Durch das Steuerfortentwicklungsgesetz sollten diverse steuerliche Entlastungen und Änderungen beschlossen werden.

Die Ampel-Regierung hat am 24.7.2024 ein Steuerfortentwicklungsgesetz beschlossen und auf den parlamentarischen Weg gebracht.[1]

Am 26.9.2024 hat der Bundestag erstmals über diesen Gesetzentwurf beraten und ihn zur weiteren Beratung an den federführenden Finanzausschuss überwiesen. Am 7.10.2024 fand eine öffentliche Anhörung zu diesem Gesetzentwurf statt.

Die Ampel-Regierung hat zudem beschlossen, in das Gesetzgebungsverfahren eine weitere Förderung der Elektromobilität einzubringen. Danach ist Folgendes vorgesehen:

  • Einführung einer Sonderabschreibung für neu zugelassene Geschäfts- oder Dienstwagen ohne CO2-Emissionen rückwirkend ab dem 1.7.2024. Die Sonderabschreibung soll im Anschaffungsjahr 40 % der Anschaffungskosten betragen. In den Folgejahren reduziert sich dieser Satz. Die gesamten Anschaffungskosten können über 6 Jahre abgeschrieben werden. Die Regelung soll befristet bis Dezember 2028 gelten. Ob eine EU-Genehmigung hierfür erteilt wird, ist offen.
  • Elektrofahrzeuge mit einem maßgeblichen Listenpreis von bis zu 70.000 EUR werden bei der Ermittlung des privaten Nutzungsanteils nur mit
    25 % herangezogen. Der Grenzwert „70.000 EUR“ soll für Anschaffungen ab dem 1.7.2024 auf „95.000 EUR“ erhöht werden.

Der Bundesrat hat am 27.9.2024 seine Stellungnahme zu
diesem Gesetz abgegeben und auf 17 Seiten diverse Gesetzesänderungen gefordert.[2]

Zunächst war vorgesehen, dass das Steuerfortentwicklungsgesetz in
2./3. Lesung am 18.10.2024 im Bundestag behandelt wird. Hierzu kam es jedoch wegen des „Ampel-Aus“ mit vorhergehenden Unstimmigkeiten nicht.

Kurz vor dem Jahreswechsel 2024 / 2025 einigten sich die Parteien noch auf die Inhalte eines Steuerfortentwicklungsgesetzes. Dem vom Bundestag am 19.12.2024 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Bundestag-Finanzausschusses[3] verabschiedeten Steuerfortentwicklungsgesetz[4] hat der Bundesrat am 20.12.2024 zugestimmt.[5]

Praxishinweis

Das Steuerfortentwicklungsgesetz tritt durch die Gesetzesverkündung im BGBl[6] in Kraft. Allerdings handelt es sich um ein Steuerfortentwicklungsgesetz „light“, weil nur kleine Teile des ursprünglichen Gesetzentwurfs beschlossen wurden.

  • Erhöhung des Grundfreibetrags
Veranlagungsjahr Grundfreibetrag
2024 11.784 EUR
2025 12.096 EUR
2026 12.348 EUR

Die Erhöhung des Grundfreibetrags in 2025 und in 2026 ist im Lohnsteuerabzugsverfahren programmgesteuert – spätestens ab 1. März 2025 und dann rückwirkend[7]– berücksichtigt.

 

 

  • Anpassung des Einkommensteuertarifs

Durch die Neufassung von § 32a Abs. 1 EStG wird der für die Veranlagungsjahre 2025 bzw. 2026 geltende Einkommensteuertarif normiert. Der Tarif vollzieht die Anhebungen des Grundfreibetrags nach.

