Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks. Das hat der BFH mit Urteil v. 26.9.2023 – IX R 13/22 entschieden. Damit hat der BFH nicht nur seine bisherige Rechtsprechung (vgl. BFH, Urteil v. 20.4.2004 – IX R 5/02) geändert, sondern auch gegen die Verwaltungsauffassung in Rz. 43 des BMF-Schreibens v. 14.3.2006 – IV B 2 – S 2242 – 7/06 entschieden.

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten über das Vorliegen von Einkünften nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG in der im Streitjahr 2018 gültigen Fassung (EStG) wegen der Veräußerung von zur Erbmasse gehörendem Grundbesitz nach dem Erwerb aller übrigen Miterbenanteile durch einen Erben.

Entscheidung des BFH:

Nachdem das FG die eingelegte Sprungklage als unbegründet zurückgewiesen hatte, hat der BFH der Revision des Klägers stattgegeben.

Nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 23 EStG sollen innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertänderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden. Daraus ergibt sich das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und innerhalb der Haltefristen veräußertem Wirtschaftsgut, wobei Nämlichkeit Identität im wirtschaftlichen Sinn bedeutet. Wirtschaftliche Teilidentität ist grundsätzlich ausreichend, begründet ein privates Veräußerungsgeschäft aber nur für diesen Teil des betreffenden Wirtschaftsguts.

Ob und in welchem Umfang Nämlichkeit gegeben ist oder ein anderes Wirtschaftsgut (“aliud”) vorliegt, richtet sich nach einem wertenden Vergleich von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls. Maßgebliche Kriterien sind die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut (BFH, Urteil v. 8.11.2017 – IX R 25/15 und BFH, Urteil v. 12.6.2013 – IX R 31/12).

Die Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts i. S. von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG liegen nicht vor. Es besteht keine Nämlichkeit zwischen dem angeschafften und dem veräußerten Wirtschaftsgut. Aufgrund notarieller Urkunde (2017) erwarb der Kläger die Erbanteile der beiden Kinder der Erblasserin, mithin die quotenmäßig bestimmte Teilhaberschaft an der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft. Mit notarieller Urkunde (2018) veräußerte er hingegen das aus dem Nachlass stammende Grundstück.

 

BFH-Urt. v. 26.9.2023 – IX R 13/22

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