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Eine gleichmäßige Risiko- sowie Lastenverteilung droht zu kippen
So manch Positives zeichnete sich in den letzten Wochen vor Veröffentlichung des BMF-Referentenentwurfes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens ab. Dennoch enthält der Gesetzentwurf gerade für die Steuerberater höchst problematische Neuerungen, die der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) in seiner Stellungnahme S 13/15 mit Nachdruck reklamiert. Um der drohenden Risiko- sowie Lastenverschiebung frühzeitig entgegen zu wirken, erörterte der DStV die kritischsten Aspekte mit der Bundestagsabgeordneten Margaret Horb, der zuständigen Berichterstatterin der CDU/CSU-Fraktion im Finanzausschuss, am 12.10.2015.
Aufwärtstrend nach dem Diskussionsentwurf
Außerordentlich positiv ist, dass die Praxis mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zum Diskussionsentwurf von Bund und Ländern Ende 2014 bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt in die Überlegungen miteinbezogen wurde. Kritische Anmerkungen seitens des DStV sowie weiterer Interessenvertreter wurden erfreulicherweise aufgegriffen. Von der geplanten, vielfach kritisierten Zweiteilung des Verfahrens, welche für die personell geprüfte und die rein automationsgestützte Veranlagung unterschiedliche Verfahrensregime vorsah, sehen Bund und Länder nunmehr endgültig ab. Die geplanten Maßnahmen sollen grundsätzlich nicht mehr ab 1.1.2016, sondern nunmehr ab 1.1.2017 Inkrafttreten. Ein weiterer vom DStV in seiner Stellungnahme S 02/15 vorgebrachter Kritikpunkt war die geplante Nichtberücksichtigung von sog. Freitextfeldern, die haftungs- sowie steuerstrafrechtliche Risiken begründet hätte. Auch insoweit erfolgte erfreulicherweise eine Konzeptänderung. Durch die Implementierung eines sog. „qualifizierten“ Freitextfeldes soll die Steuererklärung künftig zwingend zur personellen Prüfung ausgesteuert werden. Darin sollen weitergehende Angaben gemacht, Zweifelsfragen oder Prüfbitten geäußert werden können.
Erhebliche Belastungen für den Berufsstand
Die bereits in der DStV-Stellungnahme S 02/15 aufgezeigten Belange der Steuerberater fanden bisher jedoch keinen Eingang in die Überlegungen. Vielmehr sind die Planungen im Vergleich zum Diskussionsentwurf noch um weitere Risiken sowie Lasten für den Berufsstand erweitert worden. Gerade vor dem Hintergrund der bereits durch die Digitalisierung angestiegenen steuerstraf- und haftungsrechtlichen Risiken sowie der sich durch die Medienbrüche türmenden bürokratischen Hürden sind die geplanten Regelungen nicht gerechtfertigt. Einer fairen Risiko- sowie Lastenverteilung widersprechen insbesondere die folgenden Maßnahmen:
Zurückweisung des Steuerberaters aufgrund von Ungeeignetheit
Im Unterschied zur geltenden Rechtslage sowie zum Diskussionsentwurf sollen Steuerberater künftig vom schriftlichen oder mündlichen Vortrag während eines Verfahrens wegen Ungeeignetheit zurückgewiesen werden können (§ 80 Abs. 8 AO-E). Die Offenheit des Begriffs „Ungeeignetheit“ würde künftig zu einer hohen Rechtsunsicherheit für die Steuerberater führen und das Vertrauensverhältnis zwischen ihm sowie seinem Mandanten empfindlich stören. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll eine Zurückweisung beispielsweise bei der Unfähigkeit, die Sach- oder Rechtslage des Falles hinreichend zu übersehen, in Betracht kommen. Aufgrund des unbestimmten Rechtsbegriffs wird dem Finanzamt ein weiter Beurteilungsspielraum ohne hinreichende Rechtfertigung eröffnet. Gerade mit Blick auf die berufsrechtlichen Regelungen, die die Überprüfung der Befähigung der Berufsausübung beinhalten, sowie die Regelungen im Sozial- oder im allgemeinen Verwaltungsverfahren, in denen ein Steuerberater grundsätzlich nicht vom Vortrag zurückgewiesen werden kann, ist die Neuerung inakzeptabel. Der DStV plädiert daher für eine Beibehaltung des geltenden Ausschlusses des Zurückweisungsrechts von Vorträgen für Steuerberater.
