Verwendet ein Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten, eingeführten oder innergemeinschaftlich erworbenen Gegenstand oder eine in Anspruch genommene sonstige Leistung sowohl für Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausschließen, hat er die angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Nach dem Unionsrecht ist für die Aufteilung im Grundsatz ein auf die Gesamtheit der von dem Unternehmer bewirkten Umsätze bezogener Umsatzschlüssel anzuwenden (Art. 173 Abs. 1 und 174 MwStSystRL, „Pro-rata-Satz“). Die Mitgliedstaaten können jedoch nach Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL von diesem Grundsatz abweichen. Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber mit § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG in Form des Vorranges von „anderen wirtschaftlichen Zuordnungen“ vor einer Aufteilung nach den Umsätzen Gebrauch gemacht.

 

Die Vorsteueraufteilung muss nach einem sachgerechten Aufteilungsschlüssel erfolgen. Kommen neben dem Umsatzschlüssel (Gesamtumsatzschlüssel, gleichbedeutend mit gesamtumsatzbezogenen oder gesamtunternehmensbezogenen Umsatzschlüssel) andere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist ein anderer Aufteilungsschlüssel anzuwenden, wenn er ein präziseres Ergebnis liefert. Kommen neben dem Gesamtumsatzschlüssel mehrere andere präzisere Aufteilungsschlüssel in Betracht, ist nicht zwingend die präziseste Methode anzuwenden. Die Auswahl der anzuwendenden präziseren Methode obliegt in diesen Fällen dem Unternehmer; das Finanzamt kann sie jedoch daraufhin überprüfen, ob sie sachgerecht ist.

 

Der BFH hat mit Urteil vom 16. November 2016 – V R 1/15 entschieden, dass die von einem Blockheizkraftwerk erzeugten Produkte (Strom und Wärme) trotz gleicher Bemessung in kWh nicht miteinander vergleichbar seien. Daher sei eine Aufteilung der Vorsteuern nach den produzierten Leistungen in kWh nicht sachgerecht. Stattdessen seien sie nach dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Strom- und Wärmemenge (als objektbezogenem Umsatzschlüssel) aufzuteilen.

 

Weiterhin hat der BFH mit Urteil vom 23. Oktober 2019 – XI R 18/17 entschieden, dass eine Schätzung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuer unter Verwendung eines selektiven Personalschlüssels (sog. Philipowski-Methode) nicht als sachgerechte Schätzung anzusehen sei. Denn die Anwendung eines derartigen Personalschlüssels führe nicht zu präziseren Ergebnissen, weil dabei nicht berücksichtigt wird, dass alle Mitarbeiter zur Erwirtschaftung des Geschäftsergebnisses beigetragen haben.

 

Schließlich hat der BFH ebenfalls mit Urteil vom 23. Oktober 2019 – V R 46/17 entschieden, dass nach § 15 Abs. 4 UStG nur gesetzlich geschuldete Vorsteuerbeträge aufteilbar seien. Im Streitfall lag wegen der Ausgangsumsätze der Klägerin hinsichtlich der von ihr bezogenen Vermietungsleistungen möglicherweise bei ihrem Vermieter keine wirksame Option nach § 9 Abs. 2 UStG vor, sodass die ausgewiesene Steuer dann nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet wurde.

 

Das BMF hat diese Rechtsprechung nun in den UStAE eingearbeitet.

 

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird nicht beanstandet, wenn sich ein Steuerpflichtiger für bis zum 31. Dezember 2022 bezogene Leistungen auf die bisherigen Regelungen in Abschnitt 2.5 Abs. 20 UStAE beruft.

 

BMF-Schreiben v. 18.11.2022 – III C 2 – S 7306/19/10002 :002

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