Das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz enthält auch eine neue Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG (= steuerfreie Inflationsausgleichsprämie).[1] Das Gesetz hat der Bundestag am 30. September 2022 beschlossen und der Bundesrat hat diesem am 7. Oktober 2022 zugestimmt.[2]
Mittlerweile wurde das Gesetz am 25. Oktober 2022 im BGBl I 2022, 1745 verkündet.
Praxishinweis
Das Verkündungsdatum ist bedeutsam, weil die Steuerfreiheit ab dem Datum des auf den Tag der Verkündung folgenden Tages zur Anwendung kommt, d. h. ab dem 26. Oktober 2022.
Nach Maßgabe von § 3 Nr. 11c EStG sind steuerfrei:
„zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom
26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3 000 Euro;“
Die Finanzverwaltung hat in einer FAQ zu den Einzelfragen zur Gesetzesanwendung Stellung genommen. Hierauf wird nachfolgend mit Praxisanmerkungen eingegangen.
Praxishinweis
Die FAQ erfüllen nicht alle Wünsche der Praktiker, weil auf die wesentlichen arbeitsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung von § 3 Nr. 11c EStG nicht näher eingegangen wird.
Arbeitgeber können eine IAP bis zu einem Betrag von 3.000 Euro in dem Zeitraum vom 26. Oktober 2022 bis zum 31. Dezember 2024 steuer- und sozialabgabenfrei an ihre Arbeitnehmer gewähren.
Praxishinweis
Erfolgt die Gewährung vor dem 26. Oktober 2022, scheidet die Anwendung der neuen Steuerfreiheit aus. Z. T. haben Arbeitgeber vorschnell im Oktober 2022 bereits die Inflationsausgleichsprämie abgerechnet und vor dem 26. Oktober 2022 gezahlt. Hierfür scheidet die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG aus.
Eine steuerfreie IAP können, unabhängig von der Art ihrer Beschäftigung, nur Arbeitnehmer im steuerlichen Sinne erhalten, zum Beispiel:
- Arbeitnehmer in Voll- oder Teilzeit,
- kurzfristig Beschäftigte,
- Minijobber,
- Aushilfskräfte in der Land- und Forstwirtschaft,
- Auszubildende,
- Arbeitnehmer im entgeltlichen Praktikum (nicht nur, aber auch Studierende),
- Arbeitnehmer in Kurzarbeit,
- Arbeitnehmer in Elternzeit,
- Arbeitnehmer mit Bezug von Krankengeld,
- Freiwillige im Sinne des § 2 Bundesfreiwilligendienstgesetz und Freiwillige im Sinne des § 2 Jugendfreiwilligendienstegesetz,
- Menschen mit Behinderungen, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig sind,
- ehrenamtlich Tätige, sofern der steuerliche Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist,
- Vorstände und Gesellschafter-Geschäftsführer, sofern der steuerliche Arbeitnehmerbegriff erfüllt ist,
- Arbeitnehmer in der aktiven oder passiven Phase der Altersteilzeit,
- Beziehende von Vorruhestandsgeld,
Praxishinweis
Maßgeblich ist die Erfüllung des Arbeitnehmerbegriffs, der nach dem EStG bestimmt wird. Somit können auch GGF eine steuerfreie Leistung nach § 3 Nr. 11c EStG erhalten. Im Einzelfall bedarf es einer Abgrenzung zur verdeckten Gewinnausschüttung.
- Gelten Besonderheiten bei Arbeitsverhältnissen zwischen nahestehenden Personen (zum Beispiel Ehegatten-Arbeitsverhältnisse)?
Ob Arbeitsverhältnisse zwischen nahestehenden Personen steuerlich anzuerkennen sind, richtet sich nach den dafür geltenden allgemeinen Grundsätzen. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eines solchen Dienstverhältnisses ist, dass es ernsthaft vereinbart und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt wird. Die steuerrechtliche Anerkennung des Vereinbarten setzt voraus, dass die Verträge zivilrechtlich wirksam zustande gekommen sind und inhaltlich dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen.
Bei Arbeitsverhältnissen zwischen nahestehenden Personen muss insbesondere geprüft werden, ob die Gewährung einer IAP auch unter Fremden üblich wäre (Fremdvergleichsgrundsatz).
Wird nur pro Forma ein Arbeitsvertrag abgeschlossen, um die steuerfreie IAP zu erhalten (zum Beispiel „Gefälligkeitsverhältnis“), besteht kein steuerlich anzuerkennendes Dienstverhältnis. Auf mögliche straf- oder bußgeldrechtliche Konsequenzen wird hingewiesen.
