Mietvertrag muss Option eindeutig erkennen lassen
Allein der Passus „zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer” in einem Mietvertrag ohne einen konkreten Hinweis auf die Ausübung der Option seitens des Vermieters genügt nicht den Anforderungen an den Ausweis der Umsatzsteuer, so dass dem Mieter der Vorsteuerabzug zu versagen ist. Fehlt es von vornherein an einem ausreichenden Ausweis der Umsatzsteuer im Mietvertrag, liegt auch keine Rechnung vor, die später mit Rückwirkung berichtigungsfähig wäre.[1]
Sachverhalt:
Die Klägerin mietete Räumlichkeiten für ihr gewerbliches Unternehmen an. Im Mietvertrag lautete es bei der Festlegung des Mietzinses zwar „zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer”. Der Vertrag (vom 18.12.2012) enthielt aber keinen expliziten Hinweis auf eine Option zur Umsatzsteuer und auch nicht die Steuernummer oder USt-IdNr. der Vermieterin. Der konkrete Steuerbetrag und der genaue Steuersatz fehlten ebenfalls. Die Klägerin zahlte die Miete für das Streitjahr 2013 per Überweisung. Für Januar 2013 erfolgte eine Überweisung mit der Bezeichnung „Miete einschl. Nebenkosten A-Str. 13b” über 5.509,70 Euro. Ab dem 1.2.2013 erfolgte die Zahlung monatlich per Sammelüberweisung (4.699,31 Euro + 810,39 Euro).
Die Klägerin zog die gezahlte Umsatzsteuer laufend als Vorsteuer ab. Erst am 18.10.2017 erstellte die Vermieterin über die Vermietung eine „ordnungsgemäße“ Dauerrechnung, in der es wie folgt hieß: „Diese Rechnung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2013; Grundlage dieser Rechnung ist der Mietvertrag vom 18.12.2012.“
Das Finanzamt vertrat im Rahmen einer Außenprüfung die Auffassung, dass der für die Immobilie abgeschlossene Mietvertrag nicht zum Vorsteuerabzug berechtige. In dem Mietvertrag vom 18.12.2012 sei der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag nicht offen ausgewiesen. Der Vertrag enthalte auch keine zahlenmäßige Angabe über den konkret anzuwendenden Steuersatz. Die am 18.10.2017 ausgestellte Dauerrechnung lasse keine Rückwirkung zu, da der Mietvertrag nicht die Mindestanforderungen des § 14 UStG erfüllt habe (gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer). Der Vorsteuerabzug für 2013 sei mithin zu kürzen.
Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Im Urteilsfall lag der Verzicht auf die Steuerbefreiung erst bei Ausstellung der Dauerrechnung in 2017 vor. Folglich konnte die Ursprungsrechnung nicht mit Rückwirkung berichtigt werden, so dass dem Mieter der Vorsteueranspruch erst in 2017 zustand und zumindest ein entsprechender „Zinsschaden“ entstanden ist. Die vom FG Münster zugelassene Revision wurde nicht eingelegt, so dass das Urteil nun rechtskräftig geworden ist.
Begründung:
Der Vorsteuerabzug setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dies erfordert insbesondere, dass die dem Unternehmer erteilte Rechnung den Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG entspricht. Fehlen die für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erforderlichen Rechnungsangaben oder sind sie unzutreffend, besteht kein Anspruch auf Vorsteuerabzug. Der EuGH hat mit Urteil Senatex GmbH vom 15.9.2016 (C-518/14) entschieden, dass eine Rechnung dann nicht rückwirkend berichtigt werden kann, wenn eine zwingende Angabe fehlt, so dass das Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf die berichtigte Rechnung nicht für das Jahr ausgeübt werden kann, in dem diese Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde, sondern für das Jahr, in dem sie berichtigt wurde.
Voraussetzung für die Rückwirkung einer Berichtigung auf den Zeitpunkt, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde, ist auch nach der Rechtsprechung des BFH, dass es sich um eine berichtigungsfähige Rechnung nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UStDV handelt.
Bei Dauerschuldverhältnissen erfüllt ein Vertrag nur dann die Funktion einer Rechnung in diesem Sinne, wenn in dem Vertrag die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist und zudem ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich die Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt.
Die jeweils gesetzliche Umsatzsteuer bei einer Vermietung beträgt im Regelfall 0 Euro, wenn nicht (ausdrücklich) auf die Steuerbefreiung des Umsatzes verzichtet wird. Allein der Passus „zuzüglich der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer” im Mietvertrag ohne einen expliziten Hinweis auf die Ausübung der Option seitens des Vermieters genügt in diesem Fall den Anforderungen an den Ausweis der Umsatzsteuer nicht.
