Durch das JStG 2022[1] treten gravierende Änderungen bei der steuerlichen Abziehbarkeit des häuslichen Arbeitens ein.

In § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b) und Buchst. c) EStG wird nunmehr die steuerliche Abzugsfähigkeit des häuslichen Arbeitens geregelt.

Übersicht  
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG Häusliches Arbeitszimmer

Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sind nur dann ansetzbar, wenn dort der Tätigkeitsmittelpunkt liegt.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG Häusliches Arbeiten

Abzug einer Tagespauschale und zwar unabhängig davon, in welchem häuslichen Raum die Arbeit erbracht wird.

 

 

Gesetzliche Regelungen

Häusliches Arbeitszimmer:

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG bestimmt Folgendes:

Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern:

„Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung.

Dies gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Anstelle der Aufwendungen kann pauschal ein Betrag von 1.260 Euro (Jahrespauschale) für das Wirtschafts- oder Kalenderjahr abgezogen werden.

Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1 260 Euro um ein Zwölftel;“

Häusliches Arbeiten:

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG bestimmt Folgendes:

„Für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, kann für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 Euro (Tagespauschale), höchstens 1.260 Euro im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden.

Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird.

Der Abzug der Tagespauschale ist nicht zulässig, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der (§ 4 Abs. 5 Satz 1)[2] Nummer 6a (EStG)[3] oder des § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 (EStG)[4] abgezogen werden können oder soweit ein Abzug nach (§ 4 Abs. 5 Satz 1)[5] Nummer 6b (EStG)[6] vorgenommen wird;“

Praxishinweis

Über § 9 Abs. 5 EStG gelten dieses Abzugsverbot bzw. diese Abzugseinschränkung gleichermaßen für den Werbungskostenabzug und über § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 EStG auch bei Geltendmachung von Sonderausgaben für die erstmalige Berufsausbildung.

Ob das häusliche Arbeitszimmer betrieblich oder beruflich erforderlich ist, ist unerheblich.[7] Die Abzugseinschränkung bzw. das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG kommt begrifflich nicht zur Anwendung, sofern ein außerhäusliches Arbeitszimmer[8] oder eine betriebsstättenähnliche Einrichtung vorliegt.[9]

 

Zeitliche Anwendung

In § 52 Abs. 6 Satz 12 EStG wird der zeitliche Anwendungsbereich der Neuregelung bestimmt. Diese ist für nach dem 31. Dezember 2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden.

Praxishinweis

Bei den Überschusseinkünften kommt die Neuregelung ab dem VZ 2023 zur Anwendung. Entsprechendes gilt bei Gewinneinkünften, sofern das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht. Weicht das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab, gilt für den Teil des im Kalenderjahr 2023 liegenden Wirtschaftsjahres die gesetzliche Neuregelung.

 

Aufzeichnungspflichten nach § 4 Abs. 7 EStG

Nach Maßgabe von § 4 Abs. 7 EStG sind Aufwendungen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, nicht aber nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen.

Praxishinweis

Die Homeoffice-Pauschale ist bislang einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Die Tagespauschale wird demgegenüber in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG geregelt. Hierfür gilt nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 7 EStG das Gebot der einzelnen und getrennten Aufzeichnung nicht. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber dieses eventuelle Versehen in künftigen Gesetzen ändern wird.

 

Aufwendungen für Arbeitsmittel und Telekommunikationskosten

Aufwendungen für Arbeitsmittel und Telefon-/Internetkosten werden von der gesetzlichen Neuregelung nicht erfasst. Sind solche Aufwendungen betrieblich oder beruflich veranlasst, sind sie neben den Arbeitszimmeraufwendungen oder neben der Tagespauschale absetzbar.[10]

 

Häusliches Arbeitszimmer

  • Neuregelung ab 2023

Die (tatsächlichen) Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können nur noch in Ansatz gebracht werden, sofern sich dort der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung befindet. Ob dauerhaft ein anderer Arbeitsplatz[11]anderweitig zur Verfügung steht, ist – im Gegensatz zum Regierungsentwurf[12] – irrelevant.

Praxishinweis

Ein auf 1.250 EUR beschränkter Kostenabzug für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers wird bis 2022 zugelassen, sofern sich in dem häuslichen Arbeitszimmer zwar nicht der Tätigkeitsmittelpunkt befindet, für die jeweilige Tätigkeit aber ansonsten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Eine solche Abziehbarkeit für die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers sieht § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG n. F. nicht vor.