Erdrosselung des Kanzleiablaufs durch fristgebundene Vorabanforderungen, Verspätungszuschlag und Einschränkung der Fristverlängerungsmöglichkeit?
Um einen kontinuierlichen Eingang von Steuererklärungen im Finanzamt zu gewährleisten sowie entsprechende Belastungsspitzen zu vermeiden, enthält der Referentenentwurf ein Regelungspaket, das einen reibungslosen Kanzleiablauf erdrosseln kann. Die Finanzämter sollen künftig nach einer automationsgestützten Zufallsauswahl anordnen können, dass die Steuererklärungen vor dem 28.2. des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben sind. Eine solche zufallsbasierte Vorabanforderung muss vom Steuerberater innerhalb einer Frist von drei Monaten bearbeitet werden. Sollte die Abgabe der Steuererklärung nicht innerhalb dieser Frist gelingen, wird automatisch, ohne weitere Prüfung des Einzelfalls ein Verspätungszuschlag erhoben. Eine Verlängerung der Abgabefrist über die drei Monate hinaus kann künftig nur noch gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige bzw. sein Berater nachweisen, dass sie kein Verschulden an der Verspätung der Abgabe trifft. Ausweislich der Gesetzesbegründung kann eine Arbeitsüberlastung des Steuerberaters damit nicht zu einer Fristverlängerung führen.
Dieses Regelungspaket weicht in jeder Hinsicht von der bisherigen Rechtslage sowie Praxis zu Lasten des Steuerpflichtigen sowie der Kanzleien ab. Vorabanforderungen durch eine automationsgestützte Zufallsauswahl sind ein verfahrensrechtliches Novum. Neben den im Erlass, welcher von den obersten Finanzbehörden der Länder herausgegeben wird, aufgeführten Gründen bleibt es den Finanzämtern gegenwärtig lediglich im Einzelfall vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf des 31.12. anzufordern. Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen steht aktuell im Ermessen der Finanzbehörde, so dass sie die Umstände des Einzelfalls abzuwägen hat und sich gegebenenfalls gegen eine entsprechende Festsetzung gewehrt werden kann. Der Fristverlängerungsantrag ist bisher grundsätzlich nicht begründungsbedürftig. Nur in Ausnahmefällen, z. B. für einen Antrag auf eine weitere, über den 31.12. hinausgehende Verlängerung, ist eine in sich schlüssige Begründung erforderlich.
Mangels weiterer Ausführungen in der Gesetzesbegründung kommt erschwerend hinzu, dass der praktische Einsatz von Vorabanforderungen nicht einschätzbar ist. Es steht zu befürchten, dass die Finanzämter jedes für sich und unabgestimmt je nach Lage des Erklärungseingangs die Vorabanforderungen durchführen. Ein Steuerberater könnte so gleichzeitig von verschiedenen Finanzämtern Vorabanforderungsschreiben erhalten. Der durchgeplante Kanzleiablauf würde durch entsprechende Ballungen erheblich ins Wanken geraten. Mitarbeiter müssten für die Bearbeitung der Vorabanforderungen aus dem laufenden Tagesgeschäft herausgenommen werden oder sähen sich einer zusätzlichen Arbeitsbelastung ausgesetzt. An die Bewältigung zusätzlicher Sonderaufträge (wie Betriebsprüfungen, Geschäftsveräußerungen, ad-hoc erforderliche betriebswirtschaftliche Beratung, Nachfolgeberatung usw.) wäre nicht mehr zu denken. Solche Belastungsspitzen dürften zudem erheblich zu Lasten des meist jahrelang gewachsenen Mandatsverhältnisses gehen. Der Mandant ist es regelmäßig gewohnt, seinen Steuerberater als Vertrauten in die laufenden Geschäfte einzubinden und nach rechtlicher Beratung sowie tatsächlichem Bedarf mit Sonderprojekten zu beauftragen. Könnte der Steuerberater dem Mandanten nicht mehr in der gewohnten Weise zeitlich flexibel zur Seite stehen, besteht bereits aufgrund der enttäuschten Erwartungshaltung das Risiko, dass der Mandant sich umorientiert.
Der DStV fordert den Gesetzgeber in seiner Stellungnahme daher auf, eine verschuldensunabhängige Härtefallregelung für Fälle der Vorabanforderungen zu schaffen. Zudem muss die Bearbeitungsfrist von 3 auf 6 Monate ausgeweitet und die Finanzverwaltung gesetzlich zur Bearbeitung innerhalb von 2 Monaten verpflichtet werden. Nur so sieht eine gleichmäßige Risiko- sowie Lastenverteilung aus.
