Lohnsteuerabzugsverpflichtete Arbeitgeber bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung

 

Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch den Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), soweit der Arbeitslohn von folgenden Arbeitgebern gezahlt wird:

  • Inländischer Arbeitgeber i.S.d. § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG bzw.
  • ausländischer Verleiher i.S.d. § 38 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG.

 

Inländischer Arbeitgeber ist in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt (wirtschaftlicher Arbeitgeber). Voraussetzung hierfür ist nicht, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.[1]

Derzeit besteht in den Fällen einer grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung des in Deutschland ansässigen und aufnehmenden Unternehmens nur dann, wenn es die Lohnkosten tatsächlich wirtschaftlich trägt. Insbesondere bei verbundenen Unternehmen bedeutet „wirtschaftlich tragen“, dass das ausländische Unternehmen vom inländischen Unternehmen einen finanziellen Ausgleich für die Arbeitnehmerüberlassung beansprucht und erhält.

Vom Gesetzestext werden derzeit nicht ausdrücklich die Fälle erfasst, in denen das ausländische verbundene Unternehmen (oft die Muttergesellschaft) auf einen finanziellen Ausgleichsanspruch gegenüber dem inländischen Unternehmen verzichtet, obwohl unter Fremden üblicherweise ein Ausgleich beansprucht worden wäre.

 

Praxishinweis

Durch einen Verzicht auf eine Ausgleichsforderung können internationale Konzerne eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung für die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer verhindern.

  • 38 Abs. 1 Satz 2 EStG n.F. soll dem ab 2020 entgegenwirken. Danach wird in den Fällen der internationalen Arbeitnehmerentsendung das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen inländischer Arbeitgeber, wenn es
  • den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt oder
  • nach dem Fremdvergleichsgrundsatz hätte tragen müssen.

Die Gesetzesänderung soll den bisherigen Missstand verhindern, indem auch dann eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung zu beachten ist, wenn tatsächlich kein finanzieller Ausgleich an das ausländische Unternehmen geleistet wird, aber unter Fremden ein Ausgleich vereinbart worden wäre (Fremdvergleichsgrundsatz). Unerheblich ist es im Übrigen, ob das ausländische verbundene Unternehmen, das die Arbeitnehmer überlässt, die Muttergesellschaft oder ein Tochterunternehmen ist.[2]

 

Praxishinweis

Das aufnehmende inländische Unternehmen und deren Berater müssen künftig sorgfältig prüfen, ob die Voraussetzungen eines inländischen (wirtschaftlichen) Arbeitgebers zwecks Vornahme des Lohnsteuerabzugs vorliegen.[3] Wird diese Regelung unbeachtet gelassen, ergeben sich neue Haftungsrisiken.

 

 

[1] § 38 Abs. 1 S. 2 EStG

[2] Niermann, DB 2020, 299 (303)

[3] Hick, DB 2019, 2100

 

 

Stand: 11.03.2020