Grundsätzliches
Die Steuerermäßigung ist nach § 35c Abs. 1 Satz 1 EStG im Kalenderjahr des Abschlusses der Maßnahme und in den beiden Folgejahren zu berücksichtigen. § 35c EStG bestimmt ergänzend für den Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen Folgendes:
Auszug – § 35c Abs. 1 EStG
- 1Für energetische Maßnahmen an einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum belegenen zu eigenen Wohnzwecken genutzten eigenen Gebäude (begünstigtes Objekt) ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr um je 7 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um je 14 000 Euro und im übernächsten Kalenderjahr um 6 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 12 000 Euro für das begünstigte Objekt.
Auszug – § 35c Abs. 4 EStG
- Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuermäßigung für energetische Maßnahmen ist, dass
- der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat, die die förderungsfähigen energetischen Maßnahmen, die Arbeitsleistung des Fachunternehmens und die Adresse des begünstigten Objekts ausweisen, und die in deutscher Sprache ausgefertigt ist und
- die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.
Problemstellung
Der Entscheidungsfall verhielt sich wie folgt:
-
- Im Jahr 2021 wurde eine nach § 35c EStG begünstigte Heizungsanlage eingebaut.
- Zur Begleichung des Rechnungsbetrags wurde eine monatliche Ratenzahlung mit dem ausführenden Betrieb für die Jahre 2021 bis 2024 vereinbart.
- Abweichend von der Auffassung der FinVerw. wurde in dem Klage- Revisionsverfahren die Auffassung vertreten, dass mit Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung in 2021 eine vollständige Bezahlung vorliege.
Offene Frage
Liegt ein Abschluss der energetischen Maßnahmen im Sinne des
§ 35c EStG bereits mit der ausgeführten Erneuerung der Heizungsanlage (hier 2021) oder erst mit der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrags (hier wohl 2024) vor?
Entscheidung des FG München
Das FG München[1] bestätigte mit seinem Urteil die Auffassung des Finanzamts, dass von einem Abschluss der energetischen Maßnahme erst mit vollständiger Bezahlung an den Leistungserbringer ausgegangen werden könne. Insbesondere liege in der Vereinbarung der Ratenzahlungsvereinbarung keine Zahlung des restlichen Werklohns in Form einer Novation vor. Im Urteilsfall könnten die Kläger die Steuerermäßigung nach § 35c EStG folglich erst im Kalenderjahr 2024 erstmalig in Anspruch nehmen.
NEU: Nachfolgende Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich mit Urt. v. 13.8.2024[2] zur Steuerermäßigung nach § 35c EStG im Zusammenhang mit Ratenzahlungen wie folgt geäußert:[3]
- Zu Recht hat das FG München entschieden, dass die Steuerermäßigung nach § 35c EStG nicht in Anspruch genommen werden kann, bevor der Steuerpflichtige eine Rechnung über die förderfähige energetische Maßnahme erhalten und den ausgewiesenen Betrag vollständig auf das Konto des Leistungserbringers gezahlt hat.
- Der Begriff „Abschluss“ der energetischen Maßnahme ist nicht der Zeitpunkt der „Herstellung“ oder der „Fertigstellung“ (Rz 20).
- Der Zeitpunkt des Abschlusses einer Ratenvereinbarung wird nicht mit einer vollständigen Zahlung gleichgestellt (Rz. 28). Denn die Steuerermäßigung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Rechnungsbetrag auf einem Konto des Leistenden bei einem Kreditinstitut vollständig gutgeschrieben wird (Rz. 29).[4] Teilzahlungen werden nicht berücksichtigt.
Praxishinweis
Anders verhält es sich bei Abschluss eines Darlehensvertrags: In diesem Fall wird der Rechnungsbetrag auf das Konto des Leistungserbringers (vollständig) überwiesen, so dass eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG im Zahlungszeitpunkt in Frage kommt. Dies gilt auch, wenn die Überweisung im Wege des abgekürzten Zahlungswegs direkt durch die Bank an den Leistenden erfolgt (Rz. 30).
Abschließende Hinweise
Für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35c EStG bedarf es auch der vollständigen Zahlung; bei einer Ratenzahlung kann erst im Jahr der vollständigen Zahlungserbringung – also mit letzter Ratenzahlung – die Steuerermäßigung nach § 35c EStG beansprucht werden.
Praxishinweis
Aus der BFH-Entscheidung folgt auch, dass geleisteten Teilzahlungen vor dem Jahr der vollständigen Zahlung noch nicht zu berücksichtigen sind.
Von Teilzahlungsvereinbarungen sind Darlehensverträge abzugrenzen, bei denen dem Leistungsempfänger der Rechnungsbetrag vollständig gutgeschrieben wird. In diesen Fällen ist im Jahr der vollständigen Gutschrift auf dem Konto des Leistungsempfängers § 35c EStG anzuwenden; der Darlehenstilgungszeitpunkt ist unerheblich. Ob das Darlehen bei einer Bank oder einer nahestehenden Person aufgenommen wurde, dürfte unerheblich sein.
Praxishinweis
Im Entscheidungsfall hat der Kläger hilfsweise § 35a Abs. 3 EStG (Steuerermäßigung bei Handwerkerleistungen) in Bezug auf die in den Ratenzahlungen enthaltenen Arbeitslohnteilen beantragt. Dieser Antrag kann bis zur Bestandskraft des entsprechenden Einkommensteuerbescheides gestellt werden, worauf der BFH ausdrücklich hinweist (Rz. 36 m.w.N.).
Bei Ratenzahlungen und Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG weist der BFH jedoch darauf hin, dass der Arbeitslohn nicht anfangs in voller Höhe, sondern nur quotal geltend gemacht werden könne (Rz. 39). Der BFH hat diese Frage an das FG München zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
[1] FG München, Urt. v. 8.12.2023 – 8 K 1534/23, EFG 2024, 653
[2] BFH, Urt. v. 13.8.2024 – IX R 31/23, juris
[3] Rz. ohne Nennung einer Fundstelle beziehen sich auf das BFH-Urt. v. 13.8.2024 – IX R 31/23, juris
[4] Vgl. auch § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG