[vc_row el_class=“css_individuell_posts“][vc_column css=“.vc_custom_1453901736908{padding-right: 5% !important;padding-left: 5% !important;}“][vc_column_text]Kindergeld/Kinderfreibetrag: Abgrenzung Erstausbildung vs. Zweitausbildung

Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStG gilt zum Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag Folgendes:

2Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des (§ 32 Abs. 4) Satzes 1 Nummer 2 (EStG) nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. 3Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich.

Die Abgrenzung zwischen einer erstmaligen Ausbildung und einer weiteren Ausbildung ist bedeutsam, weil nur im Falle einer weiteren Ausbildung eine Erwerbstätigkeit des in Ausbildung befindlichen Kindes zu einer Versagung des Kindergeldes bzw. des Kinderfreibetrags führen kann.

Mit Urteil vom 11. April 2018[1] hat sich der BFH näher zur Abgrenzung zwischen einer Erstausbildung und einer weiteren Ausbildung geäußert.

Sachverhalt

Der Kläger war der Vater einer im September 1990 geborenen Tochter (T), für die er bis einschließlich Juni 2013 Kindergeld erhielt.

T absolvierte nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten, die sie am 21. Juni 2013 abschloss.

Anschließend nahm sie eine Vollzeitbeschäftigung in ihrem Ausbildungsbetrieb auf. Am 19. September 2013 meldete sich T bei einer Fachschule für Wirtschaft der Fachrichtung Betriebswirtschaft (Schwerpunkt Steuern) in Teilzeitform an. Sie bekam eine Zusage für das Schuljahr 2014/2015. Zum 1. April 2014 wechselte T in eine andere Steuerberatungskanzlei und arbeitete dort zunächst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden, die sie ab September 2014 auf 36 Stunden reduzierte. Am 20. August 2014 nahm sie ihre Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft auf.

Der Ausbildungsgang zum angestrebten Berufsziel „Steuerfachwirt“ stellt sich wie folgt dar:

Nach einem dreieinhalbjährigen Besuch der Fachschule für Wirtschaft – Rechnungswesen und Steuern kann der Abschluss „Staatlich Geprüfter Betriebswirt“ erworben werden. Voraussetzung für die Teilnahme an der Abschlussprüfung sind die Fachoberschulreife, eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem einschlägigen Ausbildungsberuf einschließlich des Berufsschulabschlusses und eine praktische Berufstätigkeit im Ausbildungsberuf von mindestens einem Jahr. Dieses berufspraktische Jahr kann während der Fachschulausbildung abgeleistet werden. Nach Abschluss der Ausbildung zum „Staatlich Geprüften Betriebswirt“ ist die Teilnahme an externen Kammerprüfungen z.B. zum Bilanzbuchhalter oder zum Steuerfachwirt möglich.

Nach § 9 der Prüfungsordnung der Steuerberaterkammer S für die Durchführung von Fortbildungsprüfungen zum Steuerfachwirt kann zur Prüfung zugelassen werden, wer mit Erfolg die Abschlussprüfung als „Steuerfachangestellter“ abgelegt hat und eine hauptberufliche praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuer- und Rechnungswesens von mindestens drei Jahren bei einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Rechtsanwalt, einer Steuerberatungsgesellschaft, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Buchprüfungsgesellschaft oder Landwirtschaftlichen Buchstelle nachweisen kann.

Die Familienkasse lehnte den Antrag des Klägers auf Kindergeldgewährung ab Juli 2013 ab, da sich T in einer Zweitausbildung befand und ihre Erwerbstätigkeit für den Bezug von Kindergeld schädlich war.

Das FG Münster wies die dagegen gerichtete Klage, mit der der Kläger Kindergeld für T für den Zeitraum Juli 2013 bis September 2015 begehrte, als unbegründet ab.[2]

Entscheidung des BFH

Der BFH sah die Revision als unbegründet an. Das FG Münster hat danach zu Recht entschieden, dass für den strittigen Zeitraum kein Kindergeldanspruch besteht.

Praxishinweis

Die Tochter T konnte dem Grunde nach für den Zeitraum September 2013 bis September 2015 berücksichtigt werden.

Im Zeitraum September 2013 bis August 2014 konnte eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht begonnen werden.[3] Durch die Anmeldung bei der Fachschule für Wirtschaft beginnt die maßgebliche Wartezeit.[4]

Im Zeitraum August 2014 bis September 2015 befand sie sich in Berufsausbildung.[5] Die durchgeführte Fachschulausbildung erfüllt die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufsausbildung.

Für den Zeitraum Juli 2013 bis August 2013 kommt dem Grunde nach keine Berücksichtigung beim Kindergeld in Frage, da es u. a. an einem Bemühen der T um einen Ausbildungsplatz fehlt.

