Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise

 

Das Bundeskabinett hat am 6. Mai 2020 einen Gesetzentwurf zur Umsetzung steuerlicher Hilfemaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (kurz: Corona-Steuerhilfegesetz) beschlossen. Mit abschließenden Beratungen im Bundesrat ist am 5. Juni 2020 zu rechnen.

Der Gesetzentwurf sieht folgende lohnsteuerrelevante Änderungen vor:

  • Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung werden Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld bis 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III steuerfrei gestellt.
  • Der Umsatzsteuersatz wird für nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Juli 2021 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken von 19 Prozent auf 7 Prozent abgesenkt.

 

Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld

§ 3 Nr. 28 EStG soll um folgende Nr. 28a ergänzt werden:

Steuerfrei sind …

Nr. 28a

Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und Saison-Kurzarbeitergeld, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches Sozialgesetzbuches nicht übersteigen und sie für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Januar 2021 enden, geleistet werden;

Zudem soll in § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g EStG aufgenommen werden, dass dieser steuerfreie Arbeitgeber-Zuschuss zum Kurzarbeitergeld dem Progressionsvorbehalt im Rahmen der Einkommensteuer-Veranlagung unterliegt.

Bestimmt wird außerdem, dass der Arbeitgeber diesen steuerfreien Zuschuss zum Kurzarbeitergeld auf der Lohnsteuerbescheinigung zu vermerken hat.[1] In der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, dass die nach § 3 Nr. 28a EStG-E steuerfreien Zuschüsse vom Arbeitgeber in der „Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2020 unter der Nr. 15 einzutragen“ sind. Die bisherige Lohnsteuerbescheinigung für 2020 enthält einen solchen Hinweis nicht. Dort wird nur auf die Bescheinigungspflicht des (Saison-)Kurzarbeitergeld hingewiesen. Gleichwohl hat die Aufzeichnung zu erfolgen, weil die neue Aufzeichnungspflicht bei Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung für 2020 noch nicht existierte.

 

Blick in die Lohnsteuerbescheinigung 2020[2]

Praxishinweis

Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld stellen nach der bisherigen Rechtslage steuerpflichtiger Arbeitslohn dar. Mit BMF-Schreiben vom 9. April 2020[3] hatte die Finanzverwaltung noch auf deren Steuerpflicht hingewiesen. Dieses gerade erst im BStBl veröffentlichte BMF-Schreiben ist nach der Verabschiedung des o. g. Gesetzes hinsichtlich der Ausführungen zum Kurzarbeitergeld überholt. D. h. aber auch, die bislang existierende Gestaltung, statt eines freiwilligen Zuschusses zum Kurzarbeitergeld eine steuerfreie Corona-Beihilfe von bis zum 1.500 EUR zu leisten, dürfte nur noch insoweit praxisrelevant sein, wenn der 80 %-Aufstockungssatz durch den Arbeitgeberzuschuss überschritten wird. Durch die neue Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 28a EStG-E wird das steuerfreie Volumen der Corona-Beihilfe i.H.v. 1.500 EUR nicht reduziert. Das BMF weist in seinem Schreiben v. 9. April 2020[4] darauf hin, dass andere Steuerbefreiungen neben der Corona-Beihilfe in Anspruch genommen werden können.

Die geplante Gesetzesänderung ist zu begrüßen, auch weil sie einen Gleichklang mit dem Sozialversicherungsrecht herstellt. Zum Hintergrund: Entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr.  8 SvEV werden Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld bis 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 SGB III dann steuerfrei gestellt.

Mit der Steuerbefreiung wird die vielfach in Tarifverträgen vereinbarte, aber auch auf Grund der Corona-Krise freiwillige Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber gefördert.

 

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die neue Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 28a EStG-E ist auf Zuschüsse begrenzt, die für Lohnzahlungszeiträume geleistet werden, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Januar 2021 enden.

