Verbilligte Wohnungsüberlassung: Gesetzesänderung mit Folgen und coronabedingter Mietausfall

 

 

Grundsätzliches

 

§ 21 Abs. 2 EStG bestimmt Folgendes:

 

„(2) 1Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 50 Prozent (VZ 2020: 66 Prozent) der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen.

2Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich.“

 

 

Praxishinweis

Es darf nicht verkannt werden, dass die 66 %-Grenze bzw. ab 2021 50 %-Grenze nach § 21 Abs. 2 S. 1 EStG unabhängig davon anzu­wenden ist, ob die Wohnung nahen Angehörigen oder fremden Dritten zu Wohnzwecken überlassen wird und ob das vereinbarte Entgelt aus vertraglichen oder tatsächlichen Gründen nicht erhöht werden kann.[1]

 

Reduzierung der 66 %-Grenze und § 82b EStDV

Durch das JStG 2020[2] wird die bisherige 66 %-Grenze gem. § 21 Abs. 2 S. 1 EStG auf 50 % reduziert. Der Gesetzgeber will mit dieser Änderung dem Umstand der vielerorts steigenden Mieten und des hohen Mietniveaus in Deutschland Rechnung tragen. Dadurch können insb. Vermieter, die im Interesse des Fortbestands ihrer oft langjährigen Mietverhältnisse davon Abstand nehmen, regelmäßig (zulässige) Mieterhöhungen vorzunehmen, ihre Werbungskosten auch bei verbilligter Wohnraumüberlassung mit Einkünfteerzielungsabsicht vollumfänglich abziehen, wenn das Entgelt mindestens 50 % der ortsüblichen Miete beträgt.

 

Praxishinweis

Diese Änderung kommt erstmals ab dem VZ 2021 zur Anwendung. Grds. bleibt aber festzuhalten, dass Vermieter, die auf regelmäßige Mietanpassungen verzichten, in die Kostenaufteilung hineinwachsen können.[3]

Mandanten sollten auf die Gefahr der Werbungskostenkürzung bei fehlender Mietanpassung hingewiesen werden.

Da die Gesetzes­änderung erst ab dem VZ 2021 gilt, ergeben sich insbesondere bis zum VZ 2020 erhöhte Kostenaufteilungsgefahren. Gestalterisch könnte daran gedacht werden, durch eine Verteilung größeren Erhaltungsaufwands nach § 82b EStDV die Kostenaufteilung durch die Verteilung auf Jahre, für die die Kostenaufteilung nicht gilt, zu verhindern. Die Kostenaufteilung dürfte der Kostenverteilung nach § 82b EStDV vorgehen; eine abgestimmte Verwaltungsauffassung bleibt abzuwarten.

 

Beispiel

Es liegt eine entgeltliche Vermietung zu 60 % der ortsüblichen Miete sowohl in 2020 als auch in 2021 vor. Größerer Erhaltungsaufwand 2020 i. H. v. 10.000 EUR wird auf zwei Jahre verteilt.

Im Entstehungsjahr des Erhaltungsaufwands erfolgt eine entgeltliche Vermietung zu 60 %. Der Erhaltungsaufwand ist im Aufwandsentstehungsjahr nur in Höhe von (10.000 EUR x 60 % =) 6.000 EUR abziehbar. Nur der abziehbare Aufwand ist auf die Jahre 2020 und 2021 verteilbar. Die Änderung von § 21 Abs. 2 S. 1 EStG mit Wirkung ab dem VZ 2021 dürfte sich auf den verteilten Erhaltungsaufwand nach § 82b EStDV aus Vorjahren nicht auswirken.

 

§ 21 Abs. 2 EStG und Mietausfall in Corona-Zeiten

Bedingt durch die Corona-Krise wird oftmals die tatsächlich vereinbarte Miete nicht gezahlt oder vom Vermieter aufgrund einer finanziellen Notsituation des Mieters zeitlich befristet ganz oder teilweise erlassen.

§ 21 Abs. 2 S. 1 EStG stellt auf die „Entgelte“ ab, so dass sich die Frage stellte, ob die vereinnahmten oder die vereinbarten Entgelte für die Vergleichsberechnung heranzuziehen sind.

Nach aktueller Verwaltungsauffassung ist auf die tatsächlich vereinbarten Mieten abzustellen.[4] Eine vertragswidrige Nichtzahlung bleibt außer Betracht, es sei denn, die Nichtzahlung wird vom Vermieter aus privaten Gründen hingenommen.[5]

 

Praxishinweis

Dieser Rechtsauslegung folgend können die nach § 21 Abs. 2 S. 1 EStG heranzuziehenden Entgelte nicht aus der Anlage V selbst, sondern nur aus einer Schattenberechnung zur Anlage V ermittelt werden. Aus der Anlage V sind nur die tatsächlich zugeflossenen Einnahmen, nicht aber die vereinbarten Mieten ersichtlich. Einen Hinweis auf diese Rechtsauslegung beinhaltet der aktuelle Erklärungsvordruck nicht.

Erlässt der Vermieter einer im Privatvermögen gehaltenen und nicht Wohnzwecken dienenden Immobilie aufgrund einer finanziellen Notsituation des Mieters die Mietzahlung zeitlich befristet ganz oder teilweise, führt dies nicht automatisch zum Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht des Vermieters.[6]

 

Blick in den Einkommensteuer-Erklärungsvordruck 2020

In Zeile 43 der Anlage V 2019 wurden die Jahre abgefragt, auf die Erhaltungsaufwendungen verteilt werden. Die Abfrage der Anzahl der Jahre hat der FinVerw. keinen besonderen Erkenntnisgewinn und wird wieder entfernt.

 

 

[1] SenVerw. Berlin v. 29.10.2015 – S 2253-1/2012-1, Juris i.V.m. BFH-Urt. v. 28.1.1997 – IX R 88/94, BStBl II 1997, 605

[2] JStG 2020 v. 21.12.2020 – BGBl I 2020, 3096

[3] Pfirrmann, in: H/H/R, EStG-Komm., § 21 Anm. 206

[4] BFH-Urt. v. 28.1.1997 – IX R 88/94, BStBl II 1997, 605 Rz 14 und OFD NRW v. 2.12.2020, DB 2020, 2722

[5] Pfirrmann, in: H/H/R, EStG-Komm., § 21 Anm. 206

[6] OFD NRW v. 2.12.2020, BD 2020, 2722

 

 

 

Stand: 27.01.2021