Grundsätzliches

Als Einnahme bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ist der Arbeitslohn zu erfassen. Der inländische Arbeitgeber bzw. der ausländische Verleiher[1] hat den Lohnsteuerabzug vorzunehmen.

Unter Arbeitslohn sind alle Einnahmen zu verstehen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen[2] und die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft darstellen.

Kein Arbeitslohn sind Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse, die eben nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft anzusehen sind. Ein Lohnsteuerabzug ist folglich nicht vorzunehmen. Hierzu zählen z. B. Aufmerksamkeiten aus einem besonderen persönlichen Anlass[3] oder bestimmte berufliche Fort- und Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers[4]. Die Beurteilung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Dem Lohnsteuerabzug sind ferner steuerfreie Arbeitgeberleistungen nicht zu unterwerfen. Die Befreiungsnormen ergeben sich oftmals aus § 3 EStG, sind aber auch an anderen Stellen des EStG, wie z. B. in § 8 Abs. 3 EStG (Rabattfreibetrag) oder § 8 Abs. 2 Satz 12 EStG (arbeitgeberseitige Überlassung einer Wohnung), zu finden.

 

Gesundheitsförderungsleistung des Arbeitgebers

Arbeitgeber gewähren den Mitarbeitern zur Bindung an das Unternehmen oder zur Mitarbeitergewinnung oftmals auch solche Benefits, die die Gesundheit des Mitarbeiters fördern.

Solche Arbeitgeberleistungen können

  • Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse,
  • steuerfreier Arbeitslohn nach § 3 Nr. 34 EStG oder
  • steuerpflichtiger Arbeitslohn

sein.

Nach Maßgabe von § 3 Nr. 34 EStG in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung blieben solche zusätzliche Arbeitgeberleistungen zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands und der betrieblichen Gesundheitsförderung bis 500 EUR im Kalenderjahr steuerfrei, die bestimmte im SV-Recht definierte Anforderungen zu erfüllen hatten. Ab 2019 hat der Gesetzgeber diese Vorschrift an die zuvor eingetretenen Änderungen im SGB V angepasst und ein Zertifizierungserfordernis mit aufgenommen. Unter die Steuerfreiheit fallen nunmehr zertifizierte Präventionskurse und betriebliche Gesundheitsförderungen, die den Zertifizierungskriterien entsprechen (weitergehend: BMF-Schr. v. 20.4.2021 – BStBl I 2021, 700). Zudem hat der Gesetzgeber die Steuerfreiheit ab 2019 auf 600 EUR erhöht.

 

Vom BFH zu klärende Frage

Der BFH[5] musste zur bis 2018 geltenden Rechtslage nunmehr die Frage beurteilen, ob auch mit Präventionsleistungen im Zusammenhang stehende unentgeltliche oder vergünstigte Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen des Arbeitgebers nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei sind.

 

 Sachverhalt: Teilnahme an einem Gesundheitstag

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt verhielt sich folgendermaßen:

  • Die Arbeitgeberin (Klägerin) ermöglichte ihren Arbeitnehmern in den Kalenderjahren 2011 bis 2014 (Streitzeitraum) die Teilnahme an sog. Gesundheitstagen.
  • Die Veranstaltungen erstreckten sich über ein Wochenende.
  • Die Unterbringung der Teilnehmer erfolgte während der Gesundheitstage in einem Ferienzentrum in einem Hotel.
  • Das Veranstaltungsangebot bestand z. B. aus der Einführung in Nordic Walking, Rückenschule, progressiver Muskelentspannung und/oder aus Ernährungskursen.

Der von der Klägerin für die Seminarteilnahme nebst Unterkunft und Verpflegung kalkulierte Preis betrug je Teilnehmer 285 EUR (2011 und 2012) beziehungsweise 280 EUR (2013 und 2014). Die teilnehmenden Arbeitnehmer hatten lediglich einen Eigenanteil in Höhe von 99 EUR zu zahlen. Die darüberhinausgehenden Kosten trug die Klägerin. Die Krankenkassen ordneten den von den Arbeitnehmern gezahlten Eigenanteil als Aufwendungen i.S.d. § 20 SGB V ein und erstatteten (auf Antrag) Beträge zwischen 75 EUR und 99 EUR.

Die Klägerin behandelte die Vorteile aus der vergünstigten Teilnahme an den Gesundheitstagen insgesamt als steuerfreien Arbeitslohn gemäß § 3 Nr. 34 EStG.