- Wann und wie lange muss der Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber beschäftigt sein, um die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von seinem Arbeitgeber erhalten zu können?
Der Beginn und die Dauer des Arbeitsverhältnisses sind für die Möglichkeit der Gewährung der steuerfreien IAP nicht von Bedeutung. Die Auszahlung muss jedoch im Begünstigungszeitraum erfolgen.
Praxishinweis
Die Finanzverwaltung geht an anderer Stelle (siehe 1.10) auch auf die Frage ein, ob eventuelle Rückzahlungsverpflichtungen z. B. im Falle eines vorzeitigen Austritts aus dem Dienstverhältnis steuerbefreiungsschädlich sind. Dies ist nicht der Fall.
- Gilt die Steuerbefreiung auch für mehrere Leistungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im begünstigten Zeitraum gewährt?
Ja. Die Steuerbefreiung gilt bis zur Höhe von insgesamt 3.000 Euro auch für mehrere (Teil-) Leistungen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im begünstigten Zeitraum gewährt. Auch eine Auszahlung beispielsweise in monatlichen Teilbeträgen ist aus steuerlicher Sicht möglich. Die Teilleistungen müssen nicht auf einer einheitlichen Entscheidung über die Gewährung beruhen, sondern können jeweils eigenständig beschlossen oder vereinbart werden.
Praxishinweis
Wird die IAP in Teilleistungen erbracht (z. B. ab Januar 2023 bis Dezember 2024 in Höhe von monatlich 125 EUR), stellt sich die Frage, ob diese Leistung nach der betrieblichen Übung auch über 2024 hinaus vom Arbeitgeber – aber dann steuerpflichtig – zu leisten sind. Auf diese arbeitsrechtliche Frage geht die FAQ nicht näher ein; es sollte im Einzelfall eine arbeitsrechtliche Beurteilung eingeholt werden. Insbesondere sollte die Frage geklärt werden, ob durch einen Freiwilligkeitsvermerk bzw. eine Freiwilligkeitsvereinbarung eine betriebliche Übung verhindert werden kann.
- Können Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern in den Jahren 2022 bis 2024 je einen steuerfreien Betrag von bis zu 3.000 Euro, insgesamt also 9.000 Euro, steuerfrei gewähren?
Nein. Die Steuerbefreiung gilt nur bis zur Höhe von insgesamt 3.000 Euro im Begünstigungszeitraum. Der Höchstbetrag in § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz ist ein Freibetrag, das heißt, bei Überschreiten des Betrags bleibt ein Betrag von 3.000 Euro steuerfrei; nur der darüberhinausgehende Betrag (hier insgesamt 6.000 Euro) ist steuerpflichtig.
Praxishinweis
Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG wird im Begünstigungszeitraum je Beschäftigten und je Dienstverhältnis gewährt (siehe hierzu unter 1.8).
Ja. Arbeitgeber können Arbeitnehmern sowohl Geld- als auch Sachleistungen unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz steuerfrei gewähren.
Praxishinweis
Im Gegensatz zur Anwendung der 50 EUR-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG kommt es nicht auf die Abgrenzung zwischen Barlohn und einer Sachzuwendung an. Beachtenswert ist auch, dass die 50 EUR-Freigrenze nicht durch eine nach § 3 Nr. 11c EStG steuerfreie Leistung verbraucht wird. Dies birgt neues Gestaltungspotenzial.
- Kann der steuerfreie Höchstbetrag von 3.000 Euro für jedes Dienstverhältnis gesondert ausgeschöpft werden oder ist zu prüfen, ob aus anderen Dienstverhältnissen bereits eine Zahlung geleistet wurde?
Die Steuerbefreiung im Sinne des § 3 Nummer 11c EStG kann bis zu dem Betrag von 3.000 Euro in der Regel für jedes Dienstverhältnis, also auch für aufeinander folgende oder nebeneinander bestehende Dienstverhältnisse, gesondert in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch bei mehreren Dienstverhältnissen mit unterschiedlichen Arbeitgebern verbundener Unternehmen im Sinne des § 15 Aktiengesetz. Der Arbeitgeber braucht somit nicht zu prüfen, ob der Arbeitnehmer eine Prämie bereits aus einem anderen Dienstverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber erhalten hat.
Die Steuerbefreiung gilt jedoch nur bis zu dem Betrag von 3.000 Euro insgesamt bei mehreren aufeinander folgenden Dienstverhältnissen in dem Begünstigungszeitraum zu ein und demselben Arbeitgeber.
