Zweites Corona-Steuerhilfegesetz verabschiedet: Vorsicht bei der Dienstwagenabrechnung!

 

 

Gesetzgebungsverfahren

Das Bundeskabinett hat am 12. Juni 2020 den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) beschlossen. Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben einen inhaltsgleichen Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht.[1] Der Finanzausschuss des Bundestags hat sich bereits am 23. Juni 2020 auf eine Beschlussfassung verständigt.[2] Eile war wegen der temporären Umsatzsteuersatzreduzierung, die ab dem 1. Juli 2020 zur Anwendung kommt, geboten.

Eine Beschlussfassung des Bundestages und die hierzu notwendige Zustimmung des Bundesrates erfolgten am 29. Juni 2020. Das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz wurde bereits am 30. Juni 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet.[3] Damit ist sichergestellt, dass dieses Gesetz am Tag nach der Verkündung – also am 1. Juli 2020 – rechtzeitig zum Beginn der Umsatzsteuersatzreduzierung zur Anwendung kommen kann.

 

Dienstwagen und inländischer Listenpreis

Der inländische Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung ist Bemessungsgrundlage insbesondere für den geldwerten Vorteil aus der privaten Nutzungsmöglichkeit und für den geldwerten Vorteil aus der Kfz-Nutzung für Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und diesen gleichgestellten Fahrten, sofern die Fahrtenbuchmethode nicht zur Anwendung kommt.

Der inländische Listenpreis definiert sich als Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuersatzreduzierung von 19 Prozent auf 16 Prozent, die für den Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 gilt, hat auch auf die Listenpreisermittlung eine Auswirkung.

Wird der Dienstwagen im ersten Halbjahr 2020 oder ab 2021 erstmals zugelassen, ist bei der Bruttolistenpreisermittlung der im Zeitpunkt der Erstzulassung gültige Umsatzsteuersatz von 19 Prozent zu berücksichtigen.

Wird der Dienstwagen im zweiten Halbjahr 2020 erstmals zugelassen, ist bei der Bruttolistenpreisermittlung der im Zeitpunkt der Erstzulassung gültige Umsatzsteuersatz von 16 Prozent zu berücksichtigen.

 

Übersicht

Erstzulassung … zwischen
1.1. und 30.6.2020
zwischen
1.7. und 31.12.2020
ab 1.1.2021
Netto-Listenpreis 50.000 EUR 50.000 EUR 50.000 EUR
zuzüglich Umsatzsteuer 19 Prozent 16 Prozent 19 Prozent
In EUR 9.500 EUR 8.000 EUR 9.500 EUR
Bruttolistenpreis 59.500 EUR 58.000 EUR 59.500 EUR

 

Praxishinweis

Es sind bereits jetzt Fälle bekannt geworden, in denen Autohäuser dem Käufer bereits mit Bestellung des Fahrzeugs z. B. im Februar 2020 den inländischen Listenpreis auf Basis der Annahme eines Umsatzsteuersatzes von 19 Prozent angegeben haben. Kommt es zu einer Erstzulassung im zweiten Halbjahr 2020, ist der im Zeitpunkt der Erstzulassung dann gültige Umsatzsteuersatz von 16 Prozent auf den Nettofahrzeugwert anzuwenden. Die Praxis ist gut beraten, die angegebenen Listenpreise zu hinterfragen.

Der inländische Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung wird einmalig ermittelt. Er ist Bemessungsgrundlage für die geldwerten Vorteile der Zukunft. D. h. es muss
– was auch oftmals gegenwärtig in der Beratungspraxis nachgefragt wurde – wegen der Umsatzsteuersatzveränderung keine Neuermittlung des Listenpreises vorgenommen werden.

 

 

Geldwerter Vorteil aus der Dienstwagengestellung und Herausrechnung der Umsatzsteuer

Es muss allerdings sichergestellt sein, dass die Umsatzsteuer aus dem sich aus der Dienstwagengestellung ergebenden geldwerten Vorteil mit 16 Prozent für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2020 herausgerechnet wird.

