Für den beabsichtigten Erwerb eines Anteils an einer Personengesellschaft, in deren Gesamthandsvermögen sich Photovoltaikanlagen befinden, kann kein Investitionsabzugsbetrag gebildet werden.

BFH-Beschl. v. 7.12.2023 – IV R 11/21, BFH/NV 2024, 283

 

Zuentscheidende Rechtsfrage

Folgende Rechtsfrage hatte der BFH zu entscheiden:

Kann für den beabsichtigten Erwerb eines Anteils an einer PersG, in deren Gesamtvermögen sich Photovoltaikanlagen befinden, ein IAB gebildet werden?

 

Sachverhalt

Eine GbR (Klägerin) betreibt zwei Photovoltaikanlagen auf angemieteten Dachflächen. Die betreffenden Gebäude verfügen jeweils über eine Dacheindeckung aus Trapezblech, auf die die Anlagen mittels einer Unterkonstruktion montiert wurden. An der GbR waren im Streitjahr 2016 zwei Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt.

2017 veräußerte eine Gesellschafterin ihren Anteil an der GbR mit Wirkung zum 1.1.2018 an ihren Ehemann, mit dem sie zusammen zur ESt veranlagt wurde.

Die GbR machte in ihrer Feststellungserklärung 2016 einen IAB von 48.000 EUR beim künftigen Mitunternehmer für die bereits im Gesamthandsvermögen befindlichen WG geltend, die dieser durch den Anteilserwerb anteilig erwerben würde. Hilfsweise beantragten die Eheleute die Berücksichtigung eines IAB von 48.000 EUR mit ihrer ESt-Erklärung 2016.

Sowohl das Finanzamt als auch das FG Münster[1] lehnten eine gewinnmindernde IAB-Bildung sowohl im Feststellungsbescheid als auch im ESt-Bescheid ab.

Im Rahmen der Feststellungserklärung wurde der IAB versagt, da der künftige Gesellschafter im Jahr 2016 noch kein Mitunternehmer war. Es erging ein negativer Feststellungsbescheid gegenüber dem künftigen Gesellschafter.

Ein IAB i.R.d. ESt-Veranlagung schied aus, weil der Erwerb des ideellen Anteils an einem bereits im Gesamthandsvermögen befindlichen WG keine Neuinvestition i.S.d. § 7g Abs. 1 EStG ist.

Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form
Streitjahr 2016
Klägerin Die GbR – bestehend aus zwei Gesellschaftern – betreibt zwei Photovoltaikanlagen.

 

Zum 1.1.2018 veräußerte eine Gesellschafterin ihren Gesellschaftsanteil an ihren Ehemann.

 

In der Feststellungserklärung 2016 Antrag auf IAB i.H.v. 48.000 EUR durch künftigen Gesellschafter.

Hilfsweise Antrag auf IAB in der ESt-Erklärung 2016 beantragt.

Finanzamt Kein IAB im Feststellungsbescheid, da künftiger Gesellschafter im Jahr 2016 noch kein Mitunternehmer war.

 

Kein IAB i.R.d. ESt-Bescheids, weil Erwerb des ideellen Anteils an bereits im Gesamthandsvermögen befindlichen WG keine Neuinvestition i.S.d. § 7g Abs. 1 EStG ist.

FG Münster[2] Ablehnung der Bildung eines IAB in beiden Bescheiden.

 

Entscheidung des BFH

Der BFH schloss sich der Entscheidung der Vorinstanz an und wies die Revision aus nachfolgend dargestellten Gründen als unbegründet zurück.

  • Der im Jahr 2016 Noch-Nicht-Gesellschafter wurde erst mit Wirkung zum 1.1.2018 Gesellschafter. Da er im Streitjahr 2016 noch keine Mitunternehmerstellung innehatte, war er nicht in die Gewinnfeststellung einzubeziehen.
  • Mangels Einbeziehung in die Gewinnfeststellung schied für den künftigen Gesellschafter die Bildung eines IABR.d. Feststellungserklärung aus.
  • Eine IAB-Bildung i.R.d. ESt-Bescheides 2016 schied ebenso aus, da ein Anteil an einer PersG und damit gerade kein nach § 7g Abs. 1 EStG begünstigtes WG erworben wurde.
  • Der Anteil an einer PersG ist kein WG, sondern verkörpert nach § 39 Abs. 2
    2 AO die quotale Berechtigung des Gesellschafters an den zum Gesamthandsvermögen[3]gehörenden WG.

    • Urteilsanmerkungen und Praxisfolgen

Der Beschluss des BFH ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus sowohl aus verfahrensrechtlichen als auch aus materiell-rechtlichen Gründen bedeutsam.

Praxishinweis

Der BFH orientiert sich auch an dem betriebsbezogenen Zweck des
§ 7g EStG
, wonach der Steuereffekt aus einer IAB-Bildung nur demjenigen Betrieb zugutekommen soll, der bislang nicht investiert hat.

 

Verfahrensrecht

Der BFH betont, dass einkommensteuerpflichtige Einkünfte gesondert und einheitlich festgestellt werden, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind.[4]

In die Feststellungserklärung sind alle gegenwärtigen Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG einzubeziehen.

