Grundsätzliches

Durch das ZollkodexAnpG[1] ergibt sich seit 2015 eine Rechtsänderung bei der lohnsteuerlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen.

Aufgrund einer gesetzlichen Kodifizierung gehören kraft Gesetzes zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch[2] Einnahmen nach
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG.

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG

1Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung).

2Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.

3Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.

4Satz 3 gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.

5Die Zuwendungen im Sinne des Satzes 1 sind abweichend von § 8 Absatz 2 mit den anteilig auf den Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen entfallenden Aufwendungen des Arbeitgebers im Sinne des Satzes 2 anzusetzen.“

Die Finanzverwaltung hat zu der gesetzlichen Regelung mit Schr. v.
14. Oktober 2015 ausführlich Stellung bezogen.[3]

Praxishinweis

Durch das Wachstumschancengesetz hat der Gesetzgeber keine Erhöhung des lohnsteuerlichen Freibetrags von 110 EUR auf 150 EUR verabschiedet. Es bleibt abzuwarten, ob in künftigen Gesetzgebungsverfahren eine Erhöhung vorgenommen werden wird.

 

Vorstand-/ Abteilungsleiterveranstaltung als Betriebsveranstaltung

Die Lohnsteuer auf geldwerte Vorteile, die aus Anlass einer Betriebsveranstaltung, die nur Führungskräften offensteht, kann nach Auffassung des BFH[4] gem. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG pauschal mit
25 % versteuert werden.

Der Begriff der Betriebsveranstaltung in § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nach Auffassung des BFH entsprechend der Legaldefinition des
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG auszulegen.

Zum Hintergrund

Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen
Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung) führen zu
Arbeitslohn.[5]

Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.[6]

Praxishinweis

Der Freibetrag von 110 EUR wird demnach nur gewährt, wenn die Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht.

Offen war die Frage, ob eine „Betriebsveranstaltung“ auch bei einem geschlossenen Teilnehmerkreis vorliegt (z. B. Vorstands- und Führungskräfte-Weihnachtsfeiern), selbst wenn dann kein Freibetrag in Höhe von 110 EUR gewährt werden kann.

Bedeutsam war die Beantwortung dieser Frage, weil bei Vorliegen einer Betriebsveranstaltung eine Lohnsteuerpauschalierung mit 25 % möglich wäre.[7]

Der BFH hat bei geschlossenen Veranstaltungen für Zwecke der Lohnsteuerpauschalierung von geldwerten Vorteilen aus einer Betriebsveranstaltung nicht verlangt, dass die Teilnahme allen Angehörigen des Betriebs oder Betriebsteils offenstehen muss. Auch ohne ein Offenstehen für alle Mitarbeiter des Betriebs oder des Betriebsteils liege begrifflich eine Betriebsveranstaltung vor, die eine Lohnsteuerpauschalierung mit 25 % rechtfertige.[8]

Praxishinweis

Gegenwärtig bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese Rechtsprechung reagieren wird.

 

Betriebsveranstaltungen und Blick in das Sozialversicherungsrecht

Aufwendungen von mehr als 110 EUR je Beschäftigten für eine betriebliche Jubiläumsfeier sind als geldwerter Vorteil in der Sozialversicherung beitragspflichtig, wenn die geldwerten Vorteile nicht mit der Entgeltabrechnung, sondern erst erheblich später pauschal versteuert werden.

Das hat das BSG am 23. April 2024[9] entschieden und die gegenteiligen Entscheidungen der Vorinstanzen[10] aufgehoben.

  • Im entschiedenen Fall feierte das klagende Unternehmen mit seinen Beschäftigten am 5. September 2015 ein Firmenjubiläum.
  • Am 31. März 2016 zahlte es für September 2015 auf einen Betrag von rund 163.000 EUR die für 162 Arbeitnehmer angemeldete Pauschalsteuer.
  • Nach einer Betriebsprüfung forderte der beklagte Rentenversicherungsträger von dem Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von rund 60.000 EUR nach.
  • Dies befand das BSG als rechtmäßig:

Der Beitragsbemessung in der Sozialversicherung unterliegt unter anderem das Arbeitsentgelt. Dazu gehören auch die Aufwendungen, die der Klägerin für Güter und Dienstleistungen aufgrund der Betriebsfeier zum Firmenjubiläum für ihre Beschäftigten entstanden sind und 110 EUR pro Beschäftigten überschreiten.[11]

Die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Beitragsfreiheit sind nicht erfüllt. Dafür hätte die Klägerin zeitgleich mit den Entgeltabrechnungen diese Aufwendungen zumindest zur pauschalen Besteuerung[12] anmelden und dadurch den Übergang der Steuerschuld auf sich auslösen müssen.

Praxishinweis

Nach der zum 22. April 2015 geänderten SvEV[13] reicht die bloße Möglichkeit der pauschalen Besteuerung nicht mehr für eine Sozialversicherungsfreiheit aus.[14] Das Arbeitsentgelt muss vielmehr mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum pauschal besteuert werden.[15] D. h. die Pauschalierung muss tatsächlich und mit der Entgeltabrechnung durchgeführt werden. Eine Pauschalbesteuerung erst am 31. März 2016 – und damit sogar nach dem Zeitpunkt, zu dem die Lohnsteuerbescheinigung für das Vorjahr übermittelt werden muss – reicht dafür jedenfalls nicht. Dass im Steuerrecht bei der Pauschalbesteuerung anders verfahren werden kann, ändere, so das BSG, an der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung nichts.

 

 

[1] BGBl I 2014, 2417 = BStBl I 2015, 58

[2] § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG

[3] BMF-Schr. v. 14.10.2015, BStBl I 2015, 832

[4] BFH, Urt. v. 27.3.2024 – VI R 5/22, juris

[5] § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG

[6] § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG

[7] § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG

[8] § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG

[9] BSG-Urt. v. 23.4.2024 – B 12 BA 3/22 R

[10] Zuletzt LSG Nds-Bremen, Urt. v. 24.3.2022 – L 12 BA 3/20, DStR 2022, 1444

[11] vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3 EStG

[12] Vgl. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG (und vorherige Ausführungen)

[13] Fünftes Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze v. 15.4.2015, BGBl I 2015, 583

[14] § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV

[15] Siehe weitergehend Besprechung des GKV-Spitzenverbandes der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über den gemeinsamen Beitragseinzug v. 20.4.2016