Nach einer Betriebsaufgabe zu erstattende USt führt als nachträgliches Ereignis gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu einer Berichtigung im Jahre der Betriebsaufgabe. Nach Betriebsaufgabe entstandene Erstattungszinsen sind laufende nachträgliche Betriebseinnahmen (§ 24 Nr. 2 EStG) im Zuflussjahr.Der Einkommensteuerfestsetzung (in Bezug auf die Erstattungszinsen) steht nicht entgegen, dass nach Abschluss des Insolvenzverfahrens möglicherweise nur eine begrenzte Haftung für Masseverbindlichkeiten besteht.

FG Düsseldorf, Urt. v. 9.2.2023 – 9 K 2035/20 E, EFG 2023, 539 (Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 5/23)

 

Grundsätzliches

Das BMF-Schr. v. 5.7.2006[1] äußert sich zur Umsatzsteuerfreiheit für Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten und dessen ertragsteuerlichen Auswirkungen.

Ergibt sich infolge einer nachträglich gewährten Umsatzsteuerfreiheit eine nachträgliche Umsatzsteuererstattung und fließt diese Umsatzsteuererstattung nach einer Betriebsaufgabe oder –veräußerung zu, liegen nach Auffassung der Finanzverwaltung nachträgliche Einkünfte vor,[2] wenn sie nicht in der letzten Schlussbilanz auszuweisen waren. Eine Änderung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns ist damit laut Verwaltungsauffassung nicht verbunden.

Diese Rechtsauslegung ist umstritten und bedarf der abschließenden Klärung durch den BFH.

Zur erstmaligen Bilanzierung der Umsatzsteuererstattung aus der nachträglich gewährten Steuerfreiheit aus Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten bestimmt die Finanzverwaltung Folgendes:

 

Offene Frage

Ist eine nach Betriebsaufgabe erstattete Umsatzsteuer im Zuflussjahr als nachträgliche Einkünfte zu erfassen?

 

Sachverhalt

  • Streitjahr 2010
  • Der Kläger erzielte bis 2004 umsatzsteuerpflichtige Erlöse aus Geldspielgeräten.
  • Der Betrieb wurde 2004 aufgegeben, ohne dass eine Aufgabebilanz erstellt wurde.
  • Die Umsatzsteuererstattung für 2003 und für 2004 wurde nebst Zinsen gem.
    233a AO im August 2010 ausgezahlt.

Auffassung der Finanzverwaltung

  • Es liegen nachträgliche Einkünfte in 2010 vor, weil kein Ausweis in der letzten Schlussbilanz erfolgte; vgl. BMF-Schr. v. 5.7.2006 – BStBl I 2006, 418.

Entscheidung des FG Düsseldorf

  • Umsatzsteuererstattung ist bei Betriebsaufgabe zu berücksichtigen
    (rückwirkendes Ereignis gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO).
  • Nach Betriebsaufgabe entstandene Erstattungszinsen sind als nachträgliche Betriebseinnahmen (§ 24 Abs. 2 EStG) im Zuflussjahr zu erfassen.
  • Nur Zinsen bis zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe sind bis dahin bereits entstanden.
  • Erstattungszinsen sind keine außerordentlichen Einkünfte i.S.d. § 34 EStG.[3]

 

Praxishinweis

Die Entscheidung des FG Düsseldorf ist über den entschiedenen Einzelfall hinweg bedeutsam. Wird im Entscheidungsfall die Umsatzsteuererstattung in die Ermittlung des Aufgabeergebnisses einbezogen, kann sich dies auch auf die Steuerbelastung des Aufgabegewinns über die Gewährung einer Steuerermäßigung nach § 34 EStG auswirken.

 

[1] BMF-Schr. v. 5.7.2006 – BStBl I 2006, 418

[2] § 24 Nr. 2 i.V.m. § 15 EStG

[3] Siehe auch FG München v. 4.5.2021 – 2 K 1666/20, Rev. eingelegt, Az. des BFH: X R 2/22 (auf Erstattungszinsen auf außerordentliche Einkünfte kommt die Fünftelungsregelung nicht zur Anwendung)