[vc_row el_class=“css_individuell_posts“][vc_column css=“.vc_custom_1453901736908{padding-right: 5% !important;padding-left: 5% !important;}“][vc_column_text]Doppelte Haushaltsführung: Mietkosten nach Beendigung einer doppelten Haushaltsführung und Kostenabzug
Das FG Münster hat sich mit Urteil vom 12. Juni 2019[1] zur Frage geäußert, bis wann Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses abzugsfähig sind.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
- Der Kläger war in Berlin berufstätig und erzielte hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
- In Berlin unterhielt der Kläger eine beruflich begründete Zweitwohnung. Der eigene Hausstand lag unstrittig am in Nordrhein-Westfalen unterhaltenen Lebensmittelpunkt.
- Das Beschäftigungsverhältnis in Berlin wurde durch den Arbeitgeber zum 31. August 2015 gekündigt.
- Der Kläger behielt seine Wohnung in Berlin nach Kündigung bei und bewarb sich bis Dezember 2015 bei insgesamt 72 potenziellen neuen Arbeitgebern im gesamten Bundesgebiet und in der Schweiz. Drei dieser potenziellen neuen Arbeitgeber hatten ihren Sitz in Berlin und Umgebung.
- Nachdem der Kläger im Dezember 2015 eine Zusage für eine neue Anstellung in Hessen zum 1. Januar 2016 erhielt, kündigte er die in Berlin belegene Mietwohnung zum nächstmöglichen Zeitpunkt zum 29. Februar 2016.
Nach Auffassung des Finanzamts sollten die Mietkosten lediglich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für den Mietvertrag und damit noch für drei Monate nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses als Kosten wegen einer doppelten Haushaltsführung anerkannt werden. Der Kläger begehrte mit der Einkommensteuer-Veranlagung 2015 einen Werbungskostenabzug auch für die Dezembermiete 2015 in Höhe von ca. 240 €.
Das FG Münster ließ den weiteren Werbungskostenabzug mit folgender Begründung zu:
- Bis Ende November 2015 waren die Mietaufwendungen als Werbungskosten wegen einer beruflich begründeten doppelten Haushaltsführung abziehbar. Zwar endete das Dienstverhältnis Ende August 2015. Da die dreimonatige Kündigungsfrist des Mietverhältnisses Ende November 2015 ablief, konnten die Mietaufwendungen bis zu diesem Monat angesetzt werden.
Praxishinweis
Zwar endet das Dienstverhältnis am 31. August 2015. Die Kündigung hat der Arbeitgeber fristgerecht bereits vorher ausgesprochen. Unter Berücksichtigung des Kündigungszeitpunkts des Dienstverhältnisses hätte im Urteilsfall auch diskutiert werden können, ob die Kündigung des Mietverhältnisses nicht bereits vor Beendigung des Dienstverhältnisses hätte erfolgen müssen, so dass eventuell kein Kostenabzug ab September 2015 mehr möglich gewesen wäre.
- Im Dezember 2015 kam ein Kostenabzug als (vorweggenommene) Werbungskosten[2] in Betracht. Die Aufwendungen stehen laut FG im Zusammenhang mit dem vom Kläger in Berlin angestrebten neuen Dienstverhältnis. Der Kläger hatte sich noch Anfang November 2015 auf zwei Arbeitsstellen in Berlin bzw. Umgebung beworben. Zu diesem Zeitpunkt hatte er noch keine Zusage für eine neue Arbeitsstelle an einem anderen Ort erhalten. Im November 2015 bestand daher eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass er eine neue Stelle in Berlin erhalten würde. In diesem Fall hätte er seine doppelte Haushaltsführung in Berlin fortsetzen und hierfür seine bisherige Wohnung beibehalten können. Selbst wenn der Kläger auf die Bewerbungen noch im November 2015 eine Absage erhalten hätte, hätte er die Wohnung jedenfalls nicht vor Jahresende innerhalb der gesetzlichen Kündigungsfrist aufgeben können. In die Betrachtung ist einzubeziehen, dass eine private Nutzung der Wohnung, z. B. für Besuche in Berlin an Wochenenden, nicht vollständig ausgeschlossen ist. Dies gilt insbesondere für günstige Wohnungen in großen Städten mit hohem Freizeitwert.[3] Im Entscheidungsfall wird diese Möglichkeit der privaten Nutzung jedoch durch den Umstand überlagert, dass der Kläger die Wohnung in Berlin unmittelbar nach Zusage der neuen Arbeitsstelle zum nächstmöglichen Zeitpunkt fristgerecht gekündigt hat. Das FG Münster geht davon aus, dass es ihm nicht um die Beibehaltung einer günstigen Wohnung für die Freizeitnutzung gegangen ist, sondern um die Vermeidung unnötiger Kosten eines Umzugs und der Anmietung einer vermutlich teureren neuen Wohnung in Berlin. Jedenfalls für einen derart kurzen Zeitraum, der im Streitfall lediglich einen Monat umfasst, kann bei dieser Sachlage eine Berücksichtigung als vorweggenommene Werbungskosten erfolgen. Ob dies in gleicher Weise für die Monate Januar und Februar 2016 gilt, brauchte das FG Münster nicht zu entscheiden, da die Klage ausschließlich das Jahr 2015 betraf.
Praxishinweis
Das FG Münster hat die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung Revision einlegen wird.
[1] FG Münster, Urt. v. 12.6.2019 – 7 K 57/18 E, Rev. zugelassen
[2] § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG und BFH-Urt. v. 27.10.2011 – VI R 99/11, BFH/NV 2012, 216
[3] FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 1.6.2017 – 3 K 3278/14, EFG 2017, 1580, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VI R 1/18