Der Bundestag hat am 2. Dezember 2022 das JStG 2022 unter Berücksichtigung der Ergebnisse des BT-Finanzausschusses[1] beschlossen.[2]

Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2022 seine Zustimmung hierzu erteilt[3], sodass bereits eine Verkündung im BGBl erfolgte.[4]

Das JStG 2022 enthält auch diverse Änderungen, die für das Lohnsteuerrecht bedeutsam sind.

Praxishinweis

Das BMF hat mit Schreiben v. 8. Dezember 2022[5] darauf hingewiesen, dass aufgrund der Änderungen durch das JStG 2022 ein geänderter Programmablaufplan für 2023[6] erstellt werden wird.

 

Altersvorsorgeaufwendungen[7]

Altersvorsorgeaufwendungen sind ab 2023 vollumfänglich als Sonderausgaben abziehbar. Bislang war der vollständige Abzug erst ab 2025 vorgesehen. Mit dem Vorziehen der vollen Abziehbarkeit soll in einem ersten Schritt dazu beigetragen werden, auf langfristige Sicht eine „doppelte Besteuerung“ von Renten aus der Basisversorgung zu vermeiden. Dieser vollständige Kostenabzug wird auch im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt.[8]

Praxishinweis

  • 39b Abs. 4 EStG enthält bislang eine Übergangsregelung zum Ansatz der Rentenversicherungsbeiträge in den Kalenderjahren bis 2024. Durch den ab 2023 möglichen vollständigen Abzug der Altersvorsorgeaufwendungen ist diese Übergangsregelung ersatzlos entfallen.

 

 

Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag[9] wird ab dem VZ 2023 auf 1.230 EUR (Jahr 2022: 1.200 EUR) erhöht. Diese Erhöhung wird im Lohnsteuer-abzugsverfahren programmgesteuert berücksichtigt.

 

 

Änderungen beim Corona-Pflegebonus[10]

Für die steuerfreie Leistung eines Corona-Pflegebonus verweist § 3 Nr. 11b EStG auf § 23 IfSG und § 36 IfSG.

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Schutzes der Bevölkerung und insbesondere vulnerabler Personengruppen vor COVID-19[11], welches am 17. September 2022 in Kraft getreten ist, wurden Änderungen in den
§§ 23 und 36 IfSG vorgenommen.

Praxishinweis

Die Änderung des IfSG ohne Änderung des EStG hätte zur Folge, dass Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste von der Steuerbefreiung ausgeschlossen wären. Um dies zu vermeiden, wurde mit dem JStG 2022 in § 3 Nr. 11b EStG klargestellt, dass sich der Verweis auf §§ 23 und 36 IfSG auf die am 22. Juni 2022 gültige Fassung des IfSG bezieht. Am 22. Juni 2022 wurde das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz[12] verkündet, mit dem § 3 Nr. 11b EStG eingeführt wurde.

Die Änderung des IfSG zum 17. September 2022 hat somit keine Auswirkung auf den steuerfreien Corona-Pflegebonus nach § 3 Nr. 11b EStG.

Unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 11b EStG fallen auch Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer nach § 150c SGB XI. Dabei handelt es sich um Sonderleistungen für zugelassene voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen zur Anerkennung und Umsetzung zusätzlicher Aufgaben nach § 35 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz.

Die Pflegeeinrichtungen können diese Leistungen für die Zeit von Oktober 2022 bis April 2023 an die anspruchsberechtigten Beschäftigten steuerfrei auszahlen. Um die Steuerbefreiung dem Grunde nach auch auf die für den Monat April 2023 im Mai 2023 gezahlten Leistungen zu erstrecken, wurde der Begünstigungszeitraum in Bezug auf diese Leistungen erweitert.[13]

 

Energiepreispauschale (kurz: EPP) lt. EStG und Pfändung

Die EPP lt. EStG ist bei einkommensabhängigen Sozialleistungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Der neue Satz 2 in § 122 EStG regelt, dass die EPP lt. EStG nicht pfändbar ist. Damit soll sichergestellt werden, dass die EPP den Empfängern tatsächlich zur Verfügung steht und nicht gepfändet werden kann.

Praxishinweis

In der FAQ EPP[14] wird bislang bestimmt, dass die EPP lt. EStG nicht von einer Lohnpfändung umfasst wird. Die nunmehr beschlossene gesetzliche Regelung geht weiter.

Wegen des Verweises in § 36 der Insolvenzordnung unterliegt die EPP lt. EStG auch nicht dem Insolvenzbeschlag.

Praxishinweis

Daneben bestimmt das JStG 2022, dass die EPP für Rentner und bestimmte Versorgungsempfänger steuerpflichtig ist. Die EPP für Rentner wird den sonstigen Einkünften zugewiesen[15] und ist damit für das Lohnsteuerabzugsverfahren irrelevant. Die EPP für die begünstigten Versorgungsempfänger stellt dagegen voll zu besteuernder Arbeitslohn dar. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wurde hierauf bereits im Auszahlungsmonat Dezember 2022 Lohnsteuer erhoben.[16]

 

Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Nach Maßgabe von § 24b EStG können Alleinstehende einen Entlastungsbetrag abziehen, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ein Freibetrag für Kinder oder Kindergeld zusteht.

Der Entlastungsbetrag beträgt für ein berücksichtigungsfähiges Kind bislang 4.008 EUR im Kj. Für weitere berücksichtigungsfähige Kinder erhöht sich der Betrag um 240 EUR p.a.

Durch das JStG 2022 hat der Gesetzgeber den Entlastungsgrundbetrag ab dem VZ 2023 von 4.008 EUR auf 4.260 EUR angehoben.

