Das Schleswig-Holsteinische FG[1] hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit selbst dann zu versagen ist, wenn der Arbeitgeber keine genauen Anfangs- und Schlusszeiten der jeweiligen Nachtarbeit aufgezeichnet hat.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als eingetragener Verein eine juristische Person des privaten Rechts.

In der Zeit vom 28.8.2017 bis zum 5.12.2017 wurde beim Kläger eine Lohnsteuer-Außenprüfung durchgeführt.

Dabei hatte die Prüferin u.a. festgestellt, dass der Kläger an seine Arbeitnehmer teilweise Nachtzuschläge gezahlt und diese als steuerfrei behandelt hatte.

Die Prüferin führt dazu aus, dass Nachtzuschläge steuerfrei seien, soweit sie für Nachtarbeit 25 % des Grundlohns nicht übersteigen würden. Nachtarbeit sei die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr. Die dazugehörigen Stundenaufzeichnungen seien jedoch nicht hinreichend konkret, da weder Arbeitsbeginn noch Arbeitsende daraus hervorgingen. Allein die Aufzeichnung der Arbeitsdauer während der steuerbegünstigten Zeiten sei nicht ausreichend.

Es ist insoweit aber unstreitig, dass die aufgeführten Personen die Nachtarbeit tatsächlich durchgeführt haben, und dass die aufgeführten Summen entsprechend den Aufzeichnungen neben dem Grundlohn für die Nachtarbeit bezahlt und die Höchstgrenzen des § 3b EStG (hier: 25% des Grundlohns) nicht überschritten wurden.

Streitig war, ob die Steuerfreiheit deshalb zu verwehren ist, weil nicht die genaue Uhrzeit, sondern lediglich der Zeitrahmen und die darin geleistete Stundenzahl angegeben wurden (z.B. 4 Stunden innerhalb der Zeit von 20 Uhr – 6 Uhr).

 

Entscheidung des FG

Nach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen FG ist die Klage begründet und die strittigen Lohnsummen wurden nach § 3b EStG steuerfrei gestellt.

Begründet wurde dies im Wesentlichen wie folgt:

  • § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge steuerfrei, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie für Nachtarbeit 25 Prozent (…) des Grundlohns nicht übersteigen.
  • Anders als z. B. bei bestimmten Betriebsausgaben[2] sieht § 3b EStG keine konkreten Inhalte von Aufzeichnungen vor. Die vom Finanzamt geforderten Aufzeichnungen sind damit keine materielle Voraussetzung für die Gewährung der Steuerfreiheit gem. § 3b EStG.
  • Hier rügt das Finanzamt, dass das Fehlen der Arbeitsbeginn- und Arbeitsendzeiten die Einzelfallprüfung erschwere, ob eine Steuerfreiheit gem.
    3b EStG anwendbar sei.
  • Soweit sich aus diesem Grund im Einzelfall Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen ergeben, könnte dies im Lichte der Beweislast zu Lasten des Arbeitgebers gehen; auch könnte in einem solchen Zweifelsfall geprüft werden, ob eine Schätzung in Betracht kommt, soweit wegen unklarer Aufzeichnungen keine „ausreichenden Aufklärungen“ möglich wären.[3]
  • Das FG betont, dass die Aufzeichnungen keinen Selbstzweck erfüllen, sondern sie dienen allein der richtigen Anwendung der steuerlichen Vorschriften im Einzelfall.

Praxishinweis

Festzuhalten ist, dass grundsätzlich Einzelaufstellungen zur Gewährung der Steuerfreiheit gem. § 3b EStG nötig sind.[4] Falls jedoch eine tatsächliche Arbeit während der nach § 3b EStG begünstigten Zeiten erbracht und hierfür ein Zuschlag im Rahmen des § 3b EStG gezahlt wurde, kann die Steuerfreiheit nicht alleine wegen der fehlenden Arbeitsbeginn- und Arbeitsendzeiten verwehrt werden.

 

[1] Schleswig-Holsteinisches FG, Urt. v. 9.11.2022 – 4 K 145/20, rkr

[2] Vgl. § 4 Abs. 7 EStG

[3] § 162 Abs. 2 AO

[4] BFH-Urt. v. 8.12.2011 – VI R 18/11, BStBl II 2012, 291