Grundrentengesetz und lohnsteuerliche Änderungen
Der BFH hat mit Urteilen v. 1.8.2019[1] eine für zahlreiche Steuerbefreiungs- und Pauschalierungsvorschriften bedeutsame „Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ im Falle bestimmter Lohnformwechsel bejaht.
Der BFH verneint, dass bestimmte Steuervergünstigungen für Sachverhalte mit Gehaltsverzicht oder -umwandlung (je nach arbeitsvertraglicher Ausgestaltung) durch die Zusätzlichkeitsvoraussetzung ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei nur, dass der verwendungsfreie Arbeitslohn zugunsten verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen des Arbeitgebers arbeitsrechtlich wirksam herabgesetzt wird (Lohnformwechsel). Ansonsten liege eine begünstigungsschädliche Anrechnung oder Verrechnung vor.[2]
Tarifgebundener verwendungsfreier Arbeitslohn kann somit nicht zugunsten bestimmter anderer steuerbegünstigter verwendungs- oder zweckgebundener Leistungen herabgesetzt oder zugunsten dieser umgewandelt werden, da der tarifliche Arbeitslohn nach Wegfall der steuerbegünstigten Leistungen wiederauflebt.[3]
Die BFH-Entscheidungen weichen grundlegend von der bisherigen Verwaltungsauffassung ab.[4] Dieser „unliebsamen“ BFH-Rechtsprechung soll durch ein Nichtanwendungsgesetz der Boden entzogen werden. Der vorliegende Referentenentwurf eines Grundrentengesetzes (kurz: GruReG) sieht in § 8 Abs. 4 EStG-E eine gesetzliche Definition der Zusatzleistungen vor. § 8 Abs. 4 EStG-E bestimmt Folgendes:
Arbeitgeberleistungen werden danach nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
- der Wert der Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
- der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt oder
- die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer Erhöhung des Arbeitslohns gewährt wird.
Praxishinweis
Die Gesetzesänderung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. D. h. auf die günstigere BFH-Rechtsprechung kann sich der Berater in Abwehrberatungsfällen nur für Lohnzahlungs-Zeiträume davor berufen.
Die Finanzverwaltung wendet allerdings die neue BFH-Rechtsprechung über die entschiedenen Einzelfälle hinaus auch vor der Gesetzesverabschiedung nicht an.[5] Eine Durchsetzung ist allenfalls in einem finanzgerichtlichen Verfahren möglich.
Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung
Der vorliegende Referentenentwurf eines Grundrentengesetzes (kurz: GruReG) sieht eine Erhöhung des Arbeitgeber-Förderbetrags gem. § 100 Abs. 2 EStG vor. Dieser BAV-Förderbetrag soll von bislang 144 EUR auf 288 EUR angehoben werden. Damit werden zusätzliche Arbeitgeberbeiträge von max. 960 EUR (960 EUR x 30 % =
288 EUR) gefördert.
Praxishinweis
Auch diese Gesetzesänderung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten, so dass sich die Erhöhung bereits für 2020 ergeben soll.
[1] BFH-Urt. v. 1.8.2019 – VI R 32/18, BFH/NV 2019, 1401, VI R 21/17, BFH/NV 2019, 1339, VI R 40/17, BFH/NV 2019, 1341
[2] BFH-Urt. v. 1.8.2019 – VI R 32/18, BFH/NV 2019, 1401 Rdnr. 30
[3] Siehe auch BMF-Schr. v. 5.2.2020 – DStR 2020, 292
[4] R 3.33 Abs. 5 S. 2 LStR 2015 und BMF-Schr. v. 22.5.2013 – IV C 5-S 2388/11/10001-02, BStBl I 2013, 728
[5] BMF-Schr. v. 5.2.2020 – DStR 2020, 292