Nunmehr kann -allenfalls eine Tagespauschale nach Maßgabe von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG in Ansatz gebracht werden. Im Ergebnis führt dies zu erheblichen Steuervereinfachungen, weil das Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers nicht mehr zu prüfen und nachzuweisen ist. Auch entfällt die tatsächliche Kostenermittlung zugunsten des Ansatzes einer Tagespauschale. Begründet ein häusliches Arbeitszimmer bislang insbesondere wegen des Überschreitens der Grenze von 20.500 EUR[13] Betriebsvermögen und ist ab 2023 lediglich eine Tagespauschale statt eines Kostenaufwandes von max.
1.250 EUR abziehbar, löst der Systemwechsel m. E. keine (Zwangs-) Entnahme aus.

Liegt im häuslichen Arbeitszimmer der Tätigkeitsmittelpunkt, können weiterhin die tatsächlichen Kosten steuermindernd geltend gemacht werden.

Praxishinweis

Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, der den vollständigen Kostenabzug für ein häusliches Arbeitszimmer eröffnet, ist für sämtliche Tätigkeiten und nicht nur isoliert für die einzelne Tätigkeit zu bestimmen. Unerheblich ist, dass das häusliche Arbeitszimmer der Mittelpunkt derjenigen Tätigkeit ist, die dort ausgeübt wird.[14] Die bisherige Rechtsauslegung hat auch für die ab 2023 zur Anwendung kommende Rechtslage Bedeutung.

Neu ist, dass statt der tatsächlichen Aufwendungen hierfür auch eine Jahrespauschale von 1.260 EUR beansprucht werden kann. Bei der Jahrespauschale handelt es sich ausweislich der Gesetzesbegründung um einen personenbezogenen Pauschbetrag.

Praxishinweis

Bei Wahl der Jahrespauschale entfällt die Notwendigkeit der Kostenermittlung. Liegt im häuslichen Arbeitszimmer nur zeitweise der Tätigkeitsmittelpunkt, wird die Jahrespauschale nur zeitanteilig gewährt.[15] Von einer Jahrespauschale kann dann nicht mehr gesprochen werden. Entfällt die Jahrespauschale für einzelne Monate, kann innerhalb des Kürzungszeitraums die Tagespauschale bei häuslichem Arbeiten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG geltend gemacht werden.

Liegt der Tätigkeitsmittelpunkt zwar zu Hause, wird die betriebliche und berufliche Tätigkeit aber zeitweise außerhalb eines häuslichen Arbeitszimmers ausgeübt, kommt ein Kostenabzug der nachfolgend dargestellten Tagespauschale für ein häusliches Arbeiten in Frage.

 

Zusammenfassende Beispiele

Beispiel 1

Ein ArbN ist im VZ 2022 bzw. im VZ 2023 drei Tage in seinem häuslichen Arbeitszimmer und zwei Tage in der Firma tätig. Weitere Einkünfte erzielt der ArbN nicht.

Bisherige Rechtslage (bis VZ 2022)

Ein unbeschränkter Kostenabzug wird gewährt, weil sich in dem häuslichen Arbeitszimmer durch die zeitlich überwiegende Tätigkeit zu Hause der Tätigkeitsmittelpunkt befindet.[16] Die Unterhaltung eines anderen Arbeitsplatzes am Firmensitz ist unerheblich.

Neue Rechtslage (ab VZ 2023)

Ein unbeschränkter Kostenabzug ist auch ab dem 2023 weiterhin zulässig. Statt der tatsächlichen Aufwendungen kann die Jahrespauschale von 1.260 EUR angesetzt werden.

Abwandlung

Wie Beispiel zuvor, der ArbN ist aber nur vom 1.1.-30.6. drei Tage im Homeoffice und zwei Tage in der Firma tätig. Ab 1.7. übt er seine berufliche Tätigkeit ausschließlich von dem in der Firma befindlichen Schreibtisch aus.

Bisherige Rechtslage (bis VZ 2022)

Ein unbeschränkter Kostenabzug wird für den Zeitraum vom 1.1. bis zum 30.6. gewährt, weil sich in dem Homeoffice durch die zeitlich überwiegende Tätigkeit der Tätigkeitsmittelpunkt befindet. Die Unterhaltung eines anderen Arbeitsplatzes in der Firma ist unerheblich.

Neue Rechtslage (ab VZ 2023)

Ein unbeschränkter Kostenabzug ist auch ab dem VZ 2023 für den Zeitraum vom 1.1. bis zum 30.6. zulässig (Tätigkeitsmittelpunkt). Statt der tatsächlichen Aufwendungen kann die zeitanteilige Jahrespauschale von (1.260 EUR x 6/12=) 630 EUR angesetzt werden.