Erhöhung des Haftungsrisikos für Steuerberater durch die Datenübermittlung
Der DStV lehnt die bereits im Diskussions- und weiterhin im Referentenentwurf vorgesehene, neue Sanktion zu Lasten der Steuerberater kategorisch ab. Nach der geplanten Verschärfung des § 6 der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung (StDÜV) soll der Dritte (Steuerberater) für Steuerverkürzungen oder zu Unrecht erlangte Steuervorteile des Mandanten haften, wenn er darauf verzichtet, dem Mandanten nach der elektronischen Übermittlung der Steuererklärung die Daten unverzüglich in leicht nachprüfbarer Form zur Überprüfung zur Verfügung zu stellen.
Die geplante Haftungsausweitung auf den Steuerberater bedeutet eine unverhältnismäßige sowie ungerechtfertigte Abwälzung der Risiken sowie Lasten auf den Dritten, der die Daten nur im Auftrag übermittelt. Wenn sich der Gesetzgeber sowie die Finanzverwaltung der elektronischen Kommunikation bedienen, um Personalnöten und demografischen Entwicklungen entgegen zu steuern und die Verfahrensabläufe für sich selbst effizienter zu gestalten, dann darf das nicht auf Kosten der Steuerpflichtigen oder aber der Steuerberater gehen.
Die neue Haftungsnorm ist abzulehnen, da sie die inzwischen bewährten Kanzleiabläufe verkennt und weitere bürokratische Maßnahmen bedingt. Die seit 2011 eingeführte Pflicht zur Abgabe von elektronischen Steuererklärungen hat aufgrund des Wegfalls des Erfordernisses der Unterschrift auf der Papiersteuererklärung durch den Steuerpflichtigen bereits zu latenten steuerstraf- sowie haftungsrechtlichen Risiken für den Steuerberater geführt. Nach ständiger Rechtsprechung war die Unterschrift im Steuer- sowie Strafverfahren der maßgebliche Anknüpfungspunkt für die Verantwortung der erklärten Angaben. Mangels Unterschrift bleibt bei der elektronischen Steuererklärung die Verantwortung für die Wahrheitsgemäßheit, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten ungeklärt. Um diesen Risiken zu begegnen, haben die Kanzleien erheblichen organisatorischen Mehraufwand auf sich genommen. Durch eine Freigabeerklärung lässt sich der Steuerberater vom Mandanten vor der Datenübermittlung bestätigen, dass der Inhalt der elektronischen Steuererklärung vollständig sowie richtig ist und die elektronische Übermittlung erfolgen darf. Die neue, steuerliche Haftungsnorm tritt hingegen ein, wenn die Daten dem Auftragnehmer/Mandanten nicht nach deren Übersendung an die Finanzverwaltung vorgelegt werden. Dies hätte für die Kanzleien zur Folge, dass sie sich die elektronisch erfassten Angaben von dem Mandanten aus zivilrechtlichen Haftungs- sowie steuerstrafrechtlichen Gründen vor der Datenübermittlung freigeben lassen. Zusätzlich müssten sie sich künftig von ihm auch noch nach der Datenübertragung zur Vermeidung des steuerlichen Haftungsrisikos eine Bestätigung über den Erhalt der übermittelten Daten ausstellen lassen.
