Grundsätzliches
Der Gewinn (oder Verlust) aus der Aufgabe oder der Veräußerung eines Gewerbebetriebes gehört ebenfalls zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb[1]. Dies gilt auch im Bereich der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit[2] sowie den Einkünften aus LuF[3].
Der Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn ist auf Antrag durch den Abzug eines Freibetrags i.H.v. 45.000 EUR begünstigt, wenn der Stpfl. im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe das 55. Lj vollendet hat oder dauernd berufsunfähig ist.[4] Der Freibetrag wird um den Betrag gekürzt, um den der Gewinn 136.000 EUR überschreitet[5] und wird nur einmal im Leben gewährt[6].
Unabhängig vom Wahlrecht zum Abzug eines Freibetrages kann der Stpfl. auf Antrag einen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn i.S.d. § 16 EStG bis max. 5 Mio. EUR einmal im Leben nach § 34 Abs. 3 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz i.H.v. 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes für den VZ versteuern, wenn er das 55. Lj vollendet hat oder dauernd berufsunfähig[7] ist. Die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG („Fünftelregelung“) ist unabhängig von den persönlichen Voraussetzungen.
Die Steuerbegünstigungen der § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag) sowie § 34 Abs. 3 EStG (Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes i.H.v. 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes, mindestens 14 %) sind antragsgebunden und können nur einmal im Leben beansprucht werden.[8]
Entscheidung des BFH
- Der Veräußerungsgewinn 2016 ist nicht nach § 34 Abs. 3 EStG begünstigt.
- Diese Steuerermäßigung wurde bereits 2006 verbraucht („einmal im Leben“).
- Maßgeblich für den Verbrauch ist die tatsächliche „Inanspruchnahme“.
- Trotz einer Vergünstigungsgewährung zu Unrecht tritt in der Regel eine „Inanspruchnahme“ und damit ein Verbrauch der Steuerermäßigung ein.
Praxishinweis
Soll die Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG für ein späteres Jahr gesichert werden, muss die Steuerfestsetzung angefochten werden, in der die Steuervergünstigung zu Unrecht gewährt wird.
Steuerberaterhaftung
Nach Auffassung des LG Lübeck[9] tritt eine Steuerberaterhaftung ein, sofern es der Steuerberater versäumt hat, darauf hinzuweisen, dass der 56 %ige Steuersatz nur einmal im Leben beansprucht werden kann. Im Entscheidungsfall wurde eine Steuerberaterhaftung von 220.000 EUR festgestellt.
[1] § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
[2] § 18 Abs. 3 EStG
[3] § 14 EStG
[4] § 16 Abs. 4 S. 1 EStG
[5] § 16 Abs. 4 S. 3 EStG
[6] § 16 Abs. 4 S. 2 EStG
[7] auch durch nichtamtliche Unterlagen nachweisbar: BFH-Urt. v. 14.12.2022 – X R 10/21, BStBl II 2023, 807
[8] § 16 Abs. 4 S. 3 EStG, § 34 Abs. 3 S. 4 EStG
[9] LG Lübeck v. 11.1.2024 – 15 O 72/23