Beispiel 2

A ist als Rechtsanwalt in München als ArbN beschäftigt. A unterhält daneben in seiner angemieteten Wohnung ein häusliches Arbeitszimmer für seine nebenberuflich ausgeübte freiberufliche Anwaltstätigkeit.

Die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten betragen 2.500 EUR im VZ.

Lösung (VZ 2022)

Ein vollständiger BA-Abzug der Arbeitszimmeraufwendungen scheidet aus, weil dort kein Tätigkeitsmittelpunkt für sämtliche betrieblichen und beruflichen Betätigungen vorliegt.[17]

Ein Kostenabzug von max. 1.250 EUR ist zulässig, weil für die freiberufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Ob der Abzugshöchstbetrag von 1.250 EUR unter Berücksichtigung der Mietkostensteigerungen der letzten Jahre und der erhöhten Energiekosten noch verfassungsgemäß ist, bleibt der Beurteilung der Rechtsprechung vorbehalten.[18]

Lösung (VZ 2023)

Ein Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer scheidet aus, weil dort kein Tätigkeitsmittelpunkt für sämtliche betrieblichen und beruflichen Betätigungen liegt. Allenfalls kann die Homeoffice-Tagespauschale von 6 EUR nach Maßgabe von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG in Ansatz gebracht werden.[19]

Dies setzt u. a. voraus, dass die betriebliche Tätigkeit an diesen Tagen in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird. Ein überwiegendes häusliches Arbeiten dürfte in den Fällen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 2 EStG nicht nötig sein. Eine Klarstellung der Finanzverwaltung ist geboten.

Häusliches Arbeiten

  • Grundsätzliches

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG kann eine Tagespauschale für das häusliche Arbeiten geltend gemacht werden.

Praxishinweis

Für den Ansatz der Tagespauschale in Höhe von 6 EUR/täglich (max. 1.260 EUR im Jahr) muss kein häusliches Arbeitszimmer existieren. Entscheidend ist die Anzahl der zu berücksichtigenden häuslichen Arbeitstage.

Im neuen Recht muss unterschieden werden, ob für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder nicht.

Steht kein anderer Arbeitsplatz dauerhaft zur Verfügung, kann für jeden Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird, für die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung ein Betrag von 6 EUR (Tagespauschale), höchstens 1.260 EUR im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, abgezogen werden. Ein überwiegendes häusliches Tätigwerden dürfte in diesem Fall nicht erforderlich sein.

Praxishinweis

Die bis Ende 2022 geltende Homeoffice-Pauschale betrug 5 EUR, max. 600 EUR im Jahr. Damit wirkten sich steuerlich bislang max. 120 Arbeitstage aus. Nunmehr erhöht sich die Anzahl der steuerwirksamen Arbeitstage auf 210. Gleichwohl tritt eine steuerliche Auswirkung bei ArbN-Einkünften nur dann ein, wenn die Summe der tatsächlichen Werbungskosten den ArbN-Pauschbetrag[20] i.H.v. 1.200 EUR (VZ 2022) bzw. 1.230 EUR
(VZ 2023) im Veranlagungsjahr übersteigt. Kommt der maximale Abzugsbetrag von
1.260 EUR zur Anwendung und liegen keine weiteren WK vor, wirkt sich die gedeckelte Tagespauschale geringfügig bei den WK aus.

Der Regierungsentwurf zum JStG 2022 sah eine Tagespauschale von
5 EUR und eine Deckelung auf 1.000 EUR vor. Die Erhöhung auf 6 EUR täglich, max. 1.260 EUR, erfolgte im Laufe des Gesetzgebungsverfahren insbesondere, um eine Schlechterstellung bestimmter Fallgruppen auch im Vergleich zur bisherigen Rechtslage zu verhindern.

Praxishinweis

Künftig müssen gegenüber der Finanzverwaltung die berücksichtigungsfähigen häuslichen Arbeitstage und eventuell die überwiegende häusliche Arbeit dokumentiert werden. Aufzeichnungen dürften sich anbieten, wenngleich m. E. im Rahmen der sachgerechten Schätzung eine Glaubhaftmachung durch schlüssige Angaben[21] ausreichend sein dürfte.