Dem folgte das Finanzamt nicht. Die von der Klägerin übernommenen Neben- oder Zusatzleistungen, wie die Kosten der Verpflegung und Unterkunft, seien nicht von § 3 Nr. 34 EStG umfasst. Für die auf diese geldwerten Vorteile entfallende nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer nahm das Finanzamt die Klägerin durch Nachforderungsbescheid[6]in Anspruch.

 

Thüringer FG: Nebenkosten sind auch nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei

Die Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des Thüringer FG[7] gehörten die Nebenleistungen untrennbar zur Gesundheitsförderungsmaßnahme dazu und seien somit auch nach § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei. Die Nebenkosten teilten das Schicksal der Hauptmaßnahme. Auch sei dem EStG in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung keine Einschränkung auf die sozialversicherungsrechtlichen Leistungen nach dem Leitfaden Prävention zu entnehmen.

 

BFH: Ablehnung der Steuerfreiheit für Nebenleistungen

Der BFH[8] hob die Vorentscheidung auf und wies die Sache an das FG zurück. Der BFH entschied, dass die geldwerten Vorteile aus der unentgeltlichen oder vergünstigten Gewährung von Unterkunfts- und Verpflegungsleistungen nicht gem. § 3 Nr. 34 EStG steuerfrei seien.

Zunächst betont der BFH, dass die mit der Teilnahme an den Gesundheitstagen übernommenen Nebenleistungen (Unterkunft, Verpflegung) keine Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse seien.

Auch seien die hier zur Diskussion stehenden Nebenleistungen nicht nach § 3 Nr. 34 EStG a. F. steuerfrei. Die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen zählten hierzu nicht, da sie weder den allgemeinen Gesundheitszustand der Mitarbeiter verbesserten noch die Gesundheit förderten.[9]

Die werde nach Auffassung des BFH zudem dadurch bestätigt, dass die übrigen Kosten in § 23 Abs. 2 Satz 2 SGBV genannt würden, auf die
§ 3 Nr. 34 EStG a. F. keinen Bezug nehme.[10]

Auch sei der Gesundheitstag keine einheitliche Maßnahme. Vielmehr habe die Prüfung der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 34 EStG a. F. für den jeweils gewährten Vorteil zu erfolgen.

 

Praxisfolgen

Die BFH-Entscheidung ist zwar zur bis zum 31.12.2018 geltenden Rechtslage ergangen. Sie hat in der ab 2019 geltenden Rechtslage aber gleichermaßen Bedeutung. Vom Arbeitgeber mit Präventionsleistungen im Zusammenhang stehende Neben- oder Zusatzleistungen sind danach grundsätzlich steuerpflichtig.[11]

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass durch die i.d.R. steuerpflichtigen Nebenleistungen zur Gesundheitsförderung kein Verbrauch des 600 EUR-Freibetrags (bis 2018: 500 EUR) eintritt. Dieser Freibetrag ist im Übrigen je Arbeitnehmer und je Dienstverhältnis zu beurteilen, wobei sich der Arbeitnehmerbegriff am Steuerrecht orientiert. D. h. auch pauschalierte geringfügig entlohnte Beschäftigte wie auch sozialversicherungsfreie Gesellschafter/Geschäftsführer können hiervon profitieren.

 

Praxishinweis

Da Gesundheitsförderungsleistungen zum Praxisalltag zählen, dürfte sich bei Gesellschaftern/Geschäftsführern die Frage nach einer vGA nicht stellen. Rechtsprechung hierzu bleibt aber gegenwärtig abzuwarten.

 

 

[1] vgl. § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG

[2] § 2 Abs. 1 LStDV

[3] Vgl. R 19.6 Abs. 1 LStR

[4] Vgl. R 19.7 LStR

[5] BFH-Urt. v. 23.11.2023 – VI R 24/21, DStR 2024, 431

[6] § 40 Abs. 1 EStG

[7] Urt. v. 14.10.2021 – 1 K 655/17

[8] BFH-Urt. v. 23.11.2023 – VI R 24/21, DStR 2024, 431

[9] Rz. 16 des BFH-Urt. v. 23.11.2023 – VI R 24/21, DStR 2024, 431

[10] Rz. 17 des BFH-Urt. v. 23.11.2023 – VI R 24/21, DStR 2024, 431

[11] siehe auch BMF-Schr. v. 20.4.2021 – BStBl I 2021, 700 Rz. 34