Praxishinweis

Über die Steuerklasse II wird der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende programmgesteuert berücksichtigt. Die Erhöhung des Entlastungsgrundbetrags wirkt sich damit in diesen Fällen automatisch aus. Ferner hat die Finanzverwaltung mit BMF-Schr. vom 23. November 2022[17] zur Gewährung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende Stellung genommen. Bedeutsam ist insbesondere, dass die Finanzverwaltung es nunmehr zulässt, dass auch im Jahr der Trennung von Eheleuten sowie im Jahr der Eheschließung der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (zeitanteilig) in Betracht kommen kann.[18]

 

Kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse und Lohnsteuerpauschalierung

 

  • Grundsätzliches

Nach § 40a Abs. 1 Satz 1 EStG kann der Arbeitgeber bei Arbeitnehmern, die nur kurzfristig beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent des Arbeitslohns erheben (Pauschalversteuerungsoption).

 

  • Anhebung der Tageslohngrenze

Voraussetzung für das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung ist unter anderem, dass der Arbeitslohn während der Beschäftigungsdauer bislang 120 EUR durchschnittlich je Arbeitstag nicht überstiegen hat (Arbeitslohngrenze des § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).

Praxishinweis

Die Arbeitslohngrenze orientierte sich an der Höhe des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, lag aber stets über diesem. Dadurch wird ermöglicht, auch über dem Mindestlohn liegende Stundenlöhne für qualifizierte Tätigkeiten in die Lohnsteuerpauschalierung einzubeziehen.

Durch das Gesetz zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn wurde der Mindestlohn mit Wirkung zum 1. Oktober 2022 auf
12 Euro je Stunde angehoben.

Bei einem Achtstundentag beläuft sich der Mindestlohn danach auf
8*12 EUR = 96 EUR täglich.

Als Folgeänderung hierzu wird mit Wirkung zum 1. Januar 2023 die Arbeitslohngrenze bei kurzfristiger Beschäftigung[19] von 120 EUR auf
150 EUR je Arbeitstag angehoben.

 

  • Anhebung der Stundenlohngrenze

Es erfolgt eine Erhöhung des pauschalierungsfähigen durchschnittlichen Stundenlohns auf 19 EUR (bislang: 15 EUR) ebenfalls mit Wirkung zum 1. Januar 2023.[20]

 

Lohnsteuerabzugsmerkmale und Versicherungsbeiträge

Ab dem 1. Januar 2024 (im Rahmen eines Pilotprojekts mit Echtdaten ab dem 1. Januar 2023) umfassen die elektronisch abrufbaren Lohnsteuerabzugsmerkmale auch die Höhe der monatlichen Beiträge[21]

  • für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung eines nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Zuschusses für diese Beiträge vorliegen, und
  • für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflege-Pflichtversicherung i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

Durch das JStG 2022 hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Lohnsteuerabzugsmerkmal nur die eigenen Beiträge des Arbeitnehmers[22] sind. Für Kinder getragene oder übernommene Beiträge[23] sind hingegen bei den Lohnsteuerabzugsmerkmalen nicht zu berücksichtigen.[24]

Praxishinweis

Durch den Beginn des elektronischen Abrufs der vorgenannten Versicherungsbeiträge als Lohnsteuerabzugsmerkmal entfällt ab 2024 die bisherige Papierbescheinigung.

Es ist vorgesehen, dass der Datenabruf über das ELStAM-Verfahren erfolgen wird. Aufgrund der Übermittlung der tatsächlichen Beiträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG entfällt ab 2024 die sog. Mindestvorsorgepauschale. Ab 2024 werden zudem auch die Arbeitnehmeranteile zur Arbeitslosenversicherung in die Vorsorgepauschale mit einbezogen.

 

 

[1] BT-Drucks. 20/4729 v. 30.11.2022

[2] BR-Drucks. 627/22 v. 2.12.2022

[3] BR-Drucks. 627/22 (Beschluss) v. 16.12.2022

[4] BGBl I 2022, 2294

[5] BMF-Schr. v. 8.12.2022 – BStBl I 2022, 1653

[6] bisher: BMF-Schr. v. 18.11.2022 – BStBl I 2022, 1531

[7] § 10 Abs. 3 Satz 6 EStG

[8] Wegfall von § 39b Abs. 4 EStG

[9] § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG

[10] § 3 Nr. 11b EStG

[11] BGBl I 2022, 1454

[12] Viertes Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.6.2022 – BGBl I 2022, 911 (verkündet am 22.6.2022)

[13] § 3 Nr. 11b EStG

[14] FAQ EPP v. 22.9.2022 – unter VI. Nr. 27

[15] § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c EStG

[16] BMF-Schr. v. 16.11.2022 – BStBl I 2022, 1530

[17] BStBl I 2022, 1634

[18] BFH-Urt. v. 28.10.2021 – III R 17/20, BStBl II 2022, 797 und III R 57/20, BStBl II 2022, 799

[19] § 40a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG

[20] § 40a Abs. 4 Nr. 1 EStG

[21] § 39 Abs. 4 Nr. 4 EStG – insoweit endet die Übergangsvorschrift nach Maßgabe von §§ 52 Abs. 36 i.V.m. 39e Abs. 3 Satz 1 EStG

[22] § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG

[23] § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 bis 4 EStG

[24] Siehe auch Tz. 6.1 des BMF-Schreibens zur Vorsorgepauschale im Lohnsteuerabzugsverfahren vom 26. November 2013, BStBl I S. 1532