  • Die Tagespauschale „kann“ abgezogen werden. Die erforderlicheWahlrechtsausübung erfolgt mit der Abgabe der Steuererklärung.
  • Abgestellt wird auf die jeweilige betriebliche oder berufliche Tätigkeit, die in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird. Die Betrachtung erfolgt „tätigkeitsbezogen“.
  • Die Tagespauschale kann bei Arbeiten in der häuslichen Wohnung abgesetzt werden. Ob es sich bei der häuslichen Wohnung um den Erstwohnsitz oder eine Zweitwohnung (z. B Ferienwohnung) handelt, ist unerheblich.
  • Erforderlich ist das überwiegende häusliche Arbeiten. Das Tatbestandsmerkmal „überwiegend“ dürfte zeitlich zu definieren sein. Heranzuziehen sein dürfte die an einem Tag tatsächlich geleistete Arbeitszeit, die von der vereinbarten Regelarbeitszeit abweichen kann. Ob Dienstreisezeiten nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen oder nach tatsächlicher Auswärtstätigkeitszeit einzubeziehen sind, bleibt abzuwarten. M. E. müsste – unabhängig von arbeitsrechtlicher Regelungen – auf die tatsächliche Auswärtstätigkeitszeit am jeweiligen Kalendertag abgestellt werden. Eine „ausschließliche“ häusliche Tätigkeit ist – im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – nicht mehr erforderlich.
  • Trotz überwiegender häuslicher Tätigkeit scheidet die Tagespauschale aus, sofern eine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird (Negativabgrenzung) und außerhalb der häuslichen Wohnung dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Gesetzeswortlaut irritiert, weil nach der Verwaltungsauffassung in der häuslichen Wohnung keine erste Tätigkeitsstätte unterhalten werden kann.[22] Ein Nebeneinander zwischen der Tagespauschale und der Entfernungspauschale soll es insoweit nicht geben, so die Gesetzesbegründung. Liegt am Betriebssitz zwar keine erste Tätigkeitsstätte, aber ein Sammelpunkt[23] und befindet sich dort ein dauerhafter Arbeitsplatz, dürfte die Entfernungspauschale neben der Tagespauschale in Ansatz zu bringen sein. Der Gesetzgeber hatte diese Fallvariante offensichtlich nicht im Blick.

Beispiel

Dem ArbN A wird vom ArbG im Betrieb ein Arbeitsplatz dauerhaft zur Verfügung gestellt. Im Betrieb unterhält A auch seine erste Tätigkeitsstätte[24]. Er arbeitet am 5.5.2023 insg. fünf Stunden zu Hause und drei Stunden auswärts (Reisetätigkeit zu einem Kunden).

Lösung

Ein Abzug von 6 EUR (Tagespauschale) für das häusliche Arbeiten am 5.5.2023 ist ab dem VZ 2023 zulässig. Im VZ 2022 schied ein Ansatz aus, weil für den Ansatz der Homeoffice-Pauschale eine ausschließliche Tätigkeit zu Hause verlangt wurde.

Abwandlung

Wie Bsp. zuvor, allerdings fährt A für drei Stunden in den Betrieb (= erste Tätigkeitsstätte).

Lösung

Ein Abzug von 6 EUR (Tagespauschale) scheidet für den 5.5.2023 aus, da am Tag der überwiegenden Tätigkeit zu Hause auch eine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wird. Selbst ein nur kurzzeitiges Aufsuchen der ersten Tätigkeitsstätte dürfte den Ansatz der Tagespauschale ausschließen. Damit scheidet der taggleiche Ansatz der Tagespauschale und der Entfernungspauschale in diesem Fall aus.

Praxishinweis

Diese Abzugsgrundsätze gelten auch für die Geltendmachung von Sonderbetriebsausgaben. Wird beispielsweise ein Mitunternehmer einer PersG am Wochenende ausschließlich zu Hause beruflich tätig, eröffnet die neue Rechtslage einen Abzug der Tagespauschale.

Steht für die jeweilige betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, ist ein Abzug der Tagespauschale zulässig, auch wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. Im Gegensatz zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 1 EStG kommt es nicht darauf an, dass der Tätigkeit überwiegend zu Hause nachgegangen wird.

Beispiel

Der ArbN A arbeitet am 5.5.2023 insg. zwei Stunden zu Hause. Für vier Stunden fährt er in den Betrieb seines ArbG B (= erste Tätigkeitsstätte). Am Ort der ersten Tätigkeitsstätte unterhält A dauerhaft keinen Arbeitsplatz.

