Bei Arbeitnehmern erhöht die Energiepreispauschale (EPP) die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG für den VZ 2022; dies gilt auch, wenn der Stpfl. weitere Einkünfte nach den §§ 13, 15 oder 18 EStG erzielt. Komplizierte Zuordnungen beim Bezug von Einkünften unterschiedlicher Einkunftsarten werden durch die vorrangige Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vermieden.

Der Nettoeffekt aus der EPP hängt im LSt-Abzugsverfahren von der gewählten Steuerklasse ab. Nur in den Fällen des § 40a EStG wird aus Vereinfachungsgründen und zur Vermeidung möglicher Wechselwirkungen auf die 450 EUR-Minijob-Grenze auf eine Besteuerung der EPP verzichtet (§ 119 Abs. 1 Satz 2 EStG). Ob diese Privilegierung verfassungsgemäß ist, bleibt abzuwarten.

Bei anderen anspruchsberechtigten Stpfl., die nicht Arbeitnehmer sind[1], gilt die EPP als Einnahme i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG für den VZ 2022 und erhöht dort diese Einkünfte um 300 EUR. § 11 EStG ist insoweit nicht anzuwenden. Die Steuerpflicht der EPP dürfte selbst dann vorliegen, wenn ansonsten steuerfreie Einkünfte bezogen werden.[2]

Zur Anwendung der Steuerfreiheit der EPP bei nach § 40a EStG pauschalierten Beschäftigungsverhältnissen hat nunmehr die Finanzverwaltung versteckt in den FAQ EPP vom 22.9.2022 eine weitere Auslegungsverschärfung vorgenommen. Unter VIII. Nr. 1 heißt es:

Bei Arbeitnehmern, die ausschließlich pauschal besteuerten Arbeitslohn aus einer kurzfristigen oder geringfügigen Beschäftigung oder einer Aushilfstätigkeit in der Land- und Forstwirtschaft erzielen und im gesamten Jahr 2022 keine weiteren anspruchsberechtigenden Einkünfte haben, gehört die EPP nicht zu den steuerpflichtigen Einnahmen.

Wenn neben dem pauschal besteuerten Arbeitslohn weitere anspruchsberechtigende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit erzielt werden, gehört die EPP zu den sonstigen Einkünften.

 

Praxishinweis

Eine Steuerpflicht der EPP lt. EStG soll auch dann angenommen werden, wenn neben dem pauschal besteuerten Arbeitslohn Einnahmen aus einem aktiven Dienstverhältnis im Laufe des Jahres 2022 erzielt werden.

 

Beispiel

Der ArbN B ist seit dem 1.9.2022 beschäftigt. Der insoweit von B bezogene Arbeitslohn wird nach § 40a Abs. 2 EStG pauschal versteuert (geringfügig entlohnte Beschäftigung). Im Zeitraum vom 1.1.2022 bis zum 31.8.2022 stand B in einem „regulär“ lohnsteuer- und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. B wurde die EPP über den Mini-Job-ArbG im Sept. 2022 ausgezahlt, auch weil B gegenüber dem ArbG schriftlich das Unterhalten des ersten Dienstverhältnisses bestätigte.[1]

 

Lösung

B kann eine EPP beanspruchen, weil er unbeschränkt steuerpflichtig i.S.d. § 1 Abs. 1 EStG ist und im VZ 2022 Einkünfte aus einer aktiven Arbeitnehmertätigkeit (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) erzielte.

Die Auszahlung der EPP erfolgte über den ArbG.[2] Die EPP wurde im LSt-Abzugsverfahren „Lohnabrechnung Sept. 2022“ nicht steuerpflichtig erfasst. Hintergrund hierfür ist eine Regelung in § 119 Abs. 1 Satz 2 EStG, wonach die EPP bei pauschal besteuertem Arbeitslohn nach § 40a EStG nicht steuerpflichtig ist.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung soll diese Steuerfreiheit der EPP jedoch nur dann zu gewähren sein, wenn ausschließlich pauschal besteuerter Arbeitslohn bezogen wird.[3] Da B in 2022 nicht ausschließlich pauschal besteuerten Arbeitslohn erzielt hat, erhöht die vom ArbG im Rahmen des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses ausgezahlte EPP von 300 € im Rahmen der ESt-Veranlagung 2022 den steuerpflichtigen Arbeitslohn aus dem ursprünglichen ausgeübten Hauptarbeitsverhältnis.

 

Praxishinweis

Diese Rechtsauslegung verdeutlicht, dass bei Erstellung der ESt-Erklärung 2022 auch Angaben zu den Einnahmen aus einem pauschal versteuerten Dienstverhältnis erfragt werden müssen.

Entgegen der Verwaltungsauffassung dürfte m. E. für die Steuerfreiheit der EPP nicht Voraussetzung sein, dass „ausschließlich“ pauschal versteuerter Arbeitslohn im VZ 2022 bezogen wird. Das Kriterium der Ausschließlichkeit ergibt sich nicht aus § 119 Abs. 1 Satz 2 EStG. Entscheidungen der FG bleiben abzuwarten.

 

Beispiel

P erzielt als selbständiger Programmierer einen steuerlichen Gewinn 2022 i.H.v. 100.000 €. P unterhält in 2022 daneben ein geringfügig entlohntes Beschäftigungsverhältnis, welches pauschal versteuert abgerechnet wird.[4] Der ArbG zahlte im Sept. 2022 die EPP an P aus.

 

Lösung

Nach Auffassung der FinVerw. ist auch in diesem Fall die EPP steuerpflichtig.[5] Die zunächst steuerfreie EPP wird über die Veranlagung steuerpflichtig. Es liegen sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG vor.[6]

 

[1]           Vgl. § 117 Abs. 1 Satz 3 EStG

[2]           Vgl. § 117 EStG

[3]           FAQ EPP unter VIII. Nr. 1

[4]           § 40a Abs. 2 EStG

[5]           FAQ EPP unter VIII. Nr. 1: zur Begründung wird auf das vorherige Beispiel verwiesen.

[6]           § 119 Abs. 2 EStG

[1]           § 119 Abs. 2 EStG

[2]           So z.B. auch bei ehrenamtlich tätigen Erhebungsbeauftragten im Zusammenhang mit Zensus, deren Aufwandsentschädigungen steuerfrei bleiben (§ 20 Abs. 3 S. 2 ZensG 2022).