Einzelveranlagung
Veranlagungsjahr
2024 2025 2026
Grundfreibetrag 11.784 EUR 12.096 EUR 12.348 EUR
Eingangssteuersatz 11.785 EUR – 17.005 EUR 12.097 EUR –
17.443 EUR
12.349 EUR –
17.799 EUR
Progressionsphase 17.006 EUR –
66.760 EUR
17.444 EUR –
68.480 EUR
17.800 EUR –
69.878 EUR
Spitzensteuersatz

(42 %)

66.761 EUR –
277.825 EUR
68.481 EUR –
277.825 EUR
69.879 EUR –
277.825 EUR
Reichensteuer (45 %) ab einem zu versteuernden Einkommen von …  

 

277.826 EUR

 

 

277.826 EUR

 

 

277.826 EUR

Praxishinweis

Die Änderung des Einkommensteuertarifs in 2025 und in 2026 ist im Lohnsteuerabzugsverfahren – spätestens ab 1. März 2025 und dann rückwirkend[8]– programmgesteuert zu berücksichtigt.[9]

  • Freibetrag für Kinder

Das Kindergeld und der Freibetrag für Kinder nebst Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf hat der Gesetzgeber ab 2024, ab 2025 bzw. ab 2026 erhöht.

VZ 2024 2025 2026
Freibetrag für Kinder

(je Elternteil)[10]

3.306 EUR 3.336 EUR 3.414 EUR

Praxishinweis

Der Gesetzgeber hat den Freibetrag für Kinder 2024 kurz vor dem Jahresende 2024 durch das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024
v. 2.12.2024[11] erhöht. Durch das Steuerfortentwicklungsgesetz[12] erhöht sich der Freibetrag für Kinder für die Veranlagungsjahre 2025 und 2026.

Die Erhöhung des Freibetrags für Kinder 2024 wirkte sich im Lohnsteuerabzugsverfahren auf die Annexsteuern (Kirchensteuer und/oder Solidaritätszuschlag) und zwar im Dezember 2024 aus.

Die Erhöhung des Freibetrags für Kinder für 2025 und für 2026 wird ebenso im Lohnsteuerabzugsverfahren programmgesteuert mit Auswirkung auf die Annexsteuern berücksichtigt.

Das Kindergeld 2024 beträgt je berücksichtigungsfähigem Kind 250 EUR im Monat. Für 2025 tritt eine Erhöhung auf 255 EUR (Monat) und ab 2026 auf 259 EUR (Monat) ein.[14]

2024 2025 2026
monatlich monatlich monatlich
250 EUR 255 EUR 259 EUR
  • Solidaritätszuschlag

Ab dem VZ 2025 wird der Solidaritätszuschlag weiterhin nicht abgeschafft, aber zurückgeführt. Das bereits in 2019 beschlossene Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wirkt sich ab 2021 aus.[15] Die durch das Steuerfortentwicklungsgesetz[16] beschlossene Änderung wird sich ab dem VZ 2025 auswirken.

Seit dem 1.1.1995 wird nach dem Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG) ein Solidaritätszuschlag zur ESt und KSt – zeitlich unbefristet – erhoben.

Erhoben wird der SolZ insb. zur veranlagten ESt, zu den ESt-Vorauszahlungen und zur LSt, auch wenn diese pauschal erhoben wird. Der SolZ beträgt in der Regel 5,5 % der Bemessungsgrundlage.

Der Regelsteuersatz von 5,5 % kann unterschritten werden. Das SolZG normiert eine Nullzone.[17] Bei Einhaltung der Nullzone fällt kein SolZ an.

Wird die Nullzone überschritten, fällt nicht sofort der volle SolZ von 5,5 % an. In einem Übergangsbereich wird der SolZ an den vollen Satz von
5,5 % herangeführt.[18]

Durch das Steuerfortentwicklungsgesetz wird mit Wirkung ab dem VZ 2025 die Nullzone erhöht. Durch die Anhebung der Nullzone ergeben sich Folgewirkungen auch auf den Übergangsbereich.[19] Durch den Übergangsbereich wird vermieden, dass bei Überschreitung der Nullzone unmittelbar der Solidaritätszuschlag in voller Höhe anfällt.

Hierbei wird der Solidaritätszuschlag auf 11,9% des Unterschiedsbetrags zwischen der sich ergebenden Steuer und der vorstehenden Nullzone begrenzt.