Lösung (Rechtslage 2023)

Ein Abzug von 6 EUR (Tagespauschale) für das häusliche Arbeiten für den 5.5.2023 ist ansetzbar, weil A am 5.5.2023 auch zu Hause arbeitet. Es kommt nicht darauf an, dass A am 5.5.2023 zu Hause überwiegend tätig wird, weil ihm außerhalb des häuslichen Bereichs kein dauerhafter Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Für die Fahrt zur ersten Tätigkeitsstätte kann A neben der Tagespauschale auch die Entfernungspauschale ansetzen. Es bleibt abzuwarten, ob die FinVerw. in einem zu erwartenden BMF-Schreiben diese Rechtsauslegung übernehmen wird.

Praxishinweis

In sog. Lehrerfällen dürfte i.d.R. in der Schule dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehen. Ein Abzug der Tagespauschale dürfte zulässig sein, selbst wenn nicht überwiegend einer häuslichen Arbeit nachgegangen wird.

 

  • Ausschlusstatbestände

Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 3 EStG ist ein Abzug der Tagespauschale ausgeschlossen, soweit für die Wohnung Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung abgezogen werden können oder soweit ein Abzug der tatsächlichen Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer vorgenommen wird.

Praxishinweis

Bislang konnte die Homeoffice-Pauschale neben den auf 1.000 EUR gedeckelt abziehbaren Unterkunftskosten einer inländischen doppelten Haushaltsführung geltend gemacht werden.[25] Ab dem VZ 2023 entfällt dieser zusätzliche Kostenabzug.

 

 Fazit

Der Kostenabzug für das häusliche Arbeiten ändert sich ab 2023 gravierend. Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer können nur noch dann angesetzt werden, wenn sich dort der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung befindet. In allen anderen Fällen kommt ein Abzug der neuen „Homeoffice-Tagespauschale“ zur Anwendung. Für den Abzug der Tagepauschale von 6 €, max. 1.260 € im Jahr, ist ein häusliches Arbeiten bedeutsam, unerheblich ob die Tätigkeit im oder außerhalb eines häuslichen Arbeitszimmers erfolgt. Zudem ist zu unterscheiden, ob dauerhaft ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht oder nicht. Steht dieser zur Verfügung, ist ein Kostenabzug u. a. nur dann abziehbar, wenn die Tätigkeit überwiegend zu Hause erfolgt. Eine überwiegende häusliche Tätigkeit ist jedoch nicht nötig, wenn dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz außerhalb des häuslichen Bereichs zur Verfügung steht.

 

 

[1] JStG 2022 v. 16.12.2022 – BGBl I 2022, 2294

[2] Ergänzung des Verfassers

[3] Ergänzung des Verfassers

[4] Ergänzung des Verfassers

[5] Ergänzung des Verfassers

[6] Ergänzung des Verfassers

[7]Vgl. BFH, Urteil v. 3.4.2019 – VI R 46/17, BStBl 2022 II S. 358

[8]Vgl. BFH, Urteil v. 8.10.2020 – VIII B 59/20, BFH/NV 2021 S. 181

[9]Vgl. BFH, Urteil v. 29.1.2020 – VIII R 11/17, BStBl 2020 II S. 445

[10] So auch BMF-Schr. v. 6.10.2017 – IV C 6- S 2145/07/10002:019, BStBl I 2017, 1320 und BMF-Schr. v. 9.7.2021 – IV C 6-S 2145/19/10006:013, NWB, UAAAH-86799

[11] Siehe hierzu BMF-Schr. v. 6.10.2017 – IV C 6- S 2145/07/10002:019, BStBl I 2017, 1320 Rz. 14

[12] BR-Drucks. 457/22 v. 16.9.2022

[13] § 8 EStDV

[14]         BFH-Urt. v. 13.6.2020 – VIII B 166/19, BFH/NV 2020, 1255

[15] § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG

[16]         BFH-Urt. v. 23.5.2006 – VI R 21/03, BStBl II 2006, 600

[17] BFH-Beschl. v. 13.6.2020 – VIII B 166/19, BFH/NV 2020, 1255

[18] Bedenken hiergegen Seifert, Stbg 2022, 1

[19] Siehe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c Satz 2 EStG und nachfolgende Ausführungen.

[20] § 9a Satz 1 Nr. 1a) EStG

[21] Siehe auch BMF-Schr. v. 9.7.2021 – IV C 6-S 2145/19/10006:013, NWB, UAAAH-86799

[22]  BMF-Schr. v. 25.11.2020 – IV C 5-S 2353/19/10011:006, BStBl I 2020, 1228 Rz. 4

[23] § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 EStG

[24] § 9 Abs. 4 EStG

[25]         LfSt Rheinland-Pfalz v. 10.8.2021 – S 2354 A-St 31 6, juris