Die neue Haftungsnorm ist zudem abzulehnen, da sie die steuerstrafrechtlichen Risiken bei Umsatzsteuervoranmeldungen nicht hinreichend berücksichtigt. Den Buchführungen in der Unternehmenspraxis liegen komplexe Beurteilungen einer Vielzahl von Einzelfällen zugrunde. Die sich dabei ergebenden Berichtigungen von Geschäfts- oder Abrechnungsfällen sind unvermeidlich, da die Richtigkeit der gebuchten Sachverhalte gerade bei einem monatlichen Voranmeldungszeitraum in der Kürze der Zeit nur schwer prüfbar ist. So besteht in der Praxis regelmäßig die Gefahr des Eintritts von Steuerverkürzungen bzw. zu Unrecht erlangten Steuervorteilen des Mandanten, welche jedoch nicht vorsätzlich, sondern aus Versehen unterlaufen. Auch eine verspätet abgegebene Umsatzsteuervoranmeldung, die elektronisch übermittelt wird, stellt eine objektive Steuerverkürzung oder einen zu Unrecht erlangten Steuervorteil dar. Die Nähe dieses Bereiches zum Steuerstrafrecht und den damit einhergehenden Risiken in der unternehmerischen Praxis wurde bei der Reform der strafbefreienden Selbstanzeige im letzten Jahr erkannt und Rechnung getragen. Für die Umsatzsteuervor- sowie Lohnsteueranmeldungen wurde die Möglichkeit der Teilselbstanzeige eröffnet (§ 371 Abs. 2a AO). Diese Neuerung verhindert jedoch nicht das objektive Vorliegen der Steuerverkürzung oder aber des zu Unrecht erlangten Steuervorteils in diesem Bereich. Daher könnte der Steuerberater insoweit künftig permanent von der Finanzverwaltung zur Haftung herangezogen werden.
Schließlich widerspricht es einer gleichmäßigen Risiko- und Lastenverteilung in hohem Maße, wenn die Finanzverwaltung für sich selber nach wie vor die Haftungsbeschränkung für Amtsträger in Anspruch nehmen kann (§ 32 AO), Dritte hingegen zunehmend in das ursprünglich bilaterale Steuerschuldverhältnis einbezogen und mit Sanktionen belegt werden. Die Haftungsbegrenzung zugunsten des Amtsträgers ist unter anderem gerechtfertigt, da der Druck, eine schnelle, oft komplexe steuerliche Sachverhalte regelnde Entscheidung zu finden, infolge der ständig komplizierter und umfangreicher werdenden steuerlichen Regelungen sowie höchstrichterlicher Entscheidungen und oft genug einer dünnen Personaldecke der Finanzverwaltung für den einzelnen Amtsträger ständig anwächst. In diesen suboptimalen Bedingungen arbeitet auch der Steuerberater. Je mehr sich die Finanzverwaltung jedoch durch die Einbeziehung der elektronischen Möglichkeiten die Willensbildung im Rahmen der zu treffenden Regelung erleichtert, umso mehr wird der Steuerberater zum Garant der Richtigkeit der Steuererklärung.
Erhöhung des Haftungsrisikos für Steuerberater durch die Identifizierungspflicht
Die Neuerungen sehen vor, dass der Steuerberater als Auftragnehmer, der mit der Übermittlung der Daten beauftragt wird, sich vor Übermittlung der Daten Gewissheit über die Person und Anschrift seines Mandanten verschaffen und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form festhalten muss. Diese geplante Regelung orientiert sich ausweislich der Gesetzesbegründung an den Vorgaben des Geldwäschegesetzes (GwG). Sie wird vom DStV nicht beanstandet, da nach dem GwG Steuerberater von entsprechenden Pflichten betroffen sind.
Die Neuerung flankierend führt der Referentenentwurf allerdings zudem eine weitere Haftung des Steuerberaters ein, die der DStV ebenfalls nachdrücklich ablehnt. Danach haftet der Datenübermittler bei Verletzung der vorgenannten Pflichten für die Steuerverkürzung oder die zu Unrecht erlangten Vorteile (des Steuerpflichtigen), die aufgrund der von ihm übermittelten Daten eingetreten sind. Die Einführung der Haftungsnorm ist insbesondere nicht gerechtfertigt, da bereits nach dem GwG durch einen Bußgeldtatbestand eine hinreichende Sanktionierung bei Verletzung der Pflicht zur Identifizierung vorgesehen ist. Ordnungswidrig handelt danach, wer vorsätzlich oder leichtfertig eine Identifizierung des Vertragspartners nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig vornimmt. Die Pflichtverletzung kann mit einer Geldbuße bis zu 100.000 # geahndet werden.
DStV sieht weitere Kritikpunkte
Neben den Vorgenannten sieht der DStV in seiner Stellungnahme auch bei weiteren Themen des Referentenentwurfs Nachjustierungsbedarf, um eine gleichmäßige Lasten- sowie Risikoverteilung zu erhalten. In diesem Sinne besteht beispielsweise Handlungsbedarf bei den geplanten Einschränkungen des Amtsermittlungsgrundsatzes.
Das Gespräch mit MdB Margaret Horb führten DStV-Geschäftsführer RA/StB Norman Peters sowie Referentin RAin/StBin Sylvia Mein.
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