt.[11]

 

Praxishinweis

Da gegenwärtig keine veröffentliche Verwaltungsauffassung vorliegt, sollte in einschlägigen Fällen eine Anrufungsauskunft eingeholt werden.

Sozialversicherungsrechtlich enthielt § 2 Abs. 4 und 5 SvEV zunächst keinen Verweis auf die Anwendung des Bewertungsabschlags nach § 8 Abs. 2 S. 12 EStG. Demzufolge blieb der lohnsteuerfreie Bewertungsabschlag zunächst sozialversicherungspflichtig.[12] Damit bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern das Entgelt nicht vom steuerpflichtigen Arbeitslohn abweicht, hat der Gesetzgeber den Bewertungsabschlag nunmehr auch in die SvEV übernommen.[13] Diese Gesetzesänderung gilt ab dem Jahr 2021.

 

 

 

[1] § 8 Abs. 2 S. 12 EStG

[2] BGBl I 2019, 2451

[3] Kaminski, AktStR 2020, 509 (516)

[4] § 15 AktG

[5] § 52 Abs. 1 EStG

[6] Kaminski, AktStR 2020, 509 (515)

[7] § 38 Abs. 1 S. 3 2. HS EStG

[8] §§ 3 Nr. 13 bzw. 16 EStG

[9] § 8 Abs. 2 S. 11 EStG (ab 2022: 50 EUR)

[10] § 8 Abs. 3 EStG

[11] §§ 3 Nr. 13 bzw. 16 EStG i.V.m. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 4 EStG

[12] Besprechungsergebnis des GKV-Spitzenverbandes etc. v. 20.11.2019 TOP 4

[13] Art. 3 Abs. 2 der Verordnung zur Änderung der Sozialversicherungsentgeltverordnung und der Unfallversicherungsobergrenzenverordnung v. 15.12.2020 – BGBl I 2020, 2933

 

 

 

Stand: 17.02.2021