In den §§ 112 – 122 EStG hat der Gesetzgeber Regelungen für die Gewährung einer EPP geschaffen. Diese Regelung gilt nur für den VZ 2022.

Gegenwärtig ist fraglich, ob die nachträgliche Gewährung der Energiepreispauschale lt. EStG immer zu einer steuerlichen Belastung führt.

Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird in § 113 EStG definiert. Danach haben unbeschränkt Steuerpflichtige nach § 1 Abs. 1 EStG, die im VZ 2022 Einkünfte aus § 13, § 15, § 18 oder § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erzielen, Anspruch auf eine EPP lt. EStG.

Die Erzielung derartiger Einkünfte an nur einem einzigen Tag im VZ 2022 reicht bereits für die Begründung des Anspruchs auf EPP lt. EStG aus. Ob positive oder negative oder gar steuerfreie[1] Einkünfte erzielt werden, ist unerheblich.

Sofern eine anspruchsberechtigte Person die Energiepreispauschale lt. EStG im Laufe des Jahres 2022 nicht erhalten hat, kann sie über die Einkommensteuererklärung 2022 beansprucht werden.

Beispiel

A war bis zum 30.6.2022 als Arbeitnehmer beschäftigt und anschließend arbeitssuchend.

Lösung

A hat einen Anspruch auf die EPP lt. EStG. Eine Auszahlung durch einen Arbeitgeber erfolgte nicht, weil A zum 1.9.2022 nicht in einem aktiven Dienstverhältnis stand. Die EPP lt. EStG wird über die ESt-Veranlagung 2022 gewährt. Gleichzeitig wird die über die Veranlagung gewährte EPP lt. EStG steuerpflichtig gestellt;[2] die Steuerpflicht wird durch die Erhöhung des bisherigen steuerpflichtigen Arbeitslohns bewirkt.

Praxishinweis

Mit guten Gründen wird diese Steuerpflicht bezweifelt. Liegt eine Pflichtveranlagung nach
§ 46 Abs. 2 EStG vor, wird ein sog. Härteausgleich gewährt.[3] Nach § 46 Abs. 3 S. 1 EStG ist ein Betrag in Höhe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, von denen der Steuerabzug vom Arbeitslohn nicht vorgenommen worden ist, vom Einkommen abzuziehen, wenn diese Einkünfte insgesamt nicht mehr als 410 € betragen. Als (nachträglich) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit wird die im Rahmen der Veranlagung gewährte Energiepreispauschale gesehen. Da diese 410 € nicht übersteigt, wird die Anwendung des Härteausgleichs und damit eine Steuerfreiheit über die Hintertüre gefordert. Die Finanzverwaltung hat sich hierzu bislang nicht geäußert. Aufgrund der Vielzahl der Einsprüche gegen die bisherige steuerpflichtige Behandlung ist hiermit aber in Kürze zu rechnen.

[1] z.B. § 3 Nr. 26 EStG

[2] § 119 Abs. 1 S. 1 EStG

[3] § 46 Abs. 3 EStG