Aktuelles zur Anwendung der 10 Tagesregelung

 

Grundsätzliches

Bei der Einnahmeüberschussrechnung sind die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben grundsätzlich nach dem Zu- und Abflussprinzip zu erfassen. Eine Ausnahme gilt bei Anwendung der sog. 10-Tagesregelung; dann erfolgt die Zuordnung nach wirtschaftlicher Zugehörigkeit.[1]

Gesetzeswortlaut § 11 Abs. 1 Satz 1 bis 3 EStG

(1)

1Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

2Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.

3Der Steuerpflichtige kann Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung im Sinne des Absatzes 2 Satz 3 beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.

Die sog. 10-Tagesregelung kommt zur Anwendung, wenn es sich um

  • regelmäßig wiederkehrende Einnahmen bzw. Ausgaben handelt,
  • die kurze Zeit (Zehntageszeitraum[2]) vor oder nach Beendigung des Kj,
  • zu dem sie wirtschaftlich gehören,
  • zu- bzw. abgeflossen sind.

Insbesondere die zeitliche Zuordnung von Steuerzahlungen, die als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben bzw. Einnahmen gelten (z. B. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen, Lohnsteuer-Zahlungen[3]), werden in Bezug auf die zeitliche Zuordnung durch die Finanzverwaltung aufgegriffen. In einzelnen Bundesländern erfolgt eine Abstimmung der Daten der Anlage EÜR mit den Daten des Steuerkontos, so dass bei Abweichungen Rückfragen auftreten.

 

Praxishinweis

Zahlungen und Erstattungen aufgrund der Umsatzsteuerjahreserklärung sind – anders als die Umsatzsteuervorauszahlungen – nicht als regelmäßig wiederkehrend zu werten.[4]

Die OFD NRW[5] hat sich zur Anwendung der 10 Tagefrist geäußert. Danach ist als „kurze Zeit“ i.S.d. § 11 EStG ein Zeitraum bis zu 10 Tagen anzusehen. Innerhalb dieses Zeitraums müssen die regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen bzw. Ausgaben fällig und geleistet worden sein.

 

Praxishinweis

Der 10-Tageszeitraum kann auch in besonderen Einzelfällen nicht erweitert werden.[6]

Allerdings hat der BFH in seiner jüngeren Entscheidung offen gelassen, ob es bei der Anwendung des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG überhaupt auf die Fälligkeit ankommt. Zumindest die FinVerw hält (gegenwärtig) an dem ungeschriebenen Gesetzestatbestand ausdrücklich fest.[7] Die aktuelle Rechtsprechung sieht dies jedoch anders.[8]

Aktuelle Entscheidung des FG Düsseldorf[9]

Das FG Düsseldorf hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

  • Die Kläger werden im Streitjahr 2015 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
  • Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit, wobei der Gewinn durch eine Einnahme-Überschuss-Rechnung[10] ermittelt wurde.
  • Für die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen und die Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen war ihm eine Dauerfristverlängerung um einen Monat[11] gewährt worden.
  • Die am 10.2.2016 fällige Umsatzsteuervorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2015 i.H.v. 6.598,83 EUR zahlte der Kläger am 6.1.2016 und erfasste die Zahlung in der Gewinnermittlung des Streitjahres 2015 als Betriebsausgabe.

Im Einkommensteuerbescheid 2015 vom 28.3.2017 erkannte das Finanzamt die Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2015 nicht als Betriebsausgabe des Streitjahres 2015 an und erhöhte den Gewinn um 6.598 EUR auf 131.529 EUR.

Dem folgte das FG Düsseldorf mit folgender Begründung nicht:

  • Umsatzsteuervorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben.[12]
  • Diese regelmäßig wiederkehrende Ausgabe wurde am 6.1.2016 und damit innerhalb der 10 Tagesfrist gezahlt.[13]
  • Die Zuordnung der Zahlung zum Kalenderjahr 2015 scheitert – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – auch nicht daran, dass ihre Fälligkeit infolge der nach § 46 UStDV gewährten Dauerfristverlängerung erst am 10.2016 und damit außerhalb der „kurzen Zeit“ i.S.v. § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG eintrat.

 

Praxishinweis

Seinem Wortlaut nach stellt § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG allein auf die wirtschaftliche Zuordnung der regelmäßig wiederkehrenden Ausgaben zu einem Kalenderjahr sowie auf den Zeitpunkt ihres Abflusses bei dem Steuerpflichtigen ab. Zu welchem Zeitpunkt die Zahlung fällig (geworden) ist, sei hiernach nicht relevant. Die abschließende Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten. Vergleichbare Sachverhalte sollten offen gehalten werden.[14]

 

 

[1] § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG

[2] Zuletzt bestätigt durch BFH-Urt. v. 11.11.2014 – VIII R 34/12, BStBl II 2015, 285

[3] Auch hierauf ist die sog. 10 Tagesfrist anzuwenden: siehe BayLfSt, Vfg. v. 10.3.2017, S 2226.2.1-5/11 St 32, juris – ersetzt durch Verfügung vom 30.1.2019, S 2226.2.1-5/14 St 32, juris

[4] BayLfSt, Vfg. v. 30.1.2019, S 2226.2.1-5/14 St 32, juris

[5] OFD NRW v. 17.1.2019 – akt. Kurzinfo ESt 9/2014, NWB KAAAH-06393; so auch FinMin SH v. 20.11.2019 – VI 306 S 2226-039, juris

[6] BFH-Beschl. v. 6.11.2002 – X B 30/02, BFH/NV 2003, 169

[7] BayLfSt, Vfg. v. 30.1.2019, S 2226.2.1-5/14 St 32, juris

[8] Siehe nachfolgende Ausführungen

[9] FG Düsseldorf, Urt. v. 9.12.2019 – 3 K 2040/18 E, juris, Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 1/20

[10] § 4 Abs. 3 EStG

[11] § 46 Abs. 1 Satz 1 UStDV

[12] BFH-Urt. v. 1.8.2007 – XI R 48/05, BStBl II 2008, 282

[13] BFH-Urt. v. 11.11.2014 – VIII R 34/12, BStBl II 2015, 285

[14] Rev. eingelegt, Az. des BFH: VIII R 1/20

 

 

Stand: 27.02.2020