In den Fällen einer zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge und bei Betriebsübergängen nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (zum Beispiel bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft) ist nicht von einem weiteren Dienstverhältnis auszugehen. Hier tritt zivil-rechtlich der neue Betriebsinhaber lediglich in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. In diesen Fällen kann der steuerfreie Höchstbetrag nicht mehrfach in Anspruch genommen werden.
Praxishinweis
In den Fällen einer zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge und bei Betriebsübergängen nach § 613a BGB wird von einem einheitlichen Dienstverhältnis ausgegangen. Hat der Betriebsübernehmer einen anderen steuerlichen Berater als der Betriebsübergeber, muss bei dem vorherigen Berater die Information über eine eventuelle Auszahlung der IAP eingeholt werden.
- Gilt die Steuerbefreiung auch für Arbeitslohn von dritter Seite (zum Beispiel von Konzernunternehmen)?
Nein. Die Steuerbefreiung gilt nur für Leistungen des Arbeitgebers. Leistungen auf Veranlassung des Arbeitgebers von einem Dritten oder einem verbundenen Unternehmen, zum Beispiel im Konzern, sind hingegen nicht von der Steuerbefreiung umfasst.
Praxishinweis
Die getroffene Verwaltungsauffassung ist zu bedauern; man hat sich hierauf nach langen internen Diskussionen verständigt. Zwingend ist diese jedoch m. E. nicht.
- Kann der Arbeitgeber die Gewährung der IAP an Bedingungen knüpfen wie zum Beispiel die Betriebszugehörigkeit (ggf. Möglichkeit der Rückforderung der Prämie bei Kündigung in einem bestimmten Zeitraum), bestandene Probezeit etc.?
Ob solche Bedingungen für die Prämiengewährung generell zulässig sind, ist eine Frage des Arbeitsrechts, die in diesen FAQ des Bundesministeriums der Finanzen nicht beantwortet wird. Unabhängig davon, ob sie arbeitsrechtlich zulässig sind, sind Bedingungen dieser Art für die Steuerfreiheit unschädlich.
- Muss ein Zusammenhang der Leistung mit der Inflation (Preisentwicklung) vorliegen und wie muss dieser gegebenenfalls nachgewiesen werden?
Die Leistung muss zum Ausgleich der gestiegenen Verbraucherpreise gewährt werden (Inflationsbezug). Eine entsprechende (schriftliche) Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nicht erforderlich.
Es genügt – ähnlich wie bei der Corona-Prämie nach § 3 Nummer 11a Einkommensteuergesetz –, dass die IAP in einem sachlichen Zusammenhang mit der Preisentwicklung steht und sich der Zusammenhang zum Beispiel in Form der Bezeichnung „Inflationsausgleichsprämie“ aus der Gehaltsabrechnung oder aus dem Überweisungsträger ergibt. Der Arbeitgeber braucht die tatsächliche Betroffenheit des Arbeitnehmers von der Inflation nicht zu prüfen.
Der Inflationsbezug muss vom Arbeitgeber im Lohnkonto aufgezeichnet werden. Den Arbeitgeber treffen keine Prüf- oder Dokumentationspflichten in Bezug auf die Angemessenheit der Leistung.
Eine Zahlung von Weihnachtsgeld weist als solche nicht den erforderlichen Inflationsbezug auf, so dass eine steuerfreie Auszahlung ausgeschlossen ist. Es ist aber unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz steuerlich zulässig, die Zahlung einer IAP so mit der Zahlung von Weihnachtsgeld zu verbinden, dass zwei gesonderte Beträge – zum einen das Weihnachtsgeld und zum anderen die IAP – in ein und derselben Gehaltsabrechnung auftauchen.
Praxishinweis
Es könnte sich anbieten, die steuerfreie IAP in einem Monat zu zahlen, der von dem Weihnachtsgeldauszahlungsmonat abweicht. Dann ist die IAP besser für den begünstigten Mitarbeiter sichtbar. Außerdem verhindert es Rückfragen bei dem im Folgejahr ausgezahlten Weihnachtsgeld, warum dieses im Vergleich zum Vorjahr geringer ist. Oftmals erkennen Arbeitnehmer die Unterscheidung zwischen dem eigentlichen Weihnachtsgeld und der IAP nicht.
Die steuerfreie IAP wurde in dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz vom 19. Oktober 2022 (BGBl Teil I Seite 1743) neu geregelt. Die Verkündung dieses Gesetzes erfolgte am 25. Oktober 2022, so dass Leistungen ab dem 26. Oktober 2022 bis spätestens zum 31. Dezember 2024 unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz steuerfrei sind.
Es gilt das Zuflussprinzip gemäß §§ 11, 38a EStG. Für den Zufluss an den Arbeitnehmer kommt es darauf an, dass er wirtschaftlich über das Geld verfügen kann.
