In § 8 Abs. 4 EStG wird seit 2020 definiert, was unter einer Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu verstehen ist.
Danach gilt Folgendes:
„(4) 1Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
- die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
- bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht
wird.
2Unter den Voraussetzungen des Satzes 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.“
Bis zum VZ 2019 fehlte eine gesetzliche Definition des Begriffs der „Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“.
Beispiel 1
Der Arbeitnehmer hat nach seinem Arbeitsvertrag Anspruch auf einen – nicht tarifgebundenen – Bruttoarbeitslohn von monatlich 2.500 EUR. Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber im Dezember 2021, den Arbeitslohn ab Januar 2022 auf monatlich
2.400 EUR herabzusetzen und als Ausgleich einen ansonsten nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfreien Kindergartenzuschuss (100 EUR/mtl.) zu leisten. Die Entgeltumwandlung ist arbeitsrechtlich wirksam.
Lösung
Der Kindergartenzuschuss ist steuerpflichtig, weil keine Arbeitgeberzusatzleistung vorliegt. Der bisherige Anspruch auf Arbeitslohn wird zugunsten einer anderen Leistung herabgesetzt, was nicht zum Vorliegen einer Arbeitgeberzusatzleistung führt.[1] Dies dürfte auch bei im gegenseitigen Einvernehmen abgeschlossenen Änderungsverträgen oder einvernehmlichen Änderungskündigungen zu unbefristeten Arbeitsverträgen gelten. Der steuerpflichtige Bruttoarbeitslohn beträgt weiterhin monatlich 2.500 EUR – auch ab Januar 2022.
Praxishinweis
Der BFH hat zu der bis einschließlich 2019 geltenden Rechtslage entschieden, dass eine zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Leistung selbst dann vorliegt, wenn der bisherige Arbeitslohn in arbeitsrechtlich zulässigerweise reduziert und als Ausgleich hierfür sodann eine steuerbegünstigte Leistung erbracht wird.[2]
Trotz der Veröffentlichung der günstigen BFH-Rechtsprechung im BStBl wendete die FinVerw. diese bislang nur auf die entschiedenen Einzelfälle an (Nichtanwendungserlass).[3] Mittlerweile hat die Finanzverwaltung ihre einschränkende Auffassung aufgegeben und die unliebsame Rechtsprechung in allen noch offenen Fällen anerkannt.[4] Der bisherige Nichtanwendungserlass wurde aufgehoben.
Beispiel 2 (zur Rechtslage bis 2019)
Der Arbeitnehmer hat nach seinem Arbeitsvertrag Anspruch auf einen – nicht tarifgebundenen – Bruttoarbeitslohn von monatlich 2.500 EUR. Er vereinbart mit seinem Arbeitgeber im Dezember 2018, den Arbeitslohn ab Januar 2019 auf monatlich
2.400 EUR herabzusetzen und als Ausgleich einen ansonsten nach § 3 Nr. 33 EStG steuerfreien Kindergartenzuschuss (100 EUR/mtl.) zu leisten. Die Entgeltumwandlung ist arbeitsrechtlich wirksam.
Lösung
Der Kindergartenzuschuss ist steuerfrei, weil eine Arbeitgeberzusatzleistung vorliegt. Der steuerpflichtige Bruttoarbeitslohn beträgt 2.400 EUR ab Januar 2019.
[1] § 8 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des JStG 2020
[2] BFH-Urt. v. 1.8.2019 – VI R 32/18, BStBl II 2020, 106
[3] BMF-Schr. v. 5.2.2020 – BStBl I 2020, 222
[4] BMF-Schr. v. 5.1.2022 – BStBl I 2022, 61