Der zeitliche Anwendungsbereich wird der Abrechnungspraxis zusätzlichen Aufwand bereiten. Die vorgesehene Gesetzesänderung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sofern die Verkündung im BGBl im Juni 2020 erfolgt, sind die Löhne für die Monate März, April und Mai 2020 bereits abgerechnet. Wurde in diesen Abrechnungen der Zuschuss zum Kurzarbeitergeld steuerpflichtig erfasst, ist dieser nunmehr im Rahmen von § 3 Nr. 28a EStG nachträglich steuerfrei. Eine Korrektur der Abrechnungen der Vormonate dürfte nach Maßgabe von § 41c EStG möglich sein. § 41c Abs. 1 EStG bestimmt Folgendes:

(1) 1Der Arbeitgeber ist berechtigt, bei der jeweils nächstfolgenden Lohnzahlung bisher erhobene Lohnsteuer zu erstatten oder noch nicht erhobene Lohnsteuer nachträglich einzubehalten,

1.

wenn ihm elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale zum Abruf zur Verfügung gestellt werden oder ihm der Arbeitnehmer eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug mit Eintragungen vorlegt, die auf einen Zeitpunkt vor Abruf der Lohnsteuerabzugsmerkmale oder vor Vorlage der Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug zurückwirken, oder

2.

wenn er erkennt, dass er die Lohnsteuer bisher nicht vorschriftsmäßig einbehalten hat; dies gilt auch bei rückwirkender Gesetzesänderung.

2In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 ist der Arbeitgeber jedoch verpflichtet, wenn ihm dies wirtschaftlich zumutbar ist.

  • 41c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG lässt eine rückwirkende Abrechnungskorrektur zu. Aufgrund der eingesetzten Datenverarbeitungsprogramme dürfte diese Abrechnungskorrektur für den Arbeitgeber auch wirtschaftlich zumutbar sein, so dass eine Verpflichtung zur Korrektur besteht; § 41c Abs. 1 Satz 2 EStG im Umkehrschluss. Dies dürfte ausnahmsweise nur dann nicht gelten, wenn der Mitarbeiter bereits aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist und daher im möglichen Korrekturmonat Juni 2020 keine Abrechnung mehr vorgenommen wird.

 

Ermäßigter Umsatzsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungs-dienstleistungen

  • 12 Abs. 2 soll um folgende Nr. 15 ergänzt werden:

Dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen

Nr. 15.

die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Juli 2021 erbrachten Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen, mit Ausnahme der Abgabe von Getränken.

Der Umsatzsteuersatz wird für nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Juli 2021 erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken von 19 Prozent auf 7 Prozent abgesenkt.

Praxishinweis

Diese geplante Gesetzesänderung gilt es im Hinblick auf die Verbuchung von Verpflegungs- und Bewirtungskosten – insbesondere von Auswärtstätigkeiten – im Blick zu halten.

Es bleibt abzuwarten, wie die gesetzliche Regelung in Bezug auf Hotelübernachtungen mit Frühstück umzusetzen ist. Denn Bestandteil des Frühstücks sind auch Getränke, wobei sich dann die Frage stellt, ob für die Getränke der erhöhte Umsatzsteuersatz zur Anwendung kommt und wenn ja, wie die Bemessungsgrundlage zu ermitteln ist. Wir werden über den Fortgang berichten.

Nach Art. 98 Abs. 2 der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in Verbindung mit Nr. 12a des Anhangs III dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten auf Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen einen ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden; die Abgabe von alkoholischen und/oder alkoholfreien Getränken kann aus der Ermäßigung ausgenommen werden.

Mit der geplanten Änderung wird diese unionsrechtliche Option in nationales Recht – zumindest für eine bestimmte Zeit – umgesetzt. Die geplante Änderung erfolgt zur Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Gastronomiebranche und ist daher zeitlich begrenzt.

 

Praxishinweis

Hiervon profitieren auch andere Bereiche wie Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum normalen Umsatzsteuersatz erbracht haben.

Im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen sind gastronomische Betriebe auf Grund der strengen Hygiene- und Abstandsvorschriften besonders schwer und langanhaltend von der COVID-19-Pandemie betroffen. Allerdings dürfte sich die Situation auch in diesem Bereich bis Mitte des Jahres 2021 wieder normalisieren, so dass eine Befristung der Maßnahme angezeigt ist. Der Gesetzgeber erwartet durch die Absenkung des Umsatzsteuersatzes eine Stimulierung der Nachfrage und eine Belebung der Konjunktur. Er wird beobachten, wie sich die Änderung auf die Umsätze und Abgabepreise auswirken wird.

 

 

[1] § 41b Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG-E

[2] BMF-Schr. v. 9.9.2019 – BStBl I 2019, 911

[3] BMF-Schr. v. 9.4.2020 – BStBl I 2020, 503

[4] BMF-Schr. v. 9.4.2020 – BStBl I 2020, 503

 

 

 

Stand: 12.05.2020