[vc_row el_class=“css_individuell_posts“][vc_column css=“.vc_custom_1453901736908{padding-right: 5% !important;padding-left: 5% !important;}“][vc_column_text]BFH: Zinssatz bereits ab 2012 unangemessen
Mit Beschluss des VIII. Senats vom 3.9.2018 (Az. VIII B 15/18) hat der Bundesfinanzhof (BFH) das zweite Mal in diesem Jahr zur Höhe des steuerverfahrensrechtlichen Zinssatzes Stellung bezogen. Bereits am 25.4.2018 hatte der IX. Senat des BFH (Az. IX B 21/18) erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe des Zinssatzes ab April 2015 geäußert.
Dem hat sich der VIII. Senat des BFH angeschlossen und gewährte die beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Der Senat erweiterte darüber hinaus den Zeitraum: die Höhe des Zinssatzes sei schon seit (November) 2012 verfassungsrechtlich zweifelhaft.
Vor dem Hintergrund der anhaltenden Niedrigzinsphase bemängelte der BFH u. a. erneut die „realitätsferne Bemessung“ des Zinssatzes, die wie ein „sanktionierender, rechtsgrundloser Zuschlag“ wirke. Auch der Typisierung des Zinssatzes aus Gründen der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung erteilten die Richter angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten abermals eine Absage.
Das Gericht stellte außerdem klar: Die Entscheidungsgründe beziehen sich auf die Höhe des Zinssatzes nach § 238 AO. Sie gelten nach Auffassung des BFH daher nicht nur für Nachzahlungszinsen, sondern z. B. – wie im Streitfall – auch für Aussetzungszinsen.
BMF gewährt AdV
Die BFH-Entscheidung vom 25.4.2018 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) in einem Schreiben vom 14.6.2018 aufgegriffen (IV A 3 – S 0465/18/10005-01). Hiernach sind die Finanzämter bis auf Weiteres angewiesen, die Vollziehung für alle verfahrensrechtlichen Zinsen, die ab April 2015 entstanden sind, auf Antrag auszusetzen. Ob das Schreiben auf Grundlage der jüngsten BFH-Entscheidung vom 3.9.2018 angepasst wird, bleibt abzuwarten.
BVerfG ebenfalls gefordert
Aufgrund zweier anhängiger Verfassungsbeschwerden wird sich auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) abermals mit der Höhe des steuerlichen Zinssatzes befassen – und zwar für Zeiträume nach dem 31.12.2009 (Az. 1 BvR 2237/14) bzw. nach dem 31.12.2011 (Az. 1 BvR 2422/17). Der Zinssatz stand schon 2009 auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. Die Beschwerde wurde allerdings seinerzeit abgewiesen (Az. 1 BvR 2539/07). Eine Entscheidung aus Karlsruhe wird in naher Zukunft erwartet.
Praxistipp: Unbedingt Einspruch einlegen
Der Steuerrechtsausschuss des DStV rät vor diesem Hintergrund: Gegen Zinsbescheide ohne entsprechenden Vorläufigkeitsvermerk sollte mit Verweis auf die anhängigen BVerfG-Verfahren fristgerecht Einspruch eingelegt werden, um den Bescheid offenzuhalten. Dies ist besonders wichtig, da Sie bzw. die Mandanten von einer günstigen Entscheidung des BVerfG nur in offenen Fällen profitieren können.
Des Weiteren bietet es sich an, Anträge auf AdV zu stellen. Für Zeiträume ab April 2015 sollten die Finanzämter diesen auf Grundlage des erwähnten BMF-Schreibens stattgeben. Mit Blick auf die jüngste BFH-Entscheidung dürften sich zudem die Erfolgschancen für einen AdV-Antrag bezüglich der Zeiträume ab November 2012 erhöht haben – auch wenn sich die Finanzverwaltung hierzu bislang bedeckt hält.
Auf politischer Ebene ist zwischenzeitlich ebenfalls Bewegung in die Sache gekommen: Hessen hat im August einen Gesetzentwurf (BR-Drs. 396/18) und einen Entschließungsantrag (BR-Drs. 397/18) zur Anpassung des Zinssatzes in den Bundesrat eingebracht. Auf Bundesebene hat jüngst die Bundestagsfraktion der FDP in einem Änderungsantrag (BT-Drs. 19/5613) zu dem gemeinhin als „JStG 2018“ bekannten Gesetz gleichsam eine Anpassung des Zinssatzes gefordert.
Auch der der DStV wird sich, wie schon in seinen Positionen zur Bundestagswahl 2017, weiterhin für eine Senkung des Zinssatzes stark machen.
Stand: 6.12.2018[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][/vc_column][/vc_row]