- Gilt die Steuerbefreiung auch für inflationsbezogene Prämien, die bereits vor dem Tag der Verkündung des Gesetzes am 25. Oktober 2022 beschlossen, aber erst nach diesem Tag an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden?
Auf den Zeitpunkt des Beschlusses oder der Vereinbarung der inflationsbezogenen Prämie kommt es nicht an.
Praxishinweis
Die Finanzverwaltung wollte zunächst die steuerfreie IAP auch von dem Beschlusszeitpunkt abhängig machen. Dies hat sie in den endgültigen FAQ aufgegeben.
Die Leistung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, das heißt, die Steuerbefreiung gilt nur für eine „neue“ Leistung des Arbeitgebers. Diese Voraussetzung kann auch erfüllt sein, wenn die Leistung aufgrund einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (zum Beispiel Tarifvertrag) oder einer einseitigen Erklärung des Arbeitgebers (zum Beispiel Gesamtzusage), die zeitlich vor dem 25. Oktober 2022 gefasst wird, erfolgt.
Praxishinweis
Der Begriff der Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn definiert sich nach § 8 Abs. 4 EStG.
Selbstverständlich müssen die weiteren Voraussetzungen des § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz vorliegen. Insbesondere muss die Leistung dem Inflationsausgleich dienen und dem Arbeitnehmer innerhalb des Begünstigungszeitraums (26. Oktober 2022 bis 31. Dezember 2024) zufließen.
- Kann der Arbeitgeber eine Sonderleistung (zum Beispiel Weihnachts- oder Urlaubsgeld), auf die der Arbeitnehmer bereits einen Anspruch hat, in eine steuerfreie IAP „umwidmen“?
Nein. Die Leistung muss zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
Praxishinweis
Die Finanzverwaltung spricht davon, dass ein Anspruch auf eine Sonderleistung nicht in eine steuerfreie IAP umgewandelt werden kann. Sofern eine freiwillige Sonderleistung erbracht wird, ist eine Umwandlung zu Gunsten einer steuerfreien IAP zulässig (siehe unter 1.17).
- Kann ein Arbeitgeber eine Sonderzahlung an einen Arbeitnehmer als steuerfreie IAP leisten, dem er im Gegenzug geleistete Überstunden kürzt, auf die kein Auszahlungsanspruch besteht?
Der Inflationsbezug der Leistung muss erkennbar sein. In den Fällen, in denen im Zeitpunkt der Vereinbarung oder der Zusage kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Vergütung von Überstunden besteht (also lediglich die Möglichkeit des Freizeitausgleichs gegeben ist), ist die Gewährung einer steuerfreien IAP möglich. Auch wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug auf einen Freizeitausgleich von Überstunden verzichtet beziehungsweise Überstunden gekürzt werden, auf die kein Auszahlungsanspruch besteht, ist die Voraussetzung einer Gewährung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ in diesen Fällen erfüllt.
- Der Arbeitgeber leistet regelmäßig eine freiwillige (steuerpflichtige) Sonderzahlung. Im Jahr 2023 gewährt er anstelle der freiwilligen Sonderzahlung eine IAP. Ist diese steuerfrei?
Leistungen des Arbeitgebers, die auf einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer oder auf einer anderen rechtlichen Verpflichtung beruhen, können nicht nachträglich in eine steuerfreie IAP umgewandelt oder umgewidmet werden.
Sofern jedoch keine vertraglichen Vereinbarungen oder andere rechtliche Verpflichtungen des Arbeitgebers zur Gewährung einer Sonderzahlung bestehen, kann er unter Einhaltung der weiteren Voraussetzungen des § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz eine steuerfreie IAP gewähren.
- Wie wirkt sich die IAP, die in Form einer Sachleistung erbracht wird, auf die 50-Euro-Freigrenze des § 8 Absatz 2 Satz 11 Einkommensteuergesetz aus?
Steuerfreie Bezüge – hier nach § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz – sind in die Prüfung der Freigrenze gemäß § 8 Absatz 2 Satz 11 Einkommensteuergesetz nicht einzubeziehen.
Praxishinweis
Steuerfreie Leistungen und nicht steuerbare Zuwendungen (z. B. Aufmerksamkeiten aus einem besonderen persönlichen Anlass) verbrauchen die 50 EUR-Freigrenze des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG nicht.
- Kann eine Sonderzahlung als steuerfreie IAP neben dem steuerfreien Corona-Pflegebonus gewährt werden?