Ende der Nullzone bei Anwendung der…
ESt nach
Grundtabelle
ESt nach
Splittingtabelle
ab 1.1.2002      972 EUR   1.944 EUR
ab 1.1.2021 16.956 EUR 33.912 EUR
ab 1.1.2023 17.543 EUR 35.086 EUR
ab 1.1.2024 18.130 EUR 36.260 EUR
ab 1.1.2025 19.950 EUR 39.900 EUR
ab 1.1.2026 20.350 EUR 40.700 EUR
 

Kalenderjahr

 

Höhe der Freigrenze

 

Höhe der Freigrenze für zusammenveranlagte Personen

mtl. LSt in StKl I, II, IV, V, VI  

Jahreslohnsteuer

mtl. LSt in
StKl III
Jahreslohnsteuer in StKl III
bis 2020 81 € 972 € 162 € 1.944 €
2021-2022 1.413 € 16.956 € 2.826 € 33.912 €
2023 1.461,92 € 17.543 € 2.923,83 € 35.086 €
2024 1.510,83 € 18.130 € 3.021,67 € 36.260 €
2025 1.662,50 € 19.950 € 3.325,00 € 39.900 €
2026 1.695,83 € 20.350 € 3.391,67 € 40.700 €

Bei der Berechnung des Solidaritätszuschlags für sonstige Bezüge wird die Nullzone – unter zusätzlicher Berücksichtigung der Freibeträge für Kinder –, nicht aber die Milderungsregelung berücksichtigt.

Praxishinweis

Diese Änderung wirken sich ab 2025 auch im Lohnsteuerabzugsverfahren aus.[20]

  • SolZ wird als Ergänzungsabgabe auch zur pauschalen LSt Die Nullzone und der Übergangsbereich kommen hierbei nicht zur Anwendung,[21] sodass insoweit keine Entlastung eintritt.
    • Nicht beschlossene Gesetzesänderungen

Folgende geplante Rechtsänderungen wurden nicht beschlossen:

  • Verlängerung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens über 2024 hinaus.
  • Einführung einer Poolabschreibung anstatt der bisherigen Sammelpostenabschreibung.
  • Einführung einer Sonderabschreibung für Nullemissionsfahrzeuge rückwirkend ab dem 1.7.2024.
  • Erhöhung der Listenpreisgrenze bei E-Fahrzeugen rückwirkend ab dem 1.7.2024.
  • Erhöhung des Übungsleiterfreibetrags bzw. der Ehrenamtspauschale
  • Erhöhung der GWG-Grenze von 800 EUR auf 1.000 EUR.
  • Abschaffung der Steuerklassen III / V (ab 2030).
  • Einführung einer Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen.

[1] Siehe auch BR-Drucks. 373/24 v. 16.8.2024

[2] BR-Drucks. 373/24 (Beschluss) v. 27.09.2024

[3] BT-Drucks. 20/14309 v. 18.12.2024

[4] BR-Drucks. 637/24 v. 20.12.2024

[5] BR-Drucks. 637/24 (Beschluss) v. 20.12.2024

[6] BGBl I 2024 Nr. 449 v. 30.12.2024

[7] Siehe weitergehend: Entwurf eines BMF-Schr. v. 6.1.2025 – IV C 5-S 2361/00025/014/015

[8] Siehe weitergehend: Entwurf eines BMF-Schr. v. 6.1.2025 – IV C 5-S 2361/00025/014/015

[9] Siehe hierzu Entwurf eines BMF-Schr. v. 6.1.2025 – IV C 5-S 2361/00025/014/015

[10] Verdoppelung insbesondere im Falle der Zusammenveranlagung

[11] BGBl I 2024 Nr. 386 v. 5.12.2024

[12] BGBl I 2024 Nr. 449 v. 30.12.2024

[13] § 66 Abs. 1 EStG

[14] Steuerfortentwicklungsgesetz – BGBl I 2024 Nr. 449 v. 30.12.2024

[15] BGBl I 2019, 2115

[16] Steuerfortentwicklungsgesetz – BGBl I 2024 Nr. 449 v. 30.12.2024

[17] § 3 Abs. 3 SolZG

[18] § 4 S. 2 SolZG

[19] Zu Berechnungen zur geplanten Anpassung des SolZ siehe Ahrensfeld/Hilbert, NWB 2019, 2697

[20] Vgl. § 3 Abs. 2a SolZG und § 3 Abs. 4 SolZG

[21] BFH-Urt. v. 1.3.2002 – VI R 171/98, BStBl II 2002, 440