Zwar kann in der Ausstellung einer Rechnung unter Ausweis von Umsatzsteuer ein Verzicht auf die betreffende Steuerbefreiung zu erkennen sein. Dies muss aber eindeutig sein. Rudimentäre Angaben zur „gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer” reichen nicht aus. Dies gilt umso mehr, wenn sich auch aus den Zahlungsbelegen ein ausreichender und hinreichend konkreter Ausweis der Umsatzsteuer nicht ergibt. Das heißt, zumindest muss sich aus Zahlungsbelegen ein „konstanter Umsatzsteuerbetrag“ bei einem „konstanten Umsatzsteuersatz“ herauslesen lassen.
Ein Vorsteuerabzug darf zwar nicht allein wegen der unzureichenden Leistungsbeschreibung einer Rechnung versagt werden, wenn die Steuerbehörde über alle notwendigen Informationen verfügt, um zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen für die Ausübung des Rechts zum Vorsteuerabzug vorliegen. Doch auch in diesem Fall muss aus eventuell weiteren Belegen eindeutig hervorgegen, von welchem gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuerbetrag ausgegangen wird.
In Anbetracht dessen, dass der Leistungsempfänger keinen höheren Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer abziehen kann, als in der Rechnung gesondert ausgewiesen ist, ist der Ausweis des Umsatzsteuerbetrages insoweit nicht verzichtbar.
Praxishinweise
Zwar entsprach der jeweilige Überweisungsbetrag im Urteilsfall rein rechnerisch der vereinbarten Miete (zuzüglich Nebenkosten) plus 19 Prozent Umsatzsteuer. Die Zahlungsbelege ließen aber nicht leicht und einwandfrei die Aufteilung in Entgelt und Umsatzsteuer erkennen, so dass sie den „Fehler“ in dem Mietvertrag, also die fehlende ausdrückliche Option mit Ausweis der konkreten Umsatzsteuer, nicht heilen konnten – so das FG Münster.
Die Sichtweise des FG Münster entspricht der Auffassung des BMF im Schreiben vom 18.9.2020.[2] Danach gilt: Bei einem fehlenden oder auch nur zu geringen Ausweis der Steuer fehlen die materiellen Voraussetzungen für der Vorsteuerabzug; der Fehler ist so schwerwiegend, dass die Rechnung hier nicht rückwirkend berichtigt werden kann. Eine Ausnahme soll nur für den Fall des § 13b UStG gelten, wenn also der Leistende in der Rechnung „Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers“ vermerkt, sich dies als falsch herausstellt und in der korrigierten Rechnung die Umsatzsteuer dann doch ausgewiesen wird.
Vermieter und Mieter sollten umgehend prüfen, ob ihre Mietverträge den Anforderungen des FG Münster standhalten. Wichtig ist dabei auch, dass der Mietvertrag eine Rechnungsnummer und die Steuernummer oder USt-IdNr. des Leistenden enthält.[3] Die Mieter sollten zudem darauf achten, dass die einzelnen Zahlungsbelege (Überweisungsträger) die jeweiligen Leistungsabschnitte (z.B. Monate, Quartale) und die konkret gezahlte Umsatzsteuer erkennen lassen.[4] In Zweifelsfällen sollten Vermieter jeweils bis zum 31.12. eine Jahresrechnung mit allen notwendigen Angaben erstellen bzw. sollten Mieter eine Jahresrechnung verlangen.
Noch ein Hinweis zur Absenkung des Steuersatzes im zweiten Halbjahr 2020:<<verlinken auf: https://test-beitraege-stbv.firefly-haj.de/2020/07/01/bmf-schreiben-zur-befristeten-absenkung-der-umsatzsteuer/ Es reicht(e) aus, wenn der Vertrag durch ergänzende Unterlagen angepasst worden ist, die unter Bezug auf den ursprünglichen Vertrag alle erforderlichen Informationen zum Entgelt und Steuersatz für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 enthalten haben.[5]
Seminarempfehlung: Umsatzsteuer in der Immobilienwirtschaft
[1] FG Münster, Urteil vom 29.9.2020, 15 K 2680/18 U, rkr., EFG 2021, 73
[2] BMF-Schreiben vom 18.9.2020 – III C 2-S 7286-a/19/10001:001, BStBl I 2020, S. 976
[3] Vgl. hierzu auch FG München, Urteil vom 4.12.2008, 14 K 1781/08, DStRE 2009, S. 1130 Nr. 18
bzgl. der Verträge, die vor dem 1.1.2004 abgeschlossenen worden sind
[4] Vgl. BFH 7.7.1988, V B 72/86, BStBl II 1988, S. 913 sowie Abschn. 14.1 Abs. 2 Satz 2 UStAE
[5] BMF-Schreiben vom 30.6.2020 – III C 2-S 7030/20/10009:004, BStBl I 2020, S. 584, Tz. 3.3.1
Stand: 09.02.2021