Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, ist damit zu rechnen, dass der steuerliche Berater der insolventen Gesellschaft eine Anfrage des Insolvenzverwalters erhält, ob der steuerliche Berater den Mandanten auf die Überschuldungssituation hingewiesen habe.
Mit dem am 01.01.2021 in Kraftgetretene Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) wurden erstmals in § 102 StaRUG Hinweis- und Warnpflichten für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte gesetzlich geregelt.
Nach § 102 StaRUG haben die genannten Personen bei Erstellung eines Jahresabschlusses für einen Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes nach den §§ 17 bis 19 der Insolvenzordnung und auf die sich daran anknüpfenden Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder der Überwachungsorgane hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass den Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist. Vor dem 01.01.2021 ergaben sich solche Hinweis- und Warnpflichten nur aus der Rechtsprechung.
Bei einer schuldhaften Verletzung dieser Hinweis- und Warnpflichten kommt eine Haftung für die aus der verspäteten Insolvenzantragstellung resultierenden Insolvenzverschleppungsschäden in Betracht, die durch den Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren geprüft und geltend gemacht werden.
Für die Praxis: Werden Anhaltspunkten für das Vorliegen eines Insolvenzgrundes festgestellt, muss der Mandanten hierauf und auf seine Insolvenzantragspflicht hingewiesen werden. Um für mögliche Anfragen des Insolvenzverwalters gewappnet zu sein, sollte der Hinweis auf die Insolvenzantragspflicht nachweisbar dokumentiert werden.