Übt ein Mitunternehmer einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft nur in geringem Umfang eigene zahnärztliche Beratungs- oder Behandlungsleistungen unmittelbar an Patienten und im ganz überwiegenden Umfang Tätigkeiten in den Bereichen Organisation, Verwaltung und Leitung der Partnerschaftsgesellschaft aus, so entspricht dies nicht mehr dem Leitbild der selbständig ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzt.
Die Tätigkeit eines solchen Mitunternehmers ist dann als gewerblich anzusehen, auch wenn er approbierter Zahnarzt ist, und infiziert die gesamten Einkünfte der Partnerschaftsgesellschaft als gewerblich.
FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.9.2021 – 4 K 1270/19, EFG 2022, 490 (Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 4/22)
Strittig war, ob die für eine Partnerschaftsgesellschaft festgestellten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit festzustellen sind.
Im Streitfall lag eine zahnärztliche PartG mit 6 Berufsträgern und 5 angestellten Zahnärzten vor. Der Gesellschafter Dr. AM erbrachte weit unterdurchschnittliche Leistungen im Rahmen seiner zahnärztlichen Tätigkeit (rd. 0,028 % der Gesamtumsatzerlöse). Die übrigen Gesellschafter forderten Dr. AM mit Gesellschafterbeschluss auf, die im Gesellschaftsvertrag zugesagte volle Arbeitskraft wieder zu Gunsten der PartG bereitzustellen.
Zu einem späteren Zeitpunkt schieden 4 Gesellschafter aus.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde der Umfang der zahnärztlichen Leistung, die Dr. AM erbrachte, diskutiert. Dr. AM trug im Rahmen der BP vor, dass seine Aufgaben in erheblichem Umfang in der Übernahme interner kaufmännischer Aufgaben bestanden habe.
Das FG Rheinland-Pfalz ging davon aus, dass die Gesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielte. Nach den auch und gerade für freiberufliche Mitunternehmerschaften anzulegenden Rechtsmaßstäben entspreche die Tätigkeit des Mitunternehmers Dr. AM im Streitjahr überwiegend nicht dem Berufsbild eines eigenverantwortlich und leitend tätigen Zahnarztes und sei daher weitgehend nicht als freiberufliche, sondern als gewerbliche Tätigkeit anzusehen. Hierdurch würden im Streitjahr die gesamten Einkünfte der Kl. gewerblich infiziert.[1]
Praxishinweis
Die Entscheidung dürfte über den entschiedenen Einzelfall hinaus bedeutsam sein. Sie birgt die Gefahr, dass gerade bei größeren Zusammenschlüssen von ansonsten freiberuflich Tätigen (Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater etc.) künftig verstärkt die Erzielung von freiberuflichen Einkünften hinterfragt wird.
Für betroffene Mitunternehmerschaften kann vorsorglich eine verstärkte Dokumentation interner Tätigkeitsprofile und -zeiten, die gesellschaftsvertragliche Vorgabe entsprechender Mindest-Leistungsumfänge im unmittelbar begünstigten Berufsbild und/oder eine Verlagerung von Organisation-, Verwaltungs- und Leitungsaufgaben auf externe, eindeutig gewerbliche Unternehmen (ggf. auch beteiligungsidentische Schwestergesellschaften) empfehlenswert sein.[2]
[1] § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
[2] Schmidt, EFG 2022, 498 (Urteilsanmerkungen)