Die Steuerbefreiung des § 3 Nummer 11b Einkommensteuergesetz (Corona-Pflegebonus) gilt für Zahlungen des Arbeitgebers bis zum 31. Dezember 2022, und die Steuerbefreiung des § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz (IAP) gilt für Zahlungen ab dem 26. Oktober 2022, so dass es bis zum Jahresende 2022 zu einer zeitlichen Überschneidung kommt. Unter den weiteren Voraussetzungen der beiden Vorschriften können beide Steuerbefreiungen in diesem Zeitraum nebeneinander in Anspruch genommen werden.
Praxishinweis
Demgegenüber mindert ein ab dem 18. November 2021 gezahlter Corona-Bonus (§ 3 Nr. 11a EStG) den steuerfreien Corona-Pflegebonus (§ 3 Nr. 11b EStG). In den FAQ „Corona“ (Steuern) vom 20. Oktober 2022 wird unter dem Punkt VII Nr. 10 hierzu Folgendes ausgeführt:
Die Steuerbefreiung für den „Corona-Pflegebonus“ geht der Steuerbefreiung für „die Corona-Prämie“ vor. Das bedeutet, dass Leistungen, die der Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis 31. März 2022 an seine in begünstigten Einrichtungen oder Diensten tätige Arbeitnehmer gewährt, nur unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr.11b EStG fallen. Insoweit scheidet eine Addition der beiden Höchstbeträge aus. Für Corona-Prämien nach § 3 Nr.11a EStG, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis 17. November 2021 gewährt wurden, bleibt die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11a EStG hingegen erhalten.
Ja. Eine Pauschalierung nach § 40a Absatz 2 oder Absatz 2a Einkommensteuergesetz ist neben der oder zusätzlich zu der Steuerbefreiung im Sinne des § 3 Nummer 11c Einkommensteuergesetz möglich.
Praxishinweis
Die steuerfreie IAP ist auch sozialversicherungsfrei und beeinflusst daher die 520 EUR-Grenze nicht. Eine steuerfreie IAP ist auch bei Mini-Jobbern zulässig, die im Haushaltsscheckverfahren abgerechnet werden.
Nein. Die steuerfreie IAP unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt, da sie in § 32b Absatz 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz nicht genannt ist.
Praxishinweis
Die steuerfreie IAP ist nicht in der Lohnsteuerbescheinigung betragsmäßig aufzuführen (siehe nachfolgend unter 1.22).
- Ist die steuerfreie IAP vom Arbeitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen oder vom Arbeitnehmer in der Einkommensteuererklärung anzugeben?
Nein. Die steuerfreie IAP ist weder vom Arbeitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen noch vom Arbeitnehmer in der Einkommensteuererklärung anzugeben.
Praxishinweis
Offen ist die Frage, ob eine steuerfreie IAP als Bezug bei den Unterhaltsleistungen zu beurteilen ist. M. E. hat eine Erfassung zu erfolgen, zumal nach R 33a.1 Abs. 3 Satz 4 Nr. 4 EStR auch steuerfreie Leistungen nach § 3 Nr. 11 EStG als Bezug angesehen werden.
Ja. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen (§ 4 Absatz 2 Nummer 4 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung), so dass sie bei der Lohnsteuer-Außenprüfung als solche erkennbar sind und die Rechtsgrundlage für die Zahlung bei Bedarf geprüft werden kann.
Der Zusammenhang der Leistungsgewährung mit der Inflation kann sich aus einzel- oder tarifvertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus ähnlichen Vereinbarungen, aus Erklärungen des Arbeitgebers oder aus einer gesetzlichen Regelung (zum Beispiel Besoldungsgesetz) ergeben.
Ja. In der Sozialversicherung fallen aufgrund der Steuerfreiheit für diese Leistung keine Abgaben an, da es sich nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Sozialversicherungsentgeltverordnung nicht um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch handelt.
Praxishinweis
Durch die SV-Freiheit wird die steuer- und sozialversicherungsfreie IAP auch nicht in die 520 EUR-Prüfgrenze bei geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnissen einbezogen (siehe unter 1.20).
Die Pfändbarkeit der IAP ist im Einkommensteuergesetz nicht geregelt. Daher unterliegt sie den geltenden Regelungen der Zivilprozessordnung über die Pfändbarkeit von Forderungen (insbesondere Arbeitseinkommen).
Praxishinweis
Durch das JStG 2022 wird demgegenüber ausdrücklich geregelt, dass die Energiepreispauschale lt. EStG insgesamt pfändungsfrei bleibt. Für eine Pfändungsfreiheit hat sich der Gesetzgeber bei der IAP – zumindest bislang – nicht entschieden.
[1] BR-Drs. 476/22
[2] BR-Drs. 476/22 (Beschluss) v. 7.10.2022