Ein künftiger Mitunternehmer ist hingegen nicht in das Feststellungsverfahren einzubeziehen. Entsprechendes dürfte auch für einen Nicht-Mehr-Gesellschafter gelten.

Praxishinweis

Fallen beim künftigen Mitunternehmer vorweggenommene Betriebsausgaben an, dürften diese verfahrensrechtlich i.R.d. ESt-Veranlagung Berücksichtigung finden. Dies dürfte selbst dann gelten, wenn die Mitunternehmerstellung im Laufe eines Wirtschaftsjahres begründet wird. Es bleibt zu hoffen, dass die FinVerw in solchen Fällen aus Vereinfachungsgründen eine optionale Berücksichtigung i.R.d. Feststellungserklärung zulassen wird (ggf. auch als nachrichtliche Angaben).

 

Vor Anteilserwerb: Vorweggenommene Betriebsaus-
gaben i.R.d. Einkommensteuerveranlagung

Vor Begründung einer Mitunternehmerstellung sind vorweggenommene Betriebsausgaben des künftigen Gesellschafters i.R.d. ESt-Veranlagung anzusetzen.

Von den vorweggenommenen Betriebsausgaben kann auch ein IAB umfasst sein. Die IAB-Bildung scheidet aber für WG aus, die sich bereits im Vermögen der zum Erwerb anstehenden PersG befinden. Dies begründet der BFH mit der betriebsbezogenen Förderung; ist eine Investition durch die PersG bereits erfolgt, kommt dafür keine Bildung eines IAB auf der Ebene des Noch-Nicht-Gesellschafters in Frage.

Praxishinweis

Eine andere Entscheidung des BFH hätte überrascht, weil dann über Anteilserwerbe mehrfach ein IAB für bereits von der PersG angeschaffte oder hergestellte WG möglich gewesen wäre.[5]

Nach zutreffender Auffassung von Strahl[6] ergibt sich aus dem BFH-Beschluss ebenfalls, dass im Hinblick auf den Erwerb eines (Einzel-) Betriebs mit begünstigten WG die Bildung eines IAB i.R.d. vorweggenommenen Betriebsausgaben ausscheide. Anders verhalte es sich in Bezug auf den Erwerb einzelner (gebrauchter) begünstigter Anlagegüter aus einem bestehenden Betriebsvermögen in ein neu zu bildendes Betriebsvermögen. Die Investitionsabsicht im Hinblick auf ein bestehendes Betriebsvermögen werde damit anders behandelt als diejenige zugunsten eines erst noch zu bildenden Betriebsvermögens.

Praxishinweis

Nicht entschieden hat der BFH bislang den Fall, in dem ein IAB für eine Investition beansprucht wird, die die PersG bislang noch nicht getätigt hat. Diese Möglichkeit dürfte bestehen.[7] Allerdings müsste die Investition für eine Wirksamkeit der Übertragung auch im Vermögensbereich „Sonderbetriebsvermögen“ erfolgen.[8]

 

Anteilserwerb: Sonderbetriebsausgaben i.R.d. Feststellungserklärung

Der BFH hat entschieden[9], dass eine begünstigte Investition auch dann vorliegt, wenn bei einer PersG der IAB vom Gesamthandsgewinn und nicht vom Sonderbetriebsgewinn des später investierenden Gesellschafters abgezogen wurde und die geplante Investition innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums von einem ihrer Gesellschafter vorgenommen wurde und in dessen Sonderbetriebsvermögen aktiviert wird. In diesen Fällen ist im Wirtschaftsjahr der Anschaffung der in Anspruch genommene IAB dem Sonderbetriebsgewinn außerbilanziell hinzuzurechnen. Dieser von der FinVerw veröffentlichte Beschluss eröffnete interessante Gestaltungsmöglichkeiten.[10]

Praxishinweis

Der Gesetzgeber hat auf diese ihm offenbar unliebsame Rspr. durch ein Nichtanwendungsgesetz reagiert.[11]Danach ist eine Hinzurechnung von IAB nur in dem Vermögensbereich (Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen) zulässig ist, in dem der Abzug auch erfolgte. Diese Änderung gilt erstmals für IAB und Sonderabschreibungen, die in nach dem 31.12.2020 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.[12]

 

 

[1]          FG Münster, Urt. v. 26.3.2021 – 4 K 1018/19 E, F, EFG 2021, 1191 mit Anm. Gerling

[2]          FG Münster, Urt. v. 26.3.2021 – 4 K 1018/19 E, F, EFG 2021, 1191

[3]          Durch das MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts v. 10.8.2021, BGBl I 2021, 3436) ist das Gesamthandsvermögen durch das Gesellschaftsvermögen ersetzt worden.

[4]          § 179 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a AO

[5]          Schiffers, DStZ 2024, 180 f.

[6]          Strahl, NWB OAAAJ-58075

[7]          So auch Strahl, KÖSDI 2024, 23678

[8]          Vgl. § 7g Abs. 7 S. 2 und 3 EStG und nachfolgende Ausführungen

[9]          BFH-Beschl. v. 15.11.2017 – VI R 44/16, BStBl II 2019, 466

[10]         Vgl. hierzu ausführlich Krohn, AktStR 2018, 249

[11]         § 7g Abs. 7 S. 2 und 3 EStG

[12]         § 52 Abs. 16 S. 2 EStG