Beispiel: Dienstwagen: inländischer Listenpreis bei Erstzulassung = 60.000 EUR

Das Fahrzeug wird für betriebliche Fahrten und für Privatfahrten des Mitarbeiters genutzt. Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte liegen nicht vor.

 
Monate Jan.-Juni 2020 Juli-Dez. 2020 ab Jan. 2021
Privatnutzungsvorteil
(monatlich)
600 EUR/mtl. 600 EUR/mtl. 600 EUR/mtl.
hieraus Umsatzsteuer 19 Prozent 16 Prozent 19 Prozent
Umsatzsteuer
in EUR
95,80 EUR/mtl. 82,76 EUR/mtl. 95,80 EUR/mtl.

 

Praxishinweis

Es muss geprüft werden, ob durch die in die Finanzbuchhaltung zu übertragenden Buchungslisten die Umsatzsteuer automatisch mit dem ab Juli 2020 geltenden Umsatzsteuersatz herausgerechnet wird oder ob eine manuelle Anpassung der Konten der Buchungsliste vorzunehmen ist.

 

 

Elektrovollfahrzeuge: 60.000 EUR-Regelung und eventuelle Abrechnungskorrektur

Sofern ein Elektrovollfahrzeug vorliegt, ist als Bemessungsgrundlage für die private Nutzungsentnahme bzw. für die Berechnung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben nur ein Viertel des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung heranzuziehen.[4]

Begünstigt sind diejenigen Fahrzeuge, deren Anschaffung nach dem 31. Dezember 2018 und vor dem 1. Januar 2031 liegt, wenn das Kraftfahrzeug keine Kohlendioxidemission je gefahrenen Kilometer hat und der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs – so die bisherige Gesetzesfassung – nicht mehr als 40.000 EUR beträgt.

Kommt die individuelle Nutzungswertmethode (sog. Fahrtenbuchregelung) zur Anwendung, sind nur ein Viertel der Anschaffungskosten oder vergleichbare Aufwendungen (z. B. Leasingraten) zu berücksichtigen.[5]

 

Praxishinweis

Der Gesetzgeber hat nunmehr rückwirkend ab Jahresbeginn den bisherigen Listenhöchstbetrag von 40.000 € auf 60.000 € angehoben.

Zeitlicher Anwendungsbereich

Diese Änderung gilt rückwirkend ab dem 1. Januar 2020 für die vorgenannten Kraftfahrzeuge, die nach dem 31. Dezember 2018 angeschafft, geleast oder erstmalig zur privaten Nutzung überlassen wurden.[6]

Für die Umsetzungspraxis bedeutet dies: Eine rückwirkende Korrektur der privaten Nutzungsentnahme bzw. des über die Lohnabrechnung abgerechneten geldwerten Vorteils[7] ist vorzunehmen, wobei dies lohnsteuerlich zwingend nur gilt, wenn eine Korrektur nach Maßgabe von § 41c Abs. 1 Satz 2 EStG noch möglich ist.

 

Sozialversicherungsrechtlich ist davon auszugehen, dass eine rückwirkende Korrektur keine Auswirkung auf die Sozialversicherungsbeiträge hat (Grundsatz der vorausschauenden Betrachtung). In einem ähnlichen Fall hat die Sozialversicherung dies für eine rückwirkend eingeführte Pauschalierungsmöglichkeit nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG abgelehnt.[8]

 

 

 

[1] BT-Drs. 19/20058 v. 16.6.2020

[2] BT-Drs. 19/20332 v. 24.6.2020

[3] BGBl I 2020, 1512

[4] § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Nr. 3 EStG

[5] § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG

[6] § 52 Abs. 12 Satz 2 EStG

[7] Siehe § 41c Abs. 1 EStG

[8] Besprechungsergebnis der Sozialversicherungsträger v. 18.3.2020 TOP 5

 

 

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Stand: 7.7.2020