Allerdings scheidet im konkreten Fall eine kindergeldrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit der T aus, weil sie bereits eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen hatte und während der Zeiträume, in denen sie auf den Antritt der Ausbildung bei der Fachschule gewartet und in denen sie die Ausbildung an der Fachschule durchgeführt hat, einer schädlichen Erwerbstätigkeit i.S. § 32 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 EStG nachging.

Praxishinweis

Nach der BFH-Rechtsprechung liegt bei einer mehraktigen Ausbildungsmaßnahme insgesamt eine Erstausbildung vor. Bei einer mehraktigen Ausbildungsmaßnahme ist darauf abzustellen, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.

Im Urteilsfall fehlte es an dem engen zeitlichen Zusammenhang. Nach Abschluss der Erstausbildung zur Steuerfachangestellten hat T die Ausbildung an der Fachschule für Wirtschaft erst im August 2014 und nicht bereits im August 2013 begonnen. Für diesen späteren Beginn lagen keine schulorganisatorischen Gründe vor. Daraus schließt der BFH, dass die Tochter T ihren ersten berufsqualifizierenden Abschluss genutzt hat, um mit diesem im Rahmen einer regulären Erwerbstätigkeit ohne Ausbildungscharakter Einkünfte zu erzielen.

Diese Erwerbstätigkeit erfolgte auch nicht nur in einem Überbrückungszeitraum zwischen dem Ende der Steuerfachangestelltenausbildung und dem nächstmöglichen Beginn der Fachschulausbildung und bildete somit eine zeitliche Zäsur zwischen zwei hierdurch verselbständigten Ausbildungen.

Praxishinweis

Es bleibt abzuwarten, wie der BFH entscheiden wird, wenn die weitere Ausbildung unmittelbar nach Abschluss der ersten Berufsausbildung begonnen wird. In anhängigen Verfahren wird der BFH die Gelegenheit haben, seine Rechtsprechung weiter zu konkretisieren.[6]

Das FG Düsseldorf hat hierzu mit Urteil vom 6. Dezember 2017[7] eine für den Kindergeldbezug negative Entscheidung getroffen. Es hat entschieden, dass die praktische Berufstätigkeit in einem bereits erlernten Beruf (hier: Steuerfachangestellte) keine Berufsausbildung i.S. des Kindergeldrechts[8] darstellt. Dies gilt auch dann, wenn die praktische Berufstätigkeit eine zwingende Voraussetzung für den Abschluss einer weiteren Ausbildung (hier: zur Steuerfachwirtin) darstellt.

Sieht eine Ausbildungsordnung vor, dass ein Kind berufspraktische Erfahrungen in einem erlernten Beruf in einem nicht untergeordneten zeitlichen Umfang erwerben muss, bevor es einen weiteren Berufsabschluss absolvieren kann, ist das Kind während dieser praktischen Zeit berufstätig und nicht in einer Berufsausbildungsphase.

Es kann auch nicht angenommen werden, dass das Kind sich in einer Übergangszeit zum angestrebten nächsten Berufsausbildungsabschnitt[9] befindet. Die erforderliche Vollzeittätigkeit im erlernten Beruf und das damit verbundene Sammeln von Berufserfahrung stehen im Vordergrund. Das Warten auf einen (Zweit-)Ausbildungsplatz tritt demgegenüber zurück.

[1] III R 18/17, DStR 2018, 1164

[2] FG Münster, Urteil v. 23.05.2017 – 1 K 2410/16 Kg, juris (nachfolgend: BFH-Urteil v. 11.4.2018, III R 18/17)

[3] § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) EStG

[4] § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) EStG, BFH-Urteil v. 28.05.2013 – XI R 38/11, BFH/NV 2013, 1774 – Rz. 20 ff

[5] § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG

[6] Siehe z. B. Niedersächsisches FG, Urteil v. 06.02.2018, 13 K 171/17, juris, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 12/18 (Bankfachwirt Bankcolleg)

[7] FG Düsseldorf, Urteil v. 06.12.2017, 2 K 1605/17 Kg, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 3/18

[8] § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG

[9] § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) EStG

 

 

 

Stand: 20.06.2018[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row el_class=“est_seminar_blog_footer“][vc_column css=“.vc_custom_1453901736908{padding-right: 5% !important;padding-left: 5% !important;}“][vc_column_text el_class=“meldungen_footer“][shortcode id=“1539″][/vc_column_text][/vc_column][/vc_row][vc_row][vc_column][vc_empty_space height=““ el_class=“abstand_content_footer“][/vc_column][/vc_row]