Rückgängigmachung eines IAB und fehlende Hinzurechnung
Soweit in Anspruch genommene IABs nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres hinzugerechnet wurden, sind die IABs im Bildungsjahr rückgängig zu machen[1]; die vorzeitige Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen vor Ablauf der Investitionsfrist ist zulässig.
Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es für die Rückgängigmachung des IAB im Bildungsjahr darauf an, dass eine Hinzurechnung innerhalb der o. g. Frist nicht erfolgt. Allein die Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsgutes ist nicht ausreichend, um eine solche rückwirkende Auflösung zu verhindern.
Sachverhalt
Der Kläger erzielt als Heizungs- und Sanitärinstallateur Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich.
In seiner Gewinnermittlung für das Streitjahr 2008 machte der Kläger einen außerbilanziellen Investitionsabzugsbetrag von 12.491 EUR geltend.
Im Jahr 2009 erwarb der Kläger u.a. einen PKW, ein Aquarium und einen Drucker. Er minderte die Anschaffungskosten dieser Wirtschaftsgüter innerbilanziell um jeweils 40 %, was in der Summe dem im Jahr 2008 geltend gemachten Investitionsabzugsbetrag von 12.491 EUR entsprach. Die vorgesehene außerbilanzielle Hinzurechnung des Investitionsabzugsbetrags unterblieb hingegen.[2] Sowohl die innerbilanzielle Minderung als auch das Unterbleiben der außerbilanziellen Hinzurechnung war aus den beim FA eingereichten Unterlagen erkennbar. Das FA veranlagte den Kläger auch für 2009 erklärungsgemäß und ohne Vorbehalt der Nachprüfung.
Nachdem das FA den Fehler im Rahmen einer im Jahr 2016 durchgeführten Betriebsprüfung bemerkt hatte, erließ es am 1. September 2016 geänderte Bescheide über Einkommensteuer und den Gewerbesteuermessbetrag 2008, in denen es den Gewinn jeweils um 12.491 EUR erhöhte. Verfahrensrechtlich waren die Änderungsbescheide auf § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG 2008 bzw. § 35b Abs. 1 GewStG gestützt.
Das FA führte aus, zwar bestehe für das Jahr, in dem der Fehler eingetreten sei (2009), keine Korrekturmöglichkeit. Allerdings ordne der Wortlaut des § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG 2008 immer dann eine Rückgängigmachung des Investitionsabzugsbetrags im Abzugsjahr an, wenn dieser Betrag nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres nach § 7g Abs. 2 EStG 2008 hinzugerechnet worden sei. Eine solche Hinzurechnung sei hier unterblieben. Die Kürzung der Anschaffungskosten sei hierfür nicht erheblich.
Einspruch und Klage[3] blieben ohne Erfolg.
Entscheidung des BFH
Nach Auffassung des BFH ist die Revision unbegründet und zurückzuweisen.[4] Die unterbliebene außerbilanzielle Hinzurechnung alleine reiche für eine Rückgängigmachung des IAB im Bildungsjahr aus.
Im Entscheidungsfall konnte der Einkommensteuerbescheid 2008 auch verfahrensrechtlich noch geändert werden.
- Die Einkommensteuer-Erklärung 2008 wurde in 2010 eingereicht. Die Festsetzungsfrist begann damit mit Ablauf des Jahres 2010.[5]
- Die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist endete mit Ablauf des Jahres 2014.[6]
- In den Fällen des § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG 2008 endet die Festsetzungsfrist für das Jahr der Vornahme des IAB allerdings nicht, bevor die Festsetzungsfrist für den VZ abgelaufen ist, in dem das dritte auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgende Wirtschaftsjahr endet. Selbst wenn die Einkommensteuer-Erklärung 2011 bereits im Jahr 2012 eingereicht worden wäre, endete die vierjährige Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2011 erst mit Ablauf des Jahres 2016.
- Der geänderte Einkommensteuerbescheid 2008 war am 1. September 2016 und damit innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.
- Auch in Bezug auf den geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2008 vom
September 2016 war die Festsetzungsfrist gewahrt.[7]
Praxishinweis
Die aktuelle Entscheidung des BFH dürfte auch für die seit dem VZ 2016 geltende Gesetzesfassung des § 7g EStG und auch für Einnahme-Überschussrechner bedeutsam sein.
[1] § 7g Abs. 3 Satz 1 EStG
[2] § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG 2008
[3] Siehe FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.2.2019 – 3 K 1658/18, EFG 2019, 881 (nachfolgend BFH-Urt. v. 3.12.2019 – X R 11/19, DStR 2020, 772)
[4] BFH-Urt. v. 3.12.2019 – X R 11/19, DStR 2020, 772
[5] § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO
[6] § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO
[7] § 35b Abs. 1 Satz 1 GewStG i.V.m